Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
Vom Netzwerk:
gegessen!«
    Paul
Heusohn stand auf. »Ich lasse mich nicht kaufen«, sagte er und ging.
    Martin
Heynel starrte Laura an. »Was sagst du da? Biddling ist tot?«
    Sie
nickte. »Er hat sich gestern erschossen.« »Gestern?« Nervös lief er im Büro auf
und ab. »Wann? Warum?« »Ich hörte, er habe eine anonyme Nachricht nach Hause bekommen.
Was ist mit dir?«
    »Nichts«,
entgegnete er schroff.
    Kommissar
von Lieben kam herein. Er sah Heynel an. »Müssen Sie nicht zur Untersuchung
ins Polizeigefängnis?«
    »Kommissar
Biddling ist tot«, sagte Laura.
    »Ich
hab's gehört.« Er setzte sich und tat, als studiere er Akten, aber Laura
wußte, daß er nur darauf wartete, unbeobachtet zur Flasche greifen zu können.
    Auf dem
Weg zum Gefängnis sprach Martin Heynel kein einziges Wort, und Laura hing
ihren Gedanken nach. Sie hatte nichts gemerkt! Ausgerechnet sie war blind
gewesen für die Verzweiflung eines Menschen, der offenbar keinen anderen Ausweg
mehr gesehen hatte, als seinem Leben ein Ende zu machen. Allerdings wollte ihr
kein Grund einfallen, warum er es getan haben könnte. Aber hatte man ihr nicht
genau das vorgehalten? Daß sie keinen Grund gehabt hatte, daß sie selbst
schuld war?
    »Der
Kommissar hat wohl 'ne hübsche Leiche im Keller gehabt, wenn er sich die Kugel
gibt, was?« sagte Wachtmeister Kröpplin, als sie in die Gefängniswache kamen.
    »Halt
dein verdammtes Maul!« fuhr ihn Martin Heynel an.
    Es war
das erste Mal, daß der Oberwachtmeister während der Untersuchungen keinen der
üblichen derben Scherze machte, und auch nach der Rückkehr ins Büro blieb er
einsilbig. Laura gab es bald auf, mit ihm ein Gespräch anfangen zu wollen, und
sie war froh, als sie Dienstschluß hatte. Auf dem Flur war es still, aus
Biddlings Büro drang ein Geräusch. Sie klopfte, und ein zögerliches Herein
erklang. Paul Heusohn saß an Biddlings Schreibtisch und wischte sich hastig
über die Augen. Der Junge sah erschreckend aus.
    »Hat
sich etwas Neues ergeben?« fragte Laura.
    Er
zeigte auf ein Blatt Papier. »Der vorläufige Sektionsbefund. Könnten Sie mir
bitte sagen, was kardiovaskulär, Koronarsklerose und Vitalitätsdiagnose
bedeuten?«
    Laura
las. »Erinnern Sie sich an Kommissar Biddlings Zusammenbruch? Wie ich vermutet
habe, war er herzkrank. Bei oder unmittelbar nach der Schußabgabe muß er einen
Herzschlag erlitten haben. Beides für sich genommen war tödlich, aber es läßt
sich nicht genau sagen, woran er letztlich gestorben ist. Unter
Vitalitätsdiagnose versteht man die Feststellung, ob eine Verletzung zu
Lebzeiten oder nach dem Tode zugefügt wurde. Man erkennt es unter anderem an
Gewebseinblutungen in der Umgebung von Wunden, die nur nachweisbar sind,
solange ein Mensch lebt.«
    »Ja,
aber wenn diese Gewebsblutung fast nicht feststellbar ist, heißt das dann
nicht, daß Herr Biddling schon so gut wie tot war, als der Schuß abgegeben
wurde? Daß er die Waffe gar nicht mehr selbst halten konnte?«
    Laura
zuckte die Schultern. »Die Unterscheidung ist im Einzelfall nicht immer ganz
einfach. Man müßte weitere Untersuchungen anstellen, aber ich glaube nicht, daß
das gemacht wird. Der Befund ist ja ansonsten eindeutig.«
    »Nein!«
Der Junge schrie es fast. »Der Kommissar hat das nicht getan!« Seine Stimme
wurde zum Flüstern. »Wir haben zusammengearbeitet. Ich hätte etwas gemerkt.
Ganz bestimmt, Fräulein Rothe.«
    Sie
schluckte. »Ich war mehrere Jahre in Krankenhäusern tätig, Paul. Man sieht es
Menschen nicht an, wozu sie in der Lage sind.«
    Er
stand auf und nahm seine Jacke. »Am schlimmsten ist das Gefühl, versagt zu
haben. Schuld zu sein, weil man blind war. Und nur die eigenen Sorgen im Kopf
hatte. Einen schönen Abend noch.«
    Im
Rapunzelgäßchen warf die untergehende Sonne Muster auf die Fassaden. Heiner
Braun saß auf seinem Belvederche und blickte ins Leere.
    »Darf
ich mich ein wenig zu Ihnen setzen?« fragte Laura. Er deutete auf den Stuhl
neben sich. Sie nahm Platz. »Wußten Sie, daß Herr Biddling sehr krank war?«
    Heiner
sah sie fassungslos an. »Nein!«
    Laura
berichtete von seinem Zusammenbruch im Büro und dem Autopsiebefund. »Ich
vermutete gleich, daß es nicht der
    erste
Anfall war. Meinen dringenden Rat, einen Arzt aufzusuchen, wies Herr Biddling
ab. Bitte sagen Sie mir, was in dem Brief steht, Herr Braun.«
    »Er
kann das nicht geschrieben haben. Unmöglich.«
    »Seine
Frau hat das Recht, seine letzten Worte
    »Victoria
wird dieses Pamphlet bestimmt nicht zu Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher