Hafenmord - ein Rügen-Krimi
hätte den Mund halten sollen. Aber es war so nett, mit ihm zu plaudern, über eine wichtige Beobachtung zu sprechen und irgendwie mal wieder mitten im Leben zu stehen.
»Vergessen Sie es«, sagte sie plötzlich. »Vielleicht habe ich mich getäuscht. Oder mit offenen Augen geträumt. Kann ja mal vorkommen.«
Schneider lächelte. »Ja, so was kommt vor. Nicht weiter tragisch. Ich danke Ihnen erst mal, Frau Thile. Sie haben uns sehr geholfen. Vielleicht kommen wir noch einmal auf Sie zurück.«
Kann ich mir nicht vorstellen, dachte Erna, aber sie wünschte es sich.
Kasper rief Romy während der Rückfahrt an.
»Ich habe sechs Leute in der Straße gefragt. Außer Vera Richardt meinen noch zwei andere, sich an einen Fiat zu erinnern, der am Straßenrand parkte. Eine Zeugin wäre wahrscheinlich vor Gericht nicht hundertprozentig überzeugend, aber immerhin gibt es außer der Witwe einen weiteren Zeugen, den wir benennen können.«
»Okay. Das ist doch was.«
»Gibt es bei dir schon was Neues?«
»Tim Beier blockt nach wie vor, ist aber ziemlich irritiert, wie viel wir wissen. Wir kommen allerdings nicht darum herum, Mirjam Lupak erneut zu befragen. Mir wird schon ganz elend, wenn ich nur daran denke.«
Kasper strich sich durchs Haar. »Ja, mir auch. Gibt es schon eine Nachricht aus Greifswald?«
»Erwarten wir jeden Moment.«
»Gut, ich bin gleich da.«
11
Das Greifswalder Institut meldete sich gegen Mittag, wenige Minuten nachdem die Genehmigung für die Einsicht in die Verbindungsnachweise von Richardts Festnetzanschluss durch war. Dem gewünschten Einblick in Vera Richardts Handy-Aktivitäten war jedoch nicht zugestimmt worden. Romy hatte damit gerechnet, dass die Argumente nicht gänzlich überzeugen würden, war aber trotzdem sauer – im Gegensatz zu Kasper, der den Bescheid denkbar gelassen aufnahm. »Dann eben nicht.«
Als Dr. Möller auf ihrem Büroapparat anrief, hatte sie sich gerade wieder so weit abgeregt, dass sie vernünftig telefonieren konnte.
»Wir haben mehrere Ergebnisse für Sie«, sagte er in seiner gewohnt herzlichen Art. »Marko Buhl ist schon wieder unterwegs, eine Mail mit vielen fachspezifischen Erläuterungen habe ich gerade an Ihre Dienststelle geschickt. Aber ich bin durchaus für den direkten Weg, wie Sie vielleicht schon gemerkt haben.«
»Ja, das ist hier schon aufgefallen und freut mich sehr.«
»Dachte ich mir. Womit fangen wir an? Die Gummihandschuhe?«
»Nur zu.«
»Wir haben Spuren eines handelsüblichen Reinigers nachweisen können, was nicht so spannend anmutet«, erläuterte Möller. »Aber ein anderer Aspekt dürfte Sie freuen: Wir haben menschliche DNA in Form eines abgebrochenen Fingernagels gefunden! Sie stimmt nach einer ersten Analyse mit dem genetischen Profil von Kai Richardt überein.«
Romy ballte eine Hand zur Faust. »Na bitte! Jetzt nimmtdas Ganze endlich Form an! Der Typ hat da unten bestimmt nicht mit Gummihandschuhen geputzt, um seine empfindlichen Händchen zu schützen!«
»Das sehe ich auch so«, erwiderte Möller. »Darüber hinaus ließen sich Rückstände einer Hautcreme gewinnen. Die Analysen sind noch nicht abgeschlossen, aber wir können jetzt schon sagen, dass die Creme nicht von Kai Richardt stammte – oder um es ganz korrekt zu formulieren: Zumindest benutzte er sie nicht an dem Tag. Außerdem stimmen sie mit Spuren überein, die wir am Knebel gefunden haben.«
»Ich verstehe«, sagte Romy langsam. »Wer den Knebel angefasst hat, benutzte auch die Handschuhe …«
»Das kann man schlussfolgern, wobei ich hinzufügen möchte, dass der Knebel eine Fundgrube für Spurenfreaks darstellt: Blut, Speichel, Schweiß, Dreck, Schmieröl, sogar Tierhaare.«
»Mäuse?«
»Kann ich noch nicht sagen. Das kriegen Sie die Tage aber noch genauer.«
»Das hatte ich gehofft. Was ist mit der blutigen Socke?«
Dr. Möller seufzte. »Diese Spuren sind leider völlig verunreinigt, was Sie ziemlich enttäuschen dürfte, aber ich kann es nicht ändern. Mit dem Spurenmaterial könnten nur noch Spezialisten in amerikanischen Krimiserien etwas anfangen. Im schnöden Polizeialltag sind die schlicht unbrauchbar.«
»Scheiße!«
»Sie bringen es herzhaft auf den Punkt. Bei den Fesseln sieht es leider ganz ähnlich aus – nichts mehr zu machen.«
»Ich wiederhole mich ungern, aber …«
»Ja, ich weiß, was Sie sagen wollen«, unterbrach Möller sie mit einem Schmunzeln in der Stimme. »Immerhin hat die Stimmenanalyse ergeben, dass Steffen Brandt
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