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Hahn im Korb.

Hahn im Korb.

Titel: Hahn im Korb. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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unterbreitet, nur zwei Punkte waren seltsam: das Versprechen, ihm das Doppelte zu bezahlen, und die Eile, die er an den Tag legte. Nun, ein Ding ist reden und ein anderes handeln. Er wollte erst einmal sehen, wie Scimeni zwei für das bezahlte, was nur eins wert war! Außerdem durfte man nicht vergessen, daß der Hühnerstall einen guten Ertrag abwarf und in Zukunft noch mehr einbringen würde; wenn der Doktor ihn haben wollte, dann müßte er in einem Jahr das Dreifache auf den Tisch legen. Und was die Eile betraf: Wenn er tatsächlich am Montagmorgen eine Antwort wegen eines anderen Geschäfts geben mußte, konnte ja nichts faul sein. Bei dem, was Turi Santalucia ihm gesagt beziehungsweise zu verstehen gegeben hatte, durfte man nicht vergessen, daß er einst mit Scimeni aneinandergeraten war und dabei drei Zähne und ein Auge verloren hatte. Turi war ein viel zu gebranntes Kind, auf den konnte man nicht zählen. Ohne Eile würde er zu Scimeni gehen und ihm sagen, daß er nicht vorhatte, ihm den Hühnerstall zu verkaufen. Und so war er wieder bei Peppi monacu angelangt. Wenn die Dinge so standen, wie Pasquale behauptete, war Peppi auf den Geschmack gekommen und spielte den in seiner Mannesehre Verletzten, um etwas Geld herauszuschinden. Dem Peppi würde er schon Bescheid stoßen, da genügte ein deutliches Wort. Doch im Ernst, er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß Peppi ein Gewehr genommen und geschossen hatte. Das beste wäre, wie an den anderen Abenden ins Kino zu gehen, mit Peppi würde er am nächsten Morgen reden, das war das erste, was zu tun war, wenn er vom Land zurück war. Er hatte keine Lust, das Dorf zu durchqueren; er würde am Ufer entlanggehen, um sich dann auf der Höhe des Kinos zwischen den Häusern zu verdrücken.
      Im flackernden Licht der zwei Acetylenlampen sahen die Wassermelonen, die auf den Pflastersteinen gestapelt waren oder aufgeschnitten auf der Auslage ihr rotes Fruchtfleisch feilboten, wie tänzelnde Luftballons aus. Der Händler schrie sich die Kehle heiser, die Melonen seien so rot, daß sie bald Feuer fangen würden. Vasalicò und Pasquale waren noch immer unentschlossen, ob sie ins Kino oder zu einer Partie Billard zu Masino gehen sollten. Inzwischen waren sie beim vierten Stück Melone angelangt, und das war gewiß nicht das letzte.
      »Was hast du San Calogero dieses Jahr versprochen?« fragte Pasquale.
    »Zehntausend Lire.«
    »Hat er deine Gnadenbitte erhört?«
      »Noch nicht. Aber ich will auf Nummer Sicher gehen, die zehntausend Lire kriegt er trotzdem, schließlich will ich nicht so enden wie Don Giacomino Rappolo.«
    San Calogero wurde bekanntlich wegen nicht eingehal
    tener Versprechen ziemlich sauer: Wie alle Südländer konnte er es nicht ertragen, für dumm verkauft zu werden, und einen südländischeren als diesen Heiligen mit der schwarzen Haut, der aus arabischen Regionen stammte, konnte man schwerlich finden. Wenn San Calogero merkte, daß einer seiner Anhänger sich bei einem gemachten Versprechen knauserig zeigte oder, schlimmer noch, es gar nicht hielt, war er imstande, schreckliche Dinge zu tun, genau wie ein gewöhnlicher Christenmensch auch. Das hatte besagter Giacomino Rappolo am eigenen Leib erfahren: Er hatte dem Heiligen fünfzigtausend Lire versprochen, wenn er sein gebrochenes Bein heilte, das einfach nicht zusammenwachsen wollte. Pünktlich nach zwei Monaten war das Bein geheilt. Don Giacomino hatte es sich jedoch anders überlegt und war zu dem Schluß gekommen, daß der Dienst des Heiligen nicht mehr als fünfundzwanzigtausend Lire wert sei, denn ihm war ein leichtes Hinken geblieben. So war er in die Kirche gegangen, hatte die fünfundzwanzigtausend Lire an eins der Bänder geheftet, die aus dem Ärmelaufschlag der Statue hingen, und war hinausgegangen. Doch kaum war er draußen, hatte er einen Fuß schlecht aufgesetzt, war alle fünfzehn Stufen der Kirchentreppe heruntergestürzt und hatte sich gleich beide Beine gebrochen.
      »Wer weiß, ob auch Vito ihm etwas versprochen hat«, sagte Vasalicò gehässig.
    »Das tut er nie«, entgegnete Pasquale.
      »Dieses Jahr macht er es vielleicht«, meinte Vasalicò grinsend, »das muß dann aber etwas Großes sein.«
    Sie verspeisten das nächste Stück Melone.
    »Hast du Vito gesehen?« fragte Vasalicò.
      »Heute morgen habe ich mit ihm gesprochen. Ich habe ihm gesagt, meiner Meinung sei das einzig Richtige für ihn, sich bei Peppi monacu blicken zu lassen.«
    »Warum, denkst du

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