Hahn, Nikola
nichts. Bitte entschuldigen Sie mich.«
Bevor
Beck etwas erwidern konnte, war sie verschwunden. Er schlug mit der Faust auf
den Tisch. »Herrgott noch mal! Wie soll ich die Wahrheit herausfinden, wenn mir
jeder nur Märchen auftischt?«
»Daß
sie Angst vor Ihnen hat, ist begreiflich«, sagte Heiner.
»Ach
ja? Hat sie Ihnen erzählt, was für ein Unmensch ich bin?«
»Sie
mußte nichts sagen.«
Beck
stand auf. »Eine weitere Befragung hat wohl keinen Sinn.«
»Nein«,
sagte Heiner. »Denn Sie haben Ihr Urteil ja gefällt.«
»Sie
doch auch«, erwiderte Beck und ging.
Kurz
darauf kam Anna Frick zurück. »Kann ich Sie bitte sprechen?«
Heiner deutete
auf einen Stuhl. »Sollten Sie wegen Kommissar Beck Befürchtungen haben, kann
ich Sie beruhigen.«
Sie
setzte sich. »Nein. Es geht um... Ich möchte das nicht, Herr Braun.«
Er sah
sie verständnislos an. »Was möchten Sie nicht?«
»Bitte verstehen
Sie mich nicht falsch. Ich bin dankbar, daß Sie mir die Miete ermäßigt und bei
Frau Lichtenstein ein gutes Wort eingelegt haben. Eine weitere Unterstützung
ist nicht nötig.«
»Ich
weiß wirklich nicht, was Sie meinen.«
»Die
Zahlung an den Vormund meines Sohnes! Ich finde
»Hat
Fräulein Rothe doch geplaudert? Sehen Sie's als kleine Spende an.«
»Es
handelt sich nicht um eine kleine Spende, Herr Braun«, sagte Anna Frick ernst.
Je
länger Laura darüber nachdachte, desto sicherer war sie, daß Biddlings Selbstmord
mit dem Bericht aus Stuttgart zusammenhing. Er mußte irgend etwas
herausgefunden haben, das so schlimm war, daß er damit nicht weiterleben
konnte. Aber was? Die einzige, die ihr eine Antwort geben konnte, war Gräfin
von Tennitz.
Am
Montag machte Laura pünktlich Feierabend, und als Martin Heynel lächelnd zur
Decke deutete, schob sie einen wichtigen Termin in der Centrale für private
Fürsorge vor. Sie mußte endlich Klarheit haben.
Sie
fühlte Schmerz und Beklemmung, als sie vor der Villa der Gräfin aus der
Droschke stieg. Was für ein perfektes Paar Martin und Vicki Biddling abgegeben
hatten! Wie verliebt sie ihn beim Tanzen angeschaut hatte! Und dann die
Begegnung im Garten. Die Gräfin war wütend gewesen, aber in ihren Augen hatte
Angst gestanden. Weil sie es nicht ertrug, daß jemand sie schwach und hilflos
sah? War das Bild im flackernden Lichtschein doch keine Gaukelei gewesen? Mit
Gewalt verdrängte Laura ihre Gedanken und schellte.
Ein
rothaariges Dienstmädchen öffnete. »Gräfin von Tennitz empfängt heute keinen
Besuch.«
»Es ist
wichtig!« beharrte Laura.
»Ich
bedaure. Frau Gräfin ist krank.«
»Sagen
Sie ihr, Polizeiassistentin Rothe ist da, und es geht um Leben und Tod!«
Das
Mädchen erschrak und verschwand. Es dauerte lange, bis sie wiederkam. Laura
folgte ihr über eine breite Marmortreppe in einen Salon im ersten Stock.
Teppiche und Vorhänge waren schlicht, die wenigen Möbel ausgesucht plaziert.
Vom Handgriff der Tür bis zu den mit floralen Motiven bedruckten Tapeten
strahlte der Raum Würde aus. Die Gräfin stand am Fenster. Sie trug eine
hochgeschlossene Empfangstoilette und einen Trauerschleier. »Um was geht es?«
»Ich
möchte Sie etwas fragen, das vielleicht im Zusammenhang mit Herrn Biddlings
Tod steht«, sagte Laura »Er war in der vergangenen Woche bei Ihnen. Es ging um
Cilla Rebenstadt.«
»Von
Ihnen stammt das also! Mein Schwager hat wortreiche Ausflüchte gemacht, als ich
insistierte, wer solche Indiskretionen weitergibt. Wer weiß noch davon?«
»Nur
Herr Biddling, ich, und ein Informant aus Stuttgart.«
»Wer
ist der Informant?«
Laura
überlegte, was sie sagen könnte, ohne Henriette Arendt in Verlegenheit zu
bringen. Cornelia von Tennitz nahm ihr die Entscheidung ab. »Sie wollen wissen,
ob es wahr ist, was in diesem Bericht steht? Ja. Aber es ist nicht die ganze Geschichte.«
»Verzeihen
Sie. Ich wollte Ihnen bestimmt nicht zu nahe treten.«
Sie
lachte. Es klang bitter. »Da Sie nun einmal angefangen haben, in meiner
Vergangenheit zu graben, kann ich Ihnen den Rest auch erzählen, oder? Unter der
Voraussetzung allerdings, daß ich mich auf Ihre absolute Verschwiegenheit
verlassen kann.«
Laura
nickte. Cornelia von Tennitz zog die Gardine beiseite und sah in den Garten
hinaus. »Ehrenfried Gandolf Graf von Tennitz brachte außer seinem adligen Namen
nur eins mit in unsere Ehe: jede Menge Schulden. Er brauchte so dringend Geld,
daß er den Teufel höchstpersönlich geheiratet hätte, um welches zu bekommen.
Ich war für ihn nie
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