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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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leben.«
    Laura
wich seinem Blick aus. »Sagten Sie nicht, daß Sie ihn kaum kennen?«
    »Seit
er zum Oberwachtmeister befördert wurde, wohnt er in einer vornehmen Gegend und
geht mir angestrengt aus dem Weg.«
    »Kann
es sein, daß Sie ihm den Erfolg neiden, Wachtmeister?«
    »Sie
mögen ihn sehr, hm?«
    Laura
stand auf. »Entschuldigen Sie meine dumme Bemerkung. Es ist besser, ich gehe
zu Bett.«
    »Einen
Moment noch.« Heiner Braun verschwand in der Stube und kam mit einem Buch
wieder. Er grinste. »Eine dramatische Liebesgeschichte in Frankfurt am Main,
dargestellt am Beispiel von Käthe und Friedrich:
    Ach,
Käthche, ach, erhör mich endlich/ Ich lieb dich, Gottverdamm mich, schändlich!
Ach, tatst de mich nur flenne sehe, Du kannst, waaß Gott, net widerstehe/
    Ach,
Friederich, halt doch dein Schnawel!
    Dei
Wort geht wie e Ofegawel
    Un wie
e stumber Besestiel
    Mir
dorch mei weibliches Gefihl!
    Ach,
Käthche, Käthche, Käthche! Die Sehnsucht, die ich nach dir heg, Liegt untransportbar
uffem Weg.
    Ach,
Fritzi, Fritzi, Fritzi!
    Ach,
meine Sehnsucht, die ich hawe,
    liegt
wie e Kutsch im Chausseegrawe!«
    Laura
lachte. Heiner klappte das Buch zu. »Friedrich Stoltze wird es mir nachsehen,
daß ich ein bißchen gekürzt und vereinfacht habe, damit auch Berliner den Sinn
verstehen.«
    »Morgen
bitte ich Ihren Homöopathen, mir ein Staubkorn an einen Stein zu binden. Ich
wünsche Ihnen eine gute Nacht, Herr Braun.«
    Er
stellte die Gläser und den Krug weg. »Sie sehen bezaubernd aus, wenn Sie lachen.
Lassen Sie sich das nicht nehmen. Und schlafen Sie gut.«
    Lag es
am Apfelwein? An dem heiteren Gedicht? An Heiner Brauns Kompliment? Laura
fühlte sich plötzlich leicht und froh. Sie wohnte bei freundlichen Menschen, sie
hatte einen interessanten Beruf, sie war verliebt. Konnte sie sich mehr
wünschen? Bevor sie darüber nachdachte, küßte sie Heiner auf die Wange. »Danke,
Herr Braun.«
    »Wofür
denn?« fragte er lächelnd.
    »Für
alles!«
    Vergnügt
lief sie die Treppe hinauf, und sie war sicher, daß sogar das Knarren der alten
Laren wie ein Lachen klang.
    Victoria
saß am Fenster in Richards Zimmer und las. Als er hereinkam, legte sie das
Buch beiseite und stand auf. »Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Unser Streit
gestern in der Bibliothek ...«
    Er
küßte sie auf die Stirn. »Schon vergessen.«
    Sie
faßte seine Hände. »Was hältst du davon, wenn wir wieder ein gemeinsames
Schlafzimmer haben?«
    »War es
nicht dein Wunsch
    »Ein
dummer Wunsch!«
    »So
dumm finde ich das gar nicht. Ich komme oft sehr spät nach Hause und würde dich
unnötig stören.«
    »Das
macht mir nicht das geringste aus.«
    »Laß es
uns entscheiden, wenn der Fall Lichtenstein abgeschlossen ist.«
    »Und
nach dem Fall Lichtenstein kommt ein neuer Fall, und dann wieder ein neuer.«
    Richard
fuhr sich über die Augen. »Ich verspreche dir, daß wir darüber reden, sobald
diese Sache erledigt ist.«
    Victoria
sah aus dem Fenster. »Weißt du noch, wie wir unten auf der Straße das neue
Jahrhundert bejubelt haben? Clara lachte, und David war betrunken. Die Leute
tanzten und sangen, und es war so kalt, daß der Sekt in den Gläsern gefror.«
Sie lächelte. »Dafür war es an unserem Hochzeitstag heiß wie im Backofen. Ach,
ich wünsche mir nichts mehr, als daß es wieder wie früher zwischen uns ist.
Kannst du das denn nicht verstehen? Und was Karl Hopf angeht: Wir haben uns
wirklich nur über Bücher unterhalten. Er hat mich und Flora übrigens morgen
nach Niederhöchstadt eingeladen. Ich hoffe, das ist dir recht?«
    Als er
schwieg, drehte sie sich zu ihm um. Er saß in einem Sessel und schlief. Tränen
schossen ihr in die Augen. War es ihm denn gleich, was sie dachte und fühlte?
Sie betrachtete sein Gesicht. Blaß sah er aus. Sie nahm eine Decke vom Bett und
legte sie ihm über.

»Sagen
Sie bloß, Sie haben auf dem Fauteuil übernachtet!« sagte Louise entsetzt, als
sie morgens ins Zimmer kam.
    Richard
stand schwerfällig auf. »Hm, ja. Offenbar.« Er wußte nicht, was ihn mehr
plagte, der Rücken oder der Kopf. Er rieb sich die Stirn. Victoria war
dagewesen, und sie hatten geredet, aber er konnte sich nicht erinnern, über
was. Er mußte mitten im Gespräch eingeschlafen sein!
    Louise
öffnete das Fenster. »Was möchten Sie zum Frühstück, gnädiger Herr?«
    »Danke.
Nichts.«
    »Aber
gnädiger Herr! Sie müssen
    »Lassen
Sie's gut sein«, sagte er lächelnd. Er zog sich um und ging zu Victorias
Zimmer. Vorsichtig öffnete er

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