Hafenmord - ein Rügen-Krimi
allzu viele Ansatzpunkte, die uns weiterführen«, erklärte Romy. »Einer besteht inder festen Annahme, dass Ihr Mann die Entführungen detailliert geplant hat, und das hinterlässt immer irgendeine Spur.«
»Wozu mir jetzt natürlich spontan etwas einfallen soll.«
»Wir bitten Sie nur, darüber nachzudenken, ob Ihnen im Nachhinein etwas zu denken gibt, was Sie seinerzeit nicht großartig hinterfragt haben«, erläuterte die Kommissarin vergleichsweise gelassen. »Vielleicht verhielt er sich in auffälliger Weise anders als sonst, ohne dass Sie eine schlüssige Erklärung dafür fanden – insbesondere als über den Entführungsfall in der Zeitung berichtet wurde ...«
Vera hob die Hände. »Das ist über fünf Jahre her! Und selbst wenn ich mich an so etwas erinnern würde – was nützt das denn jetzt noch?«
Stell dich doch um Gottes willen nicht so dämlich an, stöhnte Romy innerlich auf und befürchtete, dass der unfreundliche Gedanke deutlich lesbare Spuren auf ihrem Gesicht hinterließ.
Kasper räusperte sich. »Um die Fälle endgültig zu klären und die Akten tatsächlich schließen zu können, müssen wir ins Detail gehen, Frau Richardt«, entgegnete er besonnen. »Außerdem glauben wir, dass der Mörder Kenntnis vom Tun Ihres Mannes hatte.«
»Ach?« Sie lehnte sich zurück. »Wie kommen Sie denn darauf?«
»Seine Gewalttaten sind ein sehr starkes Motiv.«
»Aber wenn ich Sie richtig verstehe, vermuten Sie diesen Zusammenhang lediglich«, entgegnete sie kopfschüttelnd. »Es könnte sich doch auch ein brutaler Schläger ausgetobt haben.«
»Unwahrscheinlich.«
»Na ja … was heißt das schon? Sind Sie nicht gerade dabei, einen Zusammenhang zu konstruieren, der kaum überzeugender ist«, wandte Vera Richardt ein.
»Wir basteln uns keine wilden Geschichten zusammen, falls Sie das meinen, sondern versuchen nachzuvollziehen, was geschehen ist«, erwiderte Romy und bemühte sich erst gar nicht, die Heftigkeit in ihrer Stimme zu kaschieren. »Die Polizei geht jedenfalls davon aus, dass der Mörder auf eine Spur gestoßen ist – zufällig oder nicht zufällig –, und diese Spur müssen wir finden.«
Vera zuckte mit den Achseln.
»Bedenken Sie den anonymen Anruf«, ergriff Kasper wieder das Wort. »Das ist ein wichtiger Aspekt. Dem Anrufer war es sehr wichtig, dass wir Ihren Mann finden – dass wir ihn dort finden, am Ort seiner eigenen Verbrechen.«
Vera sah zum Fenster hinaus und wandte den Blick dann kopfschüttelnd wieder zurück. »Rache? Nach so vielen Jahren rächt sich jemand? Warum erst jetzt? Wie passt das denn zusammen?«
»Das ist eine ganz entscheidende Frage«, bemerkte Romy und zog ihr Handy aus der Tasche.
Max hatte drei Fotos geschickt. Zwei zeigten Tim Beier, eines war eine Aufnahme von Steffen Brandt, wie Breder erklärend hinzugefügt hatte. Er war auf der Website von Tim in der Fotogalerie fündig geworden. Steffen Brandt arbeitete in dem Vereinslokal, in dem Tim sich regelmäßig mit seinen Lauffreunden traf, und war bei der letzten Weihnachtsfeier mit abgelichtet worden.
Romy reichte der Witwe ihr Handy. »Sehen Sie sich bitte mal die Fotos an. Sagen Ihnen diese Gesichter vielleicht etwas?«
Vera Richardt betrachtete die Aufnahmen von Tim Beier nur kurz und nickte sofort. »Ja, den kenne ich. Mit dem hat Kai manchmal zusammengesessen, um Läufe zu organisieren.« Sie klickte aufs nächste Bild und stutzte. »Bei dem bin ich mir nicht sicher, aber ich habe den Eindruck, dass ich ihn schon mal gesehen habe, und zwar in letzter Zeit.«
»Das ist ein Freund oder Bekannter von Tim Beier«, erklärte Kasper.
Die Witwe schüttelte den Kopf. »Nein, in dem Zusammenhang ist er mir nicht aufgefallen. Ich glaube …« Sie sah plötzlich hoch. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein: Der stand neulich mit seinem Wagen hier in der Straße, nicht weit von unserem Haus entfernt.«
»Wie bitte?« Romy beugte sich vor. »Und daran erinnern Sie sich?«
»Er saß in einem alten 500er Fiat, wie man ihn nicht mehr häufig zu Gesicht bekommt, und telefonierte«, berichtete Vera. »Ich war im Garten und habe kurz hinübergesehen. Ich bin ziemlich sicher, dass es sich um den Mann handelte, dessen Foto Sie mir gezeigt haben. Wenig später war er verschwunden.«
Interessante Beobachtung, dachte Romy, sogar sehr interessant. Sie spürte, dass sich ihr Puls beschleunigte. »Können Sie sich noch an den Tag erinnern?«
»Nein, nicht genau. Irgendwann letzte Woche. Kai fuhr ins Geschäft, und
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