Hafenmord - ein Rügen-Krimi
befindet sich eigentlich der alte PC?«
Vera Richardt zuckte betont lässig die Achseln. »Keine Ahnung – vielleicht im Geschäft …«
Romy lächelte. »Na dann. Das werden wir auch gleichdurchsuchen. Vielleicht kann uns Christoph Albrecht weiterhelfen. Sie kennen ihn ziemlich gut, auch privat, nicht wahr?«
Sie verbarg ihre Überraschung bemerkenswert gut. Ein winziges Hochschnellen der Brauen, und schon hatte sie sich wieder in der Gewalt. »Und? Das ist nicht verboten.«
»Keineswegs, aber im Zusammenhang mit Mord hat die Polizei häufig die eine oder andere Frage, wenn ein Liebhaber mit im Spiel ist.« Interessant, dass sie an dem Punkt gar nicht zu leugnen versucht, fügte Romy in Gedanken hinzu.
»Sie haben nicht nach einem Liebhaber gefragt«, gab Vera zurück.
Romy nickte. »Das stimmt. Vielleicht hätte ich das tun sollen, vielleicht ahnte ich aber, dass ich ohnehin keine ehrliche Antwort erhalten würde … Aber noch mal zurück zu Ihren Fähigkeiten. Sie sind computertechnisch ziemlich gut drauf, wie wir inzwischen erfahren haben, und zwar seit Ihrer Zeit in der Berufsschule.«
Diesmal funktionierte ihre Selbstbeherrschung nicht. Die Witwe riss die Augen auf. Dann blickte sie schnell zur Seite. »Das ist sehr lange her … seitdem hat sich viel verändert.«
»So viel nun auch wieder nicht, Frau Richardt«, entgegnete Romy. »Es sind immer noch Bites und Bytes, um die es geht. Ihr Abschlusszeugnis ist ganz hervorragend. Sie sind keine Durchschnittsschülerin gewesen. Ich gehe davon aus, dass Sie sehr genau wissen, wie man eine Festplatte endgültig zerschrottet – oder sich zumindest die nötigen Informationen besorgt, um das professionell zu erledigen.«
»Danke für das Kompliment, aber ich weiß wirklich nicht …«
Romy beugte sich rasch vor. »Hören Sie endlich mit dem Theater auf, Frau Richardt! Ich bin garantiert nicht hier, umIhnen Komplimente zu machen! Sie waren im Arbeitszimmer Ihres Mannes und haben dabei entdeckt, dass er Bilder von einer Überwachungskamera empfing. Der Gute plante und bereitete nämlich seine nächste Entführung vor, und der Einfachheit halber sollte die Frau, die er bereits vor fünf Jahren entführt hatte, noch einmal dran glauben … Ach, übrigens, wo wir gerade dabei sind: Haben Sie letztens mit Ihrem Mann eine Veranstaltung in Vaschvitz besucht?«
»Ja …« Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Was hat das …?«
»Ist Ihnen die junge Frau in der Reihe vor Ihnen aufgefallen? Sie verließ gemeinsam mit ihrem Mann vorzeitig die Kunstscheune.«
»Ja, in der Tat …«
Romy nickte. »Das nur so nebenbei – ein Foto von der Frau hatte ich Ihnen bei unserem letzten Gespräch gezeigt. Wollen Sie immer noch nicht auspacken?«
Vera Richardt verschränkte die Arme. »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Es gibt nichts auszupacken.«
Romy musterte sie lange und eindringlich. »Worum genau geht es Ihnen eigentlich? Warum blocken Sie derart ab und behindern unsere Arbeit – nämlich die Aufklärung scheußlichster Verbrechen? Welche Gründe könnte es dafür geben?« Sie beugte sich über den Tisch vor. »Ich sag’s Ihnen: Sie wollen Ihren Ruf wahren und schaffen darum lieber alles beiseite, was die Polizei interessieren sowie ein schlechtes Licht auf Kai und damit auch auf Sie und Ihre Familie werfen könnte. Aber gehen Sie tatsächlich ernsthaft davon aus, hier in aller Ruhe und Beschaulichkeit auf der schönen Insel weiterleben zu können, wenn sich der ganz große Wirbel erst einmal gelegt hat? Womöglich in absehbarer Zeit mit Christoph an Ihrer Seite, der praktischerweise gleich auch Kais Geschäfte weiterführt?« Romy schüttelte langsam den Kopf.
Vera wandte den Blick ab.
»Sie machen sich Illusionen. Sie werden nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen können, und das ist auch gut so«, fuhr Romy fort. »Diese Geschichten werden nachwirken, lange nachwirken. Es wird geredet, und man wird sich auch fragen, warum die Ehefrau nichts bemerkt hat oder bemerkt haben will. Ihre Kinder werden eines Tages Fragen stellen …«
»Hören Sie schon auf damit!«
»Genau das werde ich nicht tun!«, brauste Romy so lautstark auf, dass sogar Kasper zusammenzuckte. »Das letzte Opfer hat Ihren Mann identifiziert und sogar den Keller wiedererkannt, in dem sie gefangen gehalten und tagelang missbraucht wurde! Inzwischen wird sogar in Lübeck ein alter Fall noch einmal unter die Lupe genommen. Dass Kai Richardt ein Serientäter gewesen ist, der alle fünf bis
Weitere Kostenlose Bücher