Hafenmord - ein Rügen-Krimi
nichts Ungewöhnliches«, entgegnete Romy. »Aber trotzdem ein interessanter Hinweis. Die Mister-Makellos-Nummer bringt uns irgendwie nicht weiter und wird, wenn du mich fragst, außerdem allmählich langweilig. Gibt es schon eine Telefonnummer von der Gattin Nummer eins?«
»Klar.« Fine schob ihr den Zettel über den Tisch zu undstand auf, als das Telefon klingelte. »Ich kümmere mich dann erst mal um den Exgeschäftspartner Jürgen Dreyer.«
»Okay.« Romy goss sich frischen Kaffee ein und ging zurück in ihr Büro.
Gattin Nummer eins hieß Ricarda und war nur vier Jahre mit Richardt verheiratet gewesen: von 1997 bis 2001. Inzwischen hieß sie mit Nachnamen Meinold, war also aller Wahrscheinlichkeit nach zum zweiten Mal verheiratet und lebte in Berlin. Fine hatte zwei Telefonnummern notiert, und Romy erreichte Ricarda Meinold unter dem Geschäftsanschluss einer Cateringfirma. Die Stimme klang herzlich.
»Guten Tag, Frau Meinold, mein Name ist Ramona Beccare«, stellte Romy sich vor. »Ich bin Kriminalkommissarin auf Rügen und rufe aus Bergen an. Hätten Sie ein paar Minuten Zeit für mich? Es ist sehr wichtig.«
Ricarda Meinold benötigte einige Sekunden, um ihre Überraschung zu verarbeiten. »Sie sind von der Kripo? Und das ist wirklich kein Scherz?«
»Nein, ganz und gar nicht. Sie können sich gerne vergewissern und mich im Kommissariat zurückrufen.«
»Nein, nein, schon gut … Aber Ihr Name klingt so gar nicht nach Rügen, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Mein Vater stammt aus Italien«, sagte Romy ihren üblichen Spruch auf. Zum Heiraten bin ich nicht mehr gekommen. Mein Mann starb vorher.
»Eine Italienerin auf Rügen …« Ricarda Meinold lachte leise. »Mal was anderes. Ja, ich habe ein paar Minuten Zeit für Sie. Worum geht es denn?«
»Um Kai Richardt.«
Diesmal dauerte das Schweigen noch länger.
»Sie waren ein paar Jahre mit ihm verheiratet«, fügte Romy schließlich hinzu.
»Ja. Was ist mit ihm? Er hat doch hoffentlich nichts angestellt?«
»Nein, ganz im Gegenteil – ihm ist etwas passiert.«
Erneutes Schweigen.
»Es liegt ein schweres Gewaltverbrechen vor, Frau Meinold. Kai Richardt wurde getötet.«
Meinold atmete scharf ein. »Wie bitte? Er ist tot?«
»Ja, seit gestern. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er erschlagen worden. Die Ermittlungen sind in vollem Gange, und in diesem Zusammenhang sprechen wir mit so vielen Leuten wie möglich und erhoffen uns Hinweise.«
»Sie haben noch niemanden …?«
»Nein. Und ein Motiv ist bislang auch nicht in Sicht. Ihr Exmann war angesehen und beliebt, sehr erfolgreich im Beruf und ein engagierter Sportler, außerdem verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern. Niemand kann sich vorstellen, welches Drama sich hinter der Tat verbirgt. Es gibt nicht mal den Ansatz einer Vermutung.«
»Aber … Sie sagten, er sei erschlagen worden. Ging es um einen Überfall oder hatte es jemand auf Kai …?« Sie brach ab.
»Dem Täter ging es um Ihren Exmann«, betonte Romy. »Das jedenfalls ist ziemlich sicher.«
»Ich verstehe, aber … Unsere Ehe liegt sehr lange zurück, und wir waren nicht lange verheiratet«, wandte Frau Meinold zögernd ein.
»Eben. Darf ich Sie fragen, warum Ihre Partnerschaft nach so kurzer Zeit gescheitert ist?«, fragte Romy geradeheraus. Damit kam man manchmal erstaunlich weit.
»Also, eigentlich …«
»Wir würden die Tat gerne aufklären, Frau Meinold, und jeder Hinweis, mag er im Augenblick auch noch so nebensächlich scheinen, kann zu einer Spur führen. Ich bin zurzeit gezwungen, ein wenig im Trüben zu fischen – wenn ich es mal so salopp ausdrücken darf.«
»Ja, klar, also … Moment bitte.« Es raschelte in der Leitung.»Entschuldigen Sie die Unterbrechung. Ich habe meine Bürotür geschlossen«, erläuterte sie kurz darauf. »Ich verstehe natürlich, dass Sie recherchieren und irgendwo anfangen müssen. Was ich Ihnen sagen kann, ist Folgendes: Kai hatte eine gänzlich andere Vorstellung von unserer Ehe als ich, wie sich bald herausstellte. Ich habe viele seiner Ansichten bezüglich unseres Zusammenlebens nicht geteilt, und das führte notwendigerweise zu Konflikten. Die Trennung war nur folgerichtig.«
Romy ließ die Worte einen Moment nachklingen. Allgemeiner konnte man das Scheitern dieser Beziehung wohl kaum ausdrücken, stellte sie im Stillen fest. »Könnten Sie vielleicht etwas konkreter werden, Frau Meinold?«
»Nun, er war altmodisch. Er wollte das Sagen haben, egal, worum es ging.
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