Hafenmord - ein Rügen-Krimi
…«
»Wir brauchen Ihre Fingerabdrücke«, erklärte Schneider, und er sparte sich seinen üblichen Routine-Hinweis.
Kasper hatte den Wagen noch nicht gewendet, als Romy ihn scharf von der Seite ansah. »Heraus mit der Sprache! Woher wusstest du, dass die Witwe übers Dach geklettert ist?«
Kasper schmunzelte, wurde aber schnell wieder ernst. »Die Nachbarin hat so etwas erzählt, als ich nach dem Fiat fragte. Ich habe es zunächst nicht glauben wollen, weil es sich etwas, hm, verwirrt anhörte, aber … na ja: Auf einmal passte es wie …«
»Arsch auf Eimer?«
»Treffende Beschreibung.«
Romy grinste. Ihr Handy klingelte, als Schneider aus Buschvitz rausfuhr. Sie sah aufs Display.
»Die Lübecker Kollegen sind bemerkenswert eifrig und ziemlich fix«, erklärte sie, bevor sie das Gespräch annahm. »Guten Morgen.«
»Moin. Hannes Beerwald. Rufe ich ungünstig an?«, fragte der Lübecker Kommissar.
»Keineswegs. Sind Sie schon wieder im Dienst?«
»Na ja … eigentlich noch nicht, aber die Sache hat mir keine Ruhe gelassen.«
»Kann ich verstehen.« Romy warf Kasper einen Blick zu und stellte ihr Handy auf Lautsprecher, worüber sie Beerwald informierte.
»Ich habe gestern Abend noch mit einem Kollegen gesprochen, der seinerzeit bei der Durchsuchung des Hotels dabei war«, berichtete Beerwald anschließend. »Zweihundertprozentig gründlich sind die damals nicht vorgegangen.«
»Was genau heißt das?«
»Das heißt, dass man alle Räume inspiziert und nach augenscheinlichen Hinweisen Ausschau gehalten hat, aber damit hatte es sich dann auch schon. Man vermutete, dass die Frau aus dem Hotel geschafft worden war. Niemand glaubte, dass sie noch dort sein könnte.«
»Verstehe. Man sieht nur, was man zu sehen glaubt.«
»Ja, so ähnlich«, stimmte Beerwald zu. »Ich habe mich da aber trotzdem noch mal hintergeklemmt und festgestellt, dass die Richardts das Hotel 1996 verkauft und die neuen Besitzer es komplett saniert haben.«
»Einschließlich Keller?«
»So ist es. Dort befinden sich seitdem Schwimmbad und Fitnessräume.«
Romy nickte. An der Stelle endete die Spur. »Okay, dann ist das so. Müssen wir akzeptieren. Vielen Dank für Ihre Mühe. Mein Kollege wertet Ihre Angaben für unseren Fall aus.«
»Nichts zu danken. Falls ich noch was tun kann …«
Romy zögerte nur kurz. »Wenn Sie schon so nett fragen ... Wir sind hier im Moment mehr als gut ausgelastet ...«
»Kann ich mir denken.«
»Hätten Sie Zeit, Kontakt zu den alten Richardts aufzunehmen? Die sind gerade von einer Reise zurückgekehrt. Die Senioreneinrichtung weiß bereits über den Tod von Kai Richardt Bescheid, aber ich fände es angemessener, noch ein paar Fragen zu stellen, allerdings nicht per Telefon …«
»Kann ich nachvollziehen.«
»Noch etwas, Kollege Beerwald. Kai Richardt hat seine Mutter bis vor kurzem jedes Jahr daran erinnert, dass sie für den Tod des Bruders verantwortlich ist.«
Romy hörte, dass Beerwald schluckte. »Ich werde das im Hinterkopf behalten und melde mich wieder. Viel Erfolg.«
»Danke. Ihnen auch.«
Kasper fuhr auf den Parkplatz vor dem Kommissariat. »Ich werde zwei Tage Urlaub machen, wenn das alles vorbei ist.«
»Ich auch. Kümmerst du dich gleich um Veras Lover? Ich will mir gleich mal die Lübecker Unterlagen angucken.«
»Hast du den Kopf nicht schon voll genug?«
»Schon, aber ich muss sichergehen, dass keine Fragen offen bleiben. Die lassen mich dann nämlich nicht schlafen.«
Christoph Albrecht war Anfang dreißig und damit um einige Jahre jünger als Vera Richardt. Ein attraktiver Mann, dazu klug, umsichtig und rhetorisch begabt. So hatte Kasper ihn jedenfalls erlebt, als er Anfang der Woche im Geschäft gewesen war und mit den Angestellten gesprochen hatte. Nun zitterte Albrecht und wechselte im Sekundentakt die Gesichtsfarbe. Von Umsicht keine Spur mehr, und die Rhetorik war ihm auch abhandengekommen.
Kasper spendierte ihm ein Glas Wasser und lächelte aufmunternd.
»Möchten Sie ein Geständnis ablegen?«, fragte er freundlich.
»Wie bitte?« Das klang fast hysterisch. »Wie kommen Sie denn darauf? Ich habe nichts getan.«
»Na schön«, seufzte Schneider. »Fangen wir ganz von vorne an. Seit wann sind Sie und Vera Richardt ein Paar?«
Albrecht schüttelte den Kopf. »Deswegen sitze ich hier? Das kann doch wohl nicht sein. Ich …«
»Frau Richardt ist seit kurzem Witwe, und zwar weil Ihr Mann eines gewaltsamen Todes gestorben ist«, erläuterte Kasper
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