Hahn, Nikola
Gerechte.
Was treiben Sie nachts, hm?«
Er lief
flammendrot an. »Es kommt ganz bestimmt nicht mehr vor!«
Der
Wagen hielt. Richard knöpfte seinen Mantel zu. »Ich hoffe, Sie haben wenigstens
was Angenehmes geträumt.«
Gendarmeriewachtmeister
Baumann war ein Mann in den Fünfzigern mit einem gezwirbelten Bart und einem
gutmütigen Gesicht, das sich schlagartig verdüsterte, als Richard den Namen
Karl Hopf erwähnte.
»Ich
kann Ihnen nicht helfen«, sagte er knapp.
»Dr.
Portmann sagte mir, daß Sie nach dem Tod von Hopfs Frau Ermittlungen geführt
haben.«
»Ich
habe keine Ahnung, wer Sie schickt, und es interessiert
mich
auch nicht«, sagte Baumann ungehalten. »Ännies Tod war ein Unfall, und mehr
gibt es dazu nicht zu sagen.«
Ȁnnies
Tod?« wiederholte Richard ungläubig.
»Deshalb
sind Sie ja wohl hier, oder?«
»Ist
das die alte Frau aus der Hütte?« fragte Paul Heusohn.
Richard
nickte. »Was war das für ein Unfall?«
»Wenn
man so will, ein folgerichtiges Ableben für eine Verrückte, die ihren Ofen ins
Heu stellt. Das Zeug brannte wie Zunder.«
»Wann?«
fragte Richard.
»In der
Nacht zum Montag.«
»Am
Sonntag nachmittag habe ich noch mit ihr gesprochen.«
Baumann
sah ihn mißtrauisch an. »Worüber?«
»Sie glaubte,
daß Hopf sein Dienstmädchen vergiftet habe, was allerdings nicht stimmte.«
Richard berichtete von seinen Ermittlungen, Briddys Anfall und dem Gespräch mit
Dr. Portmann. »Ehrlich gesagt, erhoffe ich mir von Ihnen ein paar Informationen,
die mir in der Sache Lichtenstein weiterhelfen.«
»Nach
dem Tod von Josefa Hopf machte das Gerücht die Runde, sie könnte vergiftet
worden sein«, sagte Baumann. »Ursache war ein Brief, den Ännie kurz zuvor an
Josefas Mutter geschrieben hatte. Sie bat sie, ihre Tochter aus dem Haus zu
holen, da Hopf ihr nach dem Leben trachte. Außerdem gab es Aussagen von
Nachbarn, daß sich Josefas Leiden während einer mehrtägigen Abwesenheit ihres
Mannes verbessert und nach seiner Rückkehr dramatisch verschlimmert habe. Eine
Hebamme zeigte Hopf zudem wegen unsittlicher Annäherung an. Dr. Portmann tat
das alles als Weibergeschwätz ab.«
»Er
sagte, die Sektion habe seine Diagnose auf einen natürlichen Tod bestätigt«,
bemerkte Richard.
Wachtmeister
Baumann verzog das Gesicht. »Aufgrund dieser Aussage wurde das
Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft in Wiesbaden eingestellt
Danach holte Hopf zum Gegenschlag aus. Seine Nachbarn verklagte er
zivilrechtlich, ein Zeitungsredakteur, der über die Vorfälle berichtet hatte,
mußte wegen Verleumderischer Beleidigung eine Geldstrafe
bezahlen,
die Hebamme ist wirtschaftlich ruiniert und aus Niederhöchstadt weggezogen. Und
ich hatte eine Anzeige wegen Verfolgung Unschuldiger und anschließend eine
Disziplinaruntersuchung am Hals.«
»Sie
glauben trotzdem an seine Schuld?«
»Es
gibt keinen Beweis. Also spielt es keine Rolle, was ich glaube.«
»Ich
würde gern einen Blick in die Akten werfen. Wenn möglich, auch in den
Brandbericht von Sonntag nacht«, sagte Richard.
Baumann
sah ihn unschlüssig an. »Sie wissen, daß... Ach, herrje, was soll's.« Er
verschwand im Nebenraum und kam mit einem dicken Kuvert wieder. »Abschriften,
die es eigentlich nicht geben dürfte. Ich bitte, sie entsprechend zu
behandeln.«
Richard
nickte. »Was mir vor allem fehlt, ist ein Motiv.«
»Geld«,
sagte Baumann. »Hopf hatte seine Frau mit zwanzigtausend Goldmark versichert -
für eine Prämie, die er auf Dauer kaum hätte aufbringen können. Die Hundezucht
lief damals nicht besonders gut. Was haben Sie gegen ihn in der Hand?«
Richard
zeigte ihm den Schlüssel. »Er wurde neben der Leiche Lichtensteins gefunden,
und ich vermute, daß er Hopf gehört. Außerdem haben wir an einem seiner
Kleidungsstücke Blut festgestellt.«
»Sie
werden sich an dem Kerl die Zähne ausbeißen.«
»Sollte
es mir gelingen, das Asservat Hopf zuzuordnen, schließen sich strafprozessuale
Maßnahmen an. Kann ich auf Ihre Unterstützung zählen?«
»Wenn
Sie's mir anordnen? Dann haben nämlich Sie die Disziplinaruntersuchung
am Hals, falls es Probleme gibt. Und die wird es so sicher geben, wie die Erde
rund ist.«
»Betrachten
Sie jedwede Anordnung als erteilt, Wachtmeister.«
Baumann
setzte seine Pickelhaube auf. »Ich freue mich auf sein Gesicht.«
Die
Fahrt nach Niederhöchstadt verlief schweigend. Felder
und
Wiesen glänzten in der Sonne, Häuser tauchten auf. Eine alte Frau leerte einen
Eimer in den Rinnstein,
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