Hafenmord - ein Rügen-Krimi
habe Kai bestimmt trotzdem mal erwähnt«, wandte Beier ein. »Das glaube ich zumindest.«
Romy lehnte sich zurück. »Ihre Darstellung überzeugt mich nicht.«
»Schade.« Tim Beier lächelte – zugegebenermaßen ausgesprochen charmant. »Und deswegen laden Sie mich vor? Wegen eines Telefonats, das ich vergessen hatte zu erwähnen? Was wollen Sie mir denn damit in Bezug auf den Mord an Kai beweisen? Ich war, wie schon letztens ausführlich besprochen und geklärt, am Wochenende in Berlin.«
Gute Frage, dachte Romy. Der einzelne Aspekt war mehr als dünn und würde weder den Staatsanwalt noch den Richter überzeugen. Doch im Zusammenspiel mit Richardts Verbrechen an Mirjam bekam er durchaus eine Bedeutung. Vielleicht musste sie ein bisschen pokern, um Beier aus der Reserve zu locken.
»Ja, Sie haben recht, das klingt auf den ersten Blick wenig bedeutsam«, gab Romy zu. »Sie haben mit Ihrer Ex telefoniert und das bei den ersten Befragungen außen vor gelassen.« Sie nickte beiläufig. »Nicht gerade ein tragisches Vergehen. Andererseits hat auch Mirjam behauptet, seit Jahren nichts mehr von Ihnen gehört zu haben. Warum eigentlich? Warum leugnen Sie beide die Tatsache eines kurzen Telefonats?«
»Sie hat es eben auch vergessen – weil es völlig unwichtig war«, sagte Beier. Er nahm die Hände vom Tisch.
Romy schüttelte den Kopf. »Nein, ganz im Gegenteil – die Tatsache, dass sie miteinander gesprochen haben, war so immens wichtig, dass Sie beide zu einer Lüge bereit sind.«
Tim Beier verzog keine Miene.
»Wir werden natürlich Mirjam auch noch einmal dazu befragen, befragen müssen«, fuhr Romy fort. »Und was dieser ganze Polizeistress bei Ihr bewirkt, muss ich kaum betonen, oder?«
Beier schluckte und wich ihrem Blick aus. Er schwieg weiterhin.
Die Kommissarin beugte sich vor. »Wissen Sie, was ich annehme?«
»Nein, das weiß ich nicht.«
»Sie haben Mirjam angerufen, um ihr zu sagen, dass der Verbrecher, der ihr und damit auch Ihnen vor Jahren Fürchterliches angetan hat, tot ist«, behauptete sie ruhig. »Und dabei stellt sich die brisante Frage, woher Sie zu diesem Zeitpunktbereits über Kai Richardt und seine Taten Bescheid wussten – eine von mehreren brisanten Fragen.«
Beier schüttelte den Kopf. »Quatsch! Das wusste doch niemand! Und wie sollte ich das in Erfahrung gebracht haben?«
»Das genau werden wir herausfinden. Und wenn die Kriminaltechnik mit ihrer Arbeit durch ist, wird es garantiert irgendeine Spur geben, die beweist, dass Sie hinter der Fischfabrik waren. Gemeinsam mit Steffen Brandt.«
»Das haben Sie schon beim letzten Mal angedroht«, bemerkte Beier betont locker. »Bislang gibt es aber keine Spuren und damit keine Beweise.«
»Hatte ich schon erwähnt, dass Brandt dabei beobachtet wurde, wie er vor Kai Richardts Haus in Buschvitz Wache geschoben hat?«, fragte Romy höflich. »Ich denke, dass er in Ihrem Auftrag handelte. Was sagen Sie dazu?«
Seine Unterlippe zuckte.
»Wir werden beweisen, dass Steffen Brandt der anonyme Anrufer war, der uns netterweise am Sonntagabend auf die Leiche von Kai Richardt hingewiesen hat«, fuhr Romy fort. »Und Sie sollten sich sehr genau überlegen, ob es nicht wesentlich klüger ist, mit der Wahrheit herauszurücken, statt darauf zu warten, dass die Polizei sie Ihnen bröckchenweise vor die Füße wirft. Das kommt vor Gericht nie besonders gut an.«
»Sie wissen schon, dass ich das Recht habe, einen Anwalt zurate zu ziehen?«
»Natürlich haben Sie dieses Recht«, bestätigte Romy. »Nur – der wird Ihnen genau das Gleiche erzählen, aber von mir kriegen Sie den Tipp umsonst.«
Sie stoppte das Aufnahmegerät und rief per Telefon einen Beamten. Während sie auf den Kollegen wartete, sah sie Beier an. Der Mann war blass.
»Ich lasse jetzt Mirjam Lupak holen«, sagte sie leise, alsdie Tür aufschwang und Beier sich erhob. »Überlegen Sie sich gut, was Sie Ihrer Exfreundin zumuten wollen.«
Er versteinerte und starrte sie mit weidwundem Blick an. Romy war sich darüber im Klaren, dass es unfair war, ihn so zu attackieren, aber sie hatte zum ersten Mal das Gefühl, den Geschehnissen auf den Grund gehen zu können. Und Tim Beier und Mirjam Lupak spielten dabei eine zentrale Rolle.
Erna Thile war aufgeregt. Der Kommissar hatte entfernt Ähnlichkeit mit dem Soko-Beamten aus Köln, wenn er auch blaue Augen hatte und einen Bart, einige Jahre älter war und sehr viel ernster wirkte. Außerdem fuhr er kein französisches Auto,
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