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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Hämin-Kristalle auf, können Sie sicher sein, daß es
sich um Blut handelt. Eine andere, selbst bei alten oder sehr kleinen Flecken
wirksame Methode ist die van Deensche Probe: Wenn Sie Blut zusammen mit etwas
sauerstoffhaltigem Terpentin in einen alkoholischen Auszug der westindischen
Guajakpflanze geben, löst der rote Blutfarbstoff den Sauerstoff aus dem
Terpentin, der sich statt dessen mit dem Guajak verbindet. Diese Reaktion färbt
die Lösung blau.«
    »Ich
habe gelesen, die Guajak-Probe sei sehr umständlich«, sagte Paul Heusohn.
    Dr.
Popp wandte sich der Röhrenapparatur zu. »Sie ist ein Nichts gegen die
ungeheuren Möglichkeiten, die Kirchhoff und Bunsen der forensischen Medizin mit
der Spektralanalyse eröffnet haben.«
    »Um elf
muß ich zu einer Vorführung ins Gericht«, bemerkte Richard.
    Dr.
Popp schaute auf seine Uhr. »Zeit genug für ein paar erläuternde Worte. Es sei
denn, Ihr neuer Mitarbeiter hat kein Interesse an der wissenschaftlichen Seite
seines Berufs.«
    »Doch,
doch«, bekräftigte Paul Heusohn.
    »Ein
paar erläuternde Worte zu Uhlenhuths Affen würden mir reichen«, sagte Richard.
    Dr.
Popp lächelte. »Ich bitte um ein wenig mehr Geduld, Herr Biddling.« Er zeigte
auf den Apparat. »Das Faszinierende an einem Spektroskop ist, daß es uns
ermöglicht, die Dinge in ihren wahrhaftigen Farben zu sehen. Sonnenlicht, das
transparent erscheint, durch ein Glasprisma geleitet, leuchtet plötzlich so
bunt wie ein Blumenbukett.«
    »Das
Prinzip des Regenbogens«, sagte Paul Heusohn.
    Dr.
Popp sah ihn verdutzt an, Richard amüsierte sich. »Jetzt haben Sie ihm die
Pointe verdorben, Heusohn.«
    »Entschuldigen
Sie... Ich meine, das lag nicht in meiner Absicht, Herr Dr. Popp.«
    Er
winkte ab. »Ihre Antwort zeigt, daß Sie mitdenken. Und daß ich Sie nicht
überfordere, wenn ich etwas tiefer in die Sache einsteige.« Richards Miene
ignorierend, erklärte Dr. Popp
    in
aller Ausführlichkeit die Funktionsweise des Bunsenschen Spektroskops, zeigte
Abbildungen der Farb- und Linienspektren von Sternen und Nebelflecken im
Weltall und den Unterschied zwischen sauerstoffreichem und kohlenoxydhaltigem
Blut. »Die Spektralanalyse liefert spezifische Charakteristika, sozusagen durch
Lichtstrahlung erzeugte Fingerabdrücke fester, flüssiger oder gasförmiger
Stoffe, und selbst kleinste Substanzmengen genügen, sie zu analysieren«,
beendete er seinen Vortrag.
    »Aber
erst einmal müssen Sie diese kleinsten Mengen finden«, wandte Paul Heusohn
ein. »Zum Beispiel die unsichtbaren Blutflecken auf dem Jackett.«
    »Bei
Blut ist das keine allzu schwere Übung.« Dr. Popp tränkte ein Stückchen Stoff
mit einer farblosen Flüssigkeit und betupfte eine der markierten Stellen auf
Hopfs Jackett. Sofort bildete sich weißer Schaum.
    »Was
ist das?«
    »Wasserstoffsuperoxyd«,
sagte Richard. »Es reagiert allerdings auch auf Speichel und Rost. Und allzu
üppig sollte man es nicht anwenden.«
    »Warum?«
    »Futschikato
perdutti, Herr Heusohn. Wenn Sie's zu gut meinen, sind die Blutflecken anschließend
verschwunden.«
    »Ich
warte immer noch auf die Affen«, sagte Richard.
    Dr.
Popp warf den Stofflappen in einen Eimer und verschloß die Chemikalienflasche.
»Nun, die Sache lohnt es, ein wenig auszuholen. Vor etwa vier Jahren war der
Militärarzt Paul Uhlenhuth im Hygienischen Institut der Universität Greifswald
als Assistent des ehemaligen Assistenten des berühmten Dr. Koch auf der Suche
nach einem Schutzserum gegen den Erreger der Maul- und Klauenseuche, als er bei
der Untersuchung eines Kaninchenserums zufällig herausfand
    »Uhlenhuth
entwickelte Testseren, die es ermöglichen, das Blut verschiedener Tiere und das
von Mensch und Tier zu unterscheiden«, erklärte Richard.
    Dr.
Popp verzog das Gesicht. »Das kann wirklich nur einem
    preußischen
Beamten einfallen! Die Entdeckung, die der Hilflosigkeit eines ganzen
Jahrhunderts ein Ende setzt, einen der bedeutendsten Fortschritte der
forensischen Medizin überhaupt, in einen einzigen, banalen Satz zu packen.«
    Paul
Heusohn unterdrückte ein Lachen.
    »Leider
versagt die ansonsten zuverlässige Uhlenhuthsche Präzipitin-Reaktion bei eng
verwandten Lebewesen«, fuhr Dr. Popp fort. »Das Blut von Esel und Pferd läßt
sich ebensowenig damit unterscheiden wie das von Menschen und Affen.«
    »Das
heißt also, daß dieser Test auch das Blut verschiedener Menschen nicht zu
unterscheiden vermag, Herr Hopf mithin genausogut behaupten könnte, daß die
Flecken von ihm

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