Hahn, Nikola
Maschine
gearbeitet, an der Wennecke zu Tode kam. Die Bedenken Ihres Mannes waren nicht
unbegründet. Aber es gibt keinen Beweis.«
»Warum
hat Richard mir das nicht gesagt? Warum hat er immerzu Ausflüchte gesucht oder
geschwiegen? Warum, Herr Braun?« Sie zerknitterte ihr Taschentuch. »Ich habe
mich beim Automobilrennen vergnügt, während mein Mann einsam und verzweifelt...
Wie soll ich denn weiterleben?«
»Daß im
Moment einiges für Selbstmord spricht, heißt nicht, daß es wirklich so war.«
»Und
was glauben Sie, wie es war?«
»Ich
kann mir nicht vorstellen, daß Ihr Mann das getan hat. Aber selbst, wenn doch
...« Er faßte ihre Hände. »Was auch geschieht, ich bin immer für Sie da,
Victoria.«
Sie
nickte und ging in den Salon. Kommissar Beck sprach ihr ungelenk sein Beileid
aus. Sie ließ das Personal kommen, sagte, was geschehen war und erteilte
Anweisung, daß sich alle für eine Befragung der Polizei bereithalten sollten.
Sie schickte einen Boten ins Warenhaus, veranlaßte die telegraphische
Benachrichtigung von Richards Eltern in Berlin und beantwortete Becks Fragen.
Sie erledigte Formalitäten und nahm ihrem Bruder die Cognacflasche weg. Sie
ertrug Vickis Ablehnung und die unbewegte Miene ihres Vaters, weinte nicht,
dachte nicht, fühlte nicht. Der Tag verging, der Abend, die Nacht. Ein neuer
Morgen begann. Mit Vogelgezwitscher, blauem Himmel und Sonnenschein.
Kommissar
R. Biddling - persönlich -Untermainkai 18
Weh
dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld! Sie wird ihm nimmermehr erfreulich
sein. Schiller, Das verschleierte Bild zu Sais.
Ich
gebe Ihnen die Antwort auf Ihre Fragen. Warten Sie im Nizza vor dem
Grindbrunnen. Kommen Sie sofort und unbedingt allein!
Kommissar
Beck betrachtete kopfschüttelnd den mit Maschine geschriebenen Brief und gab
ihn Paul Heusohn. »Sie haben mit Biddling zusammengearbeitet. Was bedeutet
das?«
Der
Junge zuckte mit den Schultern. Sein Gesicht war blaß. »Ich weiß es nicht. Herr
Biddling hat gesagt, daß er den Fall Wennecke vorläufig abschließen will, weil
es keine Beweise für einen Mord gab.«
»Woraus
ziehen Sie den Schluß, daß das Schreiben auf die Sache Wennecke abzielt?«
»Wir
hatten sonst nichts Größeres in Bearbeitung. Woher haben Sie das?«
»Aus
Biddlings Jackett. Seine Frau sagte mir vorhin, daß er gestern früh eine
Nachricht bekam. Ich nehme an, daß es diese war. Sollte sich der Inhalt
tatsächlich auf die Ermittlung Wennecke beziehen, läßt das Zitat die Deutung
zu, daß Biddling selbst in die Sache verstrickt war.«
»Nein!«
sagte Paul Heusohn heftig.
»Es
besteht auch die Möglichkeit, daß jemand darin verstrickt ist, der ihm sehr
nahestand, und daß das der Grund für seine Kurzschlußhandlung war.«
»Das ist
barer Unsinn! Genauso wie es Unsinn ist, daß er sich umgebracht haben soll. Das
hätte er nie getan!«
»Was
macht Sie so sicher?«
Paul
Heusohn schaute zu Boden und schwieg.
»Die
Spurenlage am Tatort hat keinen Anhaltspunkt für eine Fremdeinwirkung gegeben«,
sagte Beck. »Wie es aussieht, hat er sich auf den Baumstamm gesetzt, die Waffe
an die Stirn gehalten und abgedrückt. Er fiel rückwärts auf einen Stein; außer
der Platzwunde am Hinterkopf sind keine Verletzungen vorhanden. Seine Waffe lag
unmittelbar neben ihm, und es fehlt nur ein Schuß. Die Leichenflecken sind
lagegerecht, und ich bin sicher, daß die Autopsie
Paul
Heusohn hielt sich die Hand vors Gesicht und rannte aus dem Büro. Als er
wiederkam, hatten seine Augen rote Ränder. »Bitte entschuldigen Sie, Herr
Kommissar.«
Beck
öffnete das Fenster. Luft strömte herein. »Glauben Sie bitte nicht, daß mir die
Angelegenheit gleichgültig ist. Aber wir müssen einen kühlen Kopf bewahren und
für Klarheit sorgen, bevor die Spekulationen ins Kraut schießen. Gab es im Zusammenhang
mit Ihren Ermittlungen in der Sache Wennecke irgendwelche Auffälligkeiten?«
»Ja. Vor ungefähr vier Wochen hat man mir für Informationen über den Fall Geld
angeboten. Wir haben nicht herausbekommen, wer dahintersteckt.«
»Wieviel?«
fragte Beck.
»Zunächst
vierhundert Mark.«
»Dafür
muß man eine ganze Weile Perlen fädeln, oder?«
»Woher
wissen Sie
»Ich
pflege mich zu erkundigen, mit wem ich zusammenarbeite. Biddlings Frau sagt,
ihr Mann sei gestern frühmorgens ins Präsidium gegangen. Haben Sie ihn
gesehen?«
»Nein.«
»Wo
bewahrte er seine Waffe auf?«
»Ich
glaube, zu Hause.«
»Ist
Ihnen in seinem Büro etwas aufgefallen? War etwas
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