Hahn, Nikola
hinnerher.«
Heiner
stutzte und sah Richard an.
Es war
schon dunkel, als Richard zurück ins Rapunzelgäßchen kam. Er legte den anonymen
Zettel auf den Tisch. Heiner Braun zeigte auf das Wort dochsror. »Daß
ich da nicht gleich drauf gekommen bin!«
»Den
Rest kapieren wir trotzdem nicht, oder?« »Doch.« Heiner verschwand in der Stube
und kam mit einer Stadtkarte wieder. Er breitete sie auf dem Küchentisch aus
und zeigte auf Bockenheim. »Kreuznacher Straße und die Firma Pokorny &
Wittekind. Die Eisenbahn.« Sein Finger fuhr eine Straße entlang und blieb auf
einer Kreuzung stehen. »Die Bockenheimer Warte. Außer der Bockenheimer gibt es
noch drei weitere Warttürme. Sie sind Teil einer alten Frankfurter Befestigungsanlage
und stammen aus der Zeit, als die Stadt noch mit den Rittern in Fehde lag. Die
hohen Herren stiegen nämlich
des
öfteren von ihren Bergen und klauten den Frankfurtern das Vieh von der Weide
oder auch mal ein paar Bürger, um Lösegeld zu kassieren.«
»Ich
bin nicht gekommen, um mit Ihnen einen Frankfurter Historienabend abzuhalten!«
sagte Richard ungeduldig.
»Welche
Geschichte erzählen Sie denn, Herr Braun?« fragte Laura von der Tür.
Heiner
grinste. »Die von der Frankfurter Landwehr, gnädiges Fräulein. Die einstigen
Wehrtürme haben zwar ihre ursprüngliche Bedeutung verloren, aber nicht
jegliche Funktion. Aus Trutzburgen wurden sozusagen Diener der Zivilisation.
Allerdings würden sich ihre mittelalterlichen Bauherren im Grabe herumdrehen,
wüßten sie, was man mit ihren Türmen angestellt hat. In den achtziger Jahren
riß man aus dreien die Böden heraus und nutzt sie seitdem als
Entlüftungsschächte für die Kanalisation. Daher rührt auch ihr Name.« Er
deutete auf den Zettel. Schtingtämche - Stinktermche - Stinktürmchen! Offenbar
kam Wenneckes Mörder durch die Kanalisation in die Fabrik.«
Laura
studierte den Zettel. »Wer hat das denn geschrieben?«
Heiner
faltete die Karte zusammen. »Jemand, der uns sagen wollte, daß wir mit unserer
Mordtheorie nicht falsch liegen.«
Richard
nahm den Zettel an sich. »Sie glauben also, daß es eine Kanalverbindung
zwischen diesem Stinkturm und der. Firma Pokorny gibt?«
Heiner
zuckte die Schultern. »Sonst hätte der Brief keinen Sinn, oder? Wenn es so ist,
gelangte der Mörder nicht nur unbehelligt aufs Gelände, sondern hatte darüber
hinaus alle Zeit der Welt, die Maschine zu manipulieren.«
»Mithin
muß er sich nicht nur mit Dampfhämmern auskennen, sondern auch mit der
städtischen Kanalisation vertraut sein«, folgerte Richard.
»Ja.«
Heiner sah Laura an. »Was ist mit Ihnen?«
Sie
fuhr sich übers Gesicht. »Der Tag war anstrengend. Ich gehe zu Bett.«
Heiner
sah ihr kopfschüttelnd hinterher. »Sonst kann sie gar
nicht
genug bekommen von unseren Theorien.« Er nahm die Kanne vom Herd und goß Richard
Kaffee ein. »Apropos Theorien. Ich habe gestern ein paar Ermittlungen
getätigt.«
»Könnte
Ihr Informant der anonyme Schreiber gewesen sein?« fragte Richard, als Heiner
seinen Bericht beendet hatte.
»Sicher
nicht. Hans kann keinen Buchstaben, geschweige ein Wort aufs Papier bringen,
selbst wenn es noch so falsch ist.«
»Und
Sie sind sicher, daß dieser Sepp bloß ein Mitläufer ist?«
Heiner
nickte. »Wennecke hat ihm gesagt, daß er Ihren Schwager mit obszönen
Photographien erpreßt, ohne das näher auszuführen. Und als Sepp Geld brauchte,
hat er sich daran erinnert. Als ich erwähnte, daß Ihr Schwager ledig ist,
fragte er, wofür er ihm dann fünfhundert Mark gegeben hat.«
»Wo
sind die Bilder?«
Heiner
zuckte die Schultern. »Ich glaube, Ihr Schwager hat recht. Wennecke war
lediglich ein Bote. Daß er seinem Kumpel Sepp und wohl auch anderen im Suff
von seinen Aufträgen erzählte, war vermutlich sein Todesurteil.«
»Und
wenn dieser Sepp ihn umgebracht hat?«
»Er ist
ein Gauner, aber nicht helle genug, um eine so überlegte Sache durchzuziehen.
Wenn er Wennecke hätte umbringen wollen, hätte er's auf die direkte Art
gemacht. Außerdem hat er kein Motiv. Er und Wennecke waren unzertrennliche
Zechbrüder. Als ich ihm sagte, daß er durch seine Erpressung den Zorn der eigentlichen
Auftraggeber auf sich gezogen haben könnte, wurde er so gelb wie sein
ungewaschenes Bettuch.«
»Festgenommen
haben Sie ihn nicht!«
Heiner
lächelte. »Ich bin pensioniert.«
»Ich
wette um mein Haupthaar, daß der Kerl weder Sepp heißt, noch an der
angegebenen Anschrift wohnhaft ist.«
Heiner
nahm ein Bündel
Weitere Kostenlose Bücher