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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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lächelte.
Wenn sie auf ihre Eltern gehört hätte, wäre sie heute mit Theodor Hortacker
verheiratet. Eine unerquickliche Vorstellung. Victoria schlug das Buch zu. Ganz
gleich, welche Wahl ihre Tochter träfe: Sie würde sie respektieren. Und jetzt
war es Zeit, mit der Arbeit zu beginnen.
    Sie
suchte alle Zeitungen heraus, die seit Lichtensteins Tod erschienen waren und
schnitt die entsprechenden Artikel aus. Zwar hatte sie die Berichterstattung
über den Mord verfolgt, aber systematisch war sie nicht vorgegangen. Die
Schilderung der grausamen Einzelheiten verursachte ihr auch beim zweiten Lesen
eine Gänsehaut. Wie konnte Richard annehmen, daß Karl Hopf zu einer solchen Tat
fähig wäre?
    Plötzlich
glaubte sie, seine grünen Augen zwischen den Zeilen zu sehen, spöttisch und
geheimnisvoll. Keine Frage: Hopf war ein attraktiver Mann. Konnte es sein, daß
Richard eifersüchtig auf ihn war? Der Gedanke tat gut. Auch wenn er die Sache
sicher nicht beförderte.
    Victoria
legte die Artikel nach Datum geordnet aufeinander und fing an, Notizen zu
machen. Die Polizei ist fast noch schweigsamer geworden. Wie wahr! Der
tatverdächtige Klaviertransporteur Groß hatte sich gestellt und war in Haft.
Und sein Komplice sollte Karl Hopf sein?... setzt die Polizei ihre
Nachforschungen auch nach anderer Richtung eifrig fort. Wurde damit Hopfs
Festnahme in Niederhöchstadt umschrieben? Mit Schaudern dachte sie an die kaum
verschorften Striemen auf seinem Rücken. Wer hatte ihm das angetan? Und warum? Denn
man muß immer mit der Möglichkeit rechnen, daß Groß nicht der Täter ist, und es
ist darum notwendig, unausgesetzt den vorhandenen Spuren nachzugehen und neue
ausfindig zu machen.
    Tessa
kam herein. »Sie haben Besuch, gnädige Frau.«
    Victoria
betrachtete die Karte. »Ich lasse bitten.«
    Karl
Hopf trug einen Straßenanzug und sah zerknirscht aus. Victoria reichte ihm die
Hand. »Daß Sie sich nach Ihrem Fauxpas noch hertrauen, finde ich mutig.«
    Er
bemerkte den Kristall und lächelte. »Schön, daß Sie inzwischen eine halbe
Minute zum Auspacken erübrigen konnten.«
    »Mit
Ihrer dummen Bemerkung haben Sie mich in eine unmögliche Lage gebracht!«
    »Das tut
mir aufrichtig leid.« Er nahm einen der Zeitungsartikel. »Der Polizei waren
bis gestern insgesamt zweihundertundachtzehn Mitteilungen in der Mordsache
zugegangen. Eine davon bin ich.«
    »Sie
wurden entlassen.«
    »Nicht
in den Augen Ihres Mannes.«
    »Und warum?«
    »Er mag
mich nicht. Wie andere mich auch nicht mögen.«
    Sie
deutete auf seinen Rücken. »Zum Beispiel der, der das getan hat?«
    »Für
einen Mörder gehalten zu werden, ist schlimmer.«
    »Warum
verdächtigt Richard Sie?«
    »Das
erwähnte ich bereits, oder?«
    »Ein
Bordellbesuch rechtfertigt keinen Mordverdacht.«
    »Tja,
das sagen Sie mal Ihrem Mann.«
    Als sie
sich empören wollte, machte er eine beschwichtigende Handbewegung. »Ich nehme
an, Ihr Mann hat sich von Gendarmeriewachtmeister Baumann aus Schönberg berichten
lassen.« Auf Victorias Blick fügte er hinzu: »Der Uniformierte, der in
Niederhöchstadt dabei war. Er glaubt, ich habe meine Frau umgebracht und trieb
es mit seinen Ermittlungen so arg,
    daß
sein Chef ihm ein Disziplinarverfahren aufbrummte. Seitdem haßt er mich und
stürzt sich mit Verve auf alles, was seine abstruse Theorie stützen könnte.
Sogar den Tod der armen Ännie will er mir ankreiden.«
    »Wer
ist Ännie?«
    »Die
alte Frau, die in der Hütte lebte. Sie war die persönliche Dienerin meiner Frau
und ertrug es nicht, daß ihre geliebte Josefa mit mir glücklich war.«
    »Dann
ist diese Ännie bei dem Feuer ums Leben gekommen?«
    Er
nickte. »Wissen Sie, wie das ist, einsam zu sein? Sehnsucht zu haben...
nachts?«
    Sie
berührte seinen Arm. »Ich verurteile Sie nicht. Ich möchte nur wissen, was die
Wahrheit ist.«
    »Im
Gegensatz zu mir war Hermann Lichtenstein verheiratet. Offenbar wurde er von
der Dame anschließend... nun ja, diskret belästigt. Das kommt vor.«
    Victoria
wußte, was er meinte. Viele Ehemänner gingen ins Bordell, und es gab Dirnen,
die ihr Wissen nutzten, um sich durch Erpressung ein kleines Zubrot zu
verdienen. Das hatte sie von Heiner Braun zu einer Zeit erfahren, die so lange
zurücklag, daß sie manchmal zweifelte, ob es sie je gegeben hatte. »Erzählen
Sie mir ein wenig von sich.«
    Hopf
grinste. »Ich habe Ihnen doch gesagt, wo Sie meine Biographie finden.« Er nahm
eins von Doyles Büchern aus dem Regal und schlug es auf. «Kenntnisse

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