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Hahn im Korb.

Hahn im Korb.

Titel: Hahn im Korb. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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fallen, wie der Maresciallo es ihm nahegelegt hatte, um Rapport zu erstatten. Sein Bericht enthielt nur ein interessantes Detail, nämlich das Aufsuchen des Hauses bei der Brücke. Corbo ließ es sich bis in die kleinsten Kleinigkeiten schildern. So geschah es, daß Turi Santalucia um ein Uhr nachts vom Maresciallo der Carabinieri geweckt wurde und ihm, noch schlaftrunken, erzählen mußte, in welcher Absicht Vito Macaluso zu ihm gekommen war. Als Corbo endlich sein Haus verließ, lag Santalucia noch lange wach und verfluchte den Doktor Scimeni, der auch nach dreißig Jahren noch imstande war, ihm mehr Schaden zuzufügen als eine wildgewordene Büffelherde.

    Doch wie Turi verbrachten auch viele andere eine schlaflose Nacht, angefangen bei den zwei Besoffenen, die auf der Straße standen und bis vier Uhr früh miteinander schwatzten; ab und zu unterbrachen sie das wirre Getuschel, um mit leiser Stimme zu fragen: »Wann kommt dieser Hornochse endlich?«; auch Vito schlief schlecht, wegen der Gedanken, die ihn wie bissige Hunde anfielen, und wegen des ungewohnten Betts, in dem er sich wie eine Schnecke auf dem Rost vorkam; und Mammarosa fand keinen Schlaf, weil er hörte, wie Vituzzo sich quälte, und warf sich deshalb unruhig hin und her; selbst die Witwe Tripepi, der etwas eingefallen war und die jetzt die Rückkehr ihres Nachbarn gleichermaßen erwartete wie fürchtete, tat kein Auge zu. Der erste Kanonenschlag ließ sie allesamt auffahren, es war ein kurzer, harter Knall, der im Geschrei der erschreckten Schwalben ausklang. Das an die Hauswände geklebte Programm besagte, daß um sechs Uhr in der Früh von der Höhe des Hügels zehn Böllerschüsse abgegeben werden würden, um den Tag zu begrüßen, der den Feierlichkeiten geweiht war. Als Vito nach und nach das Tageslicht durch die Türspalte des ebenerdigen Kabuffs dringen sah, beruhigte er sich langsam wieder und dachte: Sicher hat Mammarosa übertrieben – weiß der Kuckuck, was dieser törichte Alte gehört hat, er selbst hatte sich viel zu schnell von ihm beeinflussen lassen. Es war ihm ergangen wie Angelika auf der Flucht.

    Immer tiefer in den Wald, weg vom Grausamen flieht sie, zitternd vor Furcht und Mißtrau'n:
       Bei jedem Busch, den sie berührt im Lauf, glaubt sie schon, im Schlund des Ungeheuers zu sein.

    Doch das war entschuldbar, und angesichts des großen Feuers, das seit zwei Tagen in ihm loderte, mußte man sich fragen, wieso er noch nicht vierzig Grad Fieber hatte. Pünktlich beim ersten Böller legten die Trommler los, laut Festprogramm jetzt fünfzehn an der Zahl. Vito entschied sich aufzustehen, auch wenn es ihm nicht danach war: Nach einer kurzen Weile würde das ganze Dorf, von Kanonen und Trompeten aus dem Schlaf geschreckt, mitkriegen, wie er die Kate verließ. Er stieg aus dem Bett, in dem er in voller Bekleidung und mit Schuhen genächtigt hatte, und näherte sich mit sachtem Schritt der Tür. Er wollte Mammarosa nicht stören und verspürte auch keine Lust, mit ihm zu reden. Doch als er behutsam die Tür öffnete, hörte er hinter sich die Stimme des Alten: »Paß auf dich auf, Vituzzo.«
    »Ja, ja«, sagte er unwirsch und riß, vom hellen Licht des
    Tages geblendet, die Augen auf.

    »Wer bin ich denn, San Calogero etwa?« meinte Corbo. Vor ihm stand Carbone in Zivil, unter dem Arm trug er einen Weidenkorb, auf dem ein besticktes Tuch lag: Er hatte einen Zipfel hochgehoben, und darunter kamen reich verzierte Laibe von Festtagsbrot aus dunklem Korn mit goldbrauner Kruste zum Vorschein.
    »Probieren Sie doch mal eine Scheibe.«
      »Die Weihgabe für den Heiligen ist tabu«, erinnerte ihn der Maresciallo.
      »Ihm sind fünf Laibe versprochen, das hier sind sechs, einer ist fürs Haus.«
      Corbo war versucht, der Duft des Brots erfüllte den ganzen Raum.
    »Ich habe es frisch vom Bäcker«, fuhr Carbone fort.
      »Das rieche ich«, brummte Corbo und gab sich geschlagen. Er holte ein Messer aus der Schublade und schnitt drei Scheiben ab, eine für sich, eine für Carbone und eine für Tognin, dem, als der Kollege an ihm vorbei ins Büro des Maresciallo ging, sofort das Wasser im Mund zusammengelaufen war.
    »Spülen wir nicht nach?« erkundigte sich Carbone.
      »Darum kümmere ich mich.« Corbo erhob sich, machte den Schrank auf und nahm eine Flasche Marsala und drei Gläser heraus.
      »Wo sind die anderen zwei?« fragte Carbone mit vollem Mund.
      »Foti steht Wache vor Vitos Haus, Manzella habe ich vor fünf

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