Hafenmord - ein Rügen-Krimi
ihr Mann wie ein Mäuschen vor ihr gekuscht hat. Und? Was ist damit?«
»Es gibt Hinweise darauf – eigentlich sind es weit mehr als Hinweise –, dass der Sohn der Richardts, Kai, seinerzeit fünfundzwanzig, damit zu tun hatte. Erinnerst du dich an den?«
»Hm … ja, warte mal … Der hat sich doch damals gerade aufgemacht in den Osten. Sympathischer junger Mann … Sag bloß, der hat der Frau was getan? Kann ich mir gar nicht vorstellen«, wandte Roloff ein. »Außerdem standen die Alibis von dem wie eine Eins, das weiß ich jedenfalls noch.«
Beerwald warf einen Blick in die Akte. »Ein Jürgen Dreyer bestätigte, dass er mehrere Tage in Schwerin war, und Hinz Posall, Geschäftsführer im Richardt-Hotel, war mit ihm zusammen auf Rügen unterwegs …«
»Na bitte.«
»Wie dem auch sei. Die leitende Kommissarin aus Bergen ist gerade dabei, Kai Richardt, der übrigens kürzlich ermordet wurde, drei Entführungen nachzuweisen«, berichtete Beerwald. »Wie es aussieht, hat er die Frauen gefangen gehalten, vergewaltigt und nach ein, anderthalb Wochen wieder freigelassen – bis auf eine. Die wurde in der Gefangenschaft erschlagen. Eine zweite Frau hat sich nicht lange nach ihrer Freilassung das Leben genommen.«
»Da bin ich aber platt.«
Das passierte auch nicht allzu oft, überlegte Beerwald. »In dem Zusammenhang fragt die Kollegin an, ob seinerzeit der Keller des Hotels gründlich durchsucht wurde«,fuhr er fort. »Kai Richardt scheint ein Faible für Kellerverstecke gehabt zu haben, und er soll sehr geschickt darin gewesen sein, die Räume so zu tarnen, dass man sie nicht sofort als solche erkennt.«
»Steht denn in der Akte nichts?«
»Sonst würde ich ja nicht fragen.«
»Wir waren im Keller«, grübelte Roloff. »Aber eine gründliche Durchsuchung …? Ich fürchte, nein, und zwar aus dem einfachen Grund, weil nichts darauf hinwies, dass die Frau noch im Hotel gewesen sein könnte. Wir nahmen an, dass der Täter sie aus dem Haus geschafft hatte.«
»Verstehe.«
»Was willst du tun?«
»Gute Frage.«
Beerwald kaute auch nach dem Ende des Telefonats eine ganze Weile auf ihr herum.
13
Romy war mit einem der Zivilfahrzeuge nach Buschvitz gefahren. Sie hoffte, in der Dunkelheit nicht aufzufallen, als sie gegenüber des Hauses der Richardts parkte und den Motor ausstellte.
Das Wohnzimmer war hell erleuchtet. Vor der Tür stand kein zweites Auto, aber das musste nichts heißen. Romy goss sich aus einer Thermoskanne heißen Tee ein und kuschelte sich tief in ihren Rollkragenpullover. Ein kräftiger Windstoß ließ den Wagen erzittern. Sie warf einen Blick zum nächtlichen Himmel, der von dichten Wolken bedrängt wurde, und hoffte, dass der angesagte Regen zumindest so lange auf sich warten ließ, bis sie im Bett lag.
Was eine nächtliche Observierung bringen sollte, war ihr höchstens verschwommen klar. Wahrscheinlich wollte sie einfach nur das Gefühl haben, ganz dicht am Geschehen dran zu sein und die unmittelbar bevorstehende Auflösung des Falls wie Wehen spüren zu können.
Beier und Brandt waren nicht aus dem Schneider – noch nicht. Romy hielt es nach wie vor für möglich, dass Brandt trotz seines überzeugenden Auftritts seinem Freund einen Gefallen hatte tun wollen, aber im Brennpunkt standen die beiden nach Mirjams zugleich grausigen und erschütternden Erläuterungen nicht mehr.
Dort befand sich Vera Richardt. Sie war keineswegs die ahnungslose und harmlose Witwe, wie sie sich offensichtlich Kasper gegenüber verkauft hatte.
Romy schlürfte von ihrem heißen Tee. Sie hatte immer noch die Stimme von Kommissar Hannes Beerwald im Ohr, der die Telefonate mit dem Kinderarzt und dem pensioniertenKollegen wiedergegeben hatte. War Lilly Arnold das erste Opfer gewesen?
Plötzlich öffnete sich die Haustür. Ein Lichtstreifen durchschnitt die Dunkelheit, und die schmale Silhouette von Vera Richardt war neben der eines großgewachsenen Mannes zu erkennen. Romy rutschte tiefer in ihren Sitz und zückte die bereitliegende Kamera. Viel würde auf den Bildern nicht zu erkennen sein, aber vielleicht würden die Aufnahmen ausreichen, um den Mann zu identifizieren und Vera ein wenig zu brüskieren.
Einen Kuss gaben die beiden sich nicht, soweit Romy das erkennen konnte, aber sie standen sehr dicht beieinander, bevor der Mann sich aus dem Schatten löste, ums Haus herumging und kurz darauf zurückkehrte – ein Motorrad neben sich herschiebend. Romy fotografierte das Nummernschild, als der Mann seine
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