Hahn, Nikola
die Suche vorgestern einstellen lassen.
Vermutlich hat ihn jemand gefunden und mitgenommen. Oder Groß hat ihn doch
woanders weggeworfen. Wir haben noch allerhand aufzuarbeiten, bis der Prozeß beginnt.
Ich habe Ihnen eine Aufstellung gemacht.« Er legte eine Liste auf den
Schreibtisch und ging.
Richard
sah Paul Heusohn an. »Wie, zum Kuckuck, haben Sie das Kunststück
fertiggebracht, ihn von der Effizienz von Fingerabdrücken zu überzeugen?«
Der
Junge zuckte die Schultern. »Eigentlich war das gar nicht so schwer, Herr
Kommissar.«
»Was
wollen Sie damit sagen, Heusohn?«
Er
lächelte. »Ich freue mich, daß Sie wieder da sind.«
Sie
verbrachten den Tag mit der Auswertung von Verhörprotokollen und Hinweisen,
und Richard stellte befriedigt fest, daß die Akte bei Beck in besten Händen
war. Es wurde schon dunkel, als ein Polizeidiener einen Besucher meldete. Der
Mann trug Arbeitskleidung und mochte in den Vierzigern sein. In der Hand hielt
er einen Weidenkorb. »Josef Schmitt, Wachnermeister«, stellte er sich vor.
»Was
kann ich für Sie tun?« fragte Richard.
Er nahm
einen verrosteten runden Metallblock aus dem Korb und legte ihn auf Richards Schreibtisch.
»Des hab ich heut moje hinner der Werkstatt im Schutt gefunne. Mei Fraa hat
gesacht, ich soll's Ihne bringe.«
»Wo
befindet sich Ihre Werkstatt?«
»Ei, in
der Richard-Wachner-Gaß, Herr Kommissar.« Richard nickte und bat ihn, im Flur
zu warten.
»Von
der Richard-Wagner-Straße bis zur Hansteinstraße sind es höchstens zwei
Minuten«, sagte Paul Heusohn.
Richard
deutete auf den Block. »Sie wissen also, was das ist?«
»Der
fehlende Stein in unserem Suchspiel, nicht wahr? Ich sage Herrn Beck Bescheid.«
Als
Laura sich angezogen hatte, ging sie zum Fenster. Die Dämmerung hatte
eingesetzt. Der Himmel schien direkt über den Häusern zu beginnen.
»Ich
habe mich entschlossen, zu heiraten«, sagte Martin Heynel.
Sie
fuhr herum, im Widerstreit der Gefühle, aber das Glück überwog. »Martin! Du
willst...?«
Er
legte ihr lächelnd die Hand auf den Mund. »Das muß ja nicht bedeuten, daß das
zwischen uns zu Ende ist.«
Laura
starrte ihn an. »Das ist nicht dein Ernst.«
»Warum
nicht? Vicki Biddling
Sie stieß
ihn von sich. »Ich hab's gewußt! Seit wir bei diesem Diner waren, spielst du
mir Theater vor!«
Er sah
sie verständnislos an. »Du hast gesagt, daß du nicht heiraten willst.«
»Weil
ich nicht heiraten kann! Weil es in diesem gottverdammten Land nicht opportun
ist, als Ehefrau einen ordentlichen Beruf zu haben!«
»Nicht
nur in diesem Land, oder?«
Sie
spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen. »Und wenn ich meine Stellung
aufgäbe? Würdest du ...«
»Laura,
bitte. Du weißt, daß das weder dich noch mich glücklich machen würde. Sieh
mal, das mit uns ist doch etwas ganz Besonderes.«
Am
liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpaßt. »Ja, sicher. Andere Männer müssen
dafür zahlen, und du holst es dir umsonst!«
Sie
konnte nicht sagen, wie sie ins Rapunzelgäßchen gekommen war. In ihrem Zimmer
war es klamm. Sie riß das Fensterchen auf. Den Himmel verbargen schiefe
Dächer, kein Stern war zu sehen. Im Fenster gegenüber bewegten sich zwei
Silhouetten im Schein einer Kerze. Laura krampfte sich das Herz zusammen. Keine
Sekunde hatte er nachgedacht, was er ihr antat! Er wollte nach oben und hatte
eine Frau gefunden, mit der er seinen Traum verwirklichen konnte. Eine
Frau,
die besaß, was sie selbst niemals haben würde: Anmut, Schönheit, Geld.
Es
klopfte. »Ich will nicht stören«, hörte sie Heiner Brauns Stimme. »Möchten Sie
Abendbrot?«
»Nein,
danke.«
»Ich
stelle es Ihnen vor die Tür, ja?«
»Nein!«
Sie fuhr sich übers Gesicht. »Kommen Sie herein.«
Er stellte
einen Teller mit Wurstbroten auf den Tisch. Laura wollte etwas sagen, aber sie
konnte nicht. Sie flüchtete in seine Arme und weinte. »Entschuldigen Sie«,
sagte sie, als sie sich wieder gefaßt hatte.
»Ach
was.« Er zeigte zum Tisch. »Sie sollten etwas essen.«
Sie sah
ihn an und wußte, daß sie nichts erklären mußte. »Warum benutzt er mich? Was
habe ich getan, daß er mich so behandelt?«
»Vielleicht
ist Herrn Heynel gar nicht bewußt, wie sehr er Ihnen weh tut.«
»Er
behauptet, er braucht mich, und im gleichen Atemzug sagt er, daß er eine andere
heiraten will.«
»Wen
denn?«
»Die
Tochter von Kommissar Biddling.«
»Das
hat er tatsächlich zu Ihnen gesagt? Daß er Vicki Biddling heiraten will?«
Laura
nickte. »Warum
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