Hahn, Nikola
Sache war.
Anna
Frick hatte ein blaues Kleid an, und ihr Haar war nicht so streng frisiert wie
sonst. Sie bat Beck herein, zeigte auf einen Stuhl. Er nahm Platz, die Blumen
noch in der Hand. Seine Haltung verriet, wie unwohl er sich fühlte. »Bitte,
glauben Sie mir: Ich wollte nur verhindern, daß Sie Ihr Kind aus Not in fremde
Hände geben.«
»Warum?«
»Ich
hielt es für meine Pflicht.«
»An
Christians Vormund wurde ein größerer Geldbetrag zur Abdeckung der
Betreuungskosten gespendet. Dachten Sie, das reiche mir nicht?«
»Es
hätte sein können, daß es so ist.«
Sie war
fassungslos. »Also stammt dieses Geld tatsächlich von Ihnen?«
»Nun...
ja.«
»Was
sagt Ihre Familie dazu, wenn Sie wildfremden Frauen Geldgeschenke machen?«
»Ich
habe keine Familie.« Er stand auf und hielt ihr unbeholfen die Blumen hin.
»Wollen Sie meine Frau werden, Fräulein Frick?« Als fürchtete er, sie könnte
ihn hinauswerfen, fuhr er hastig fort: »Ich kann Ihnen einen angemessenen
Hausstand bieten. Ich habe geerbt und verfüge auch sonst über einige Mittel, so
daß...«
»Sie
machen sich lustig über mich.«
Er ließ
die Blumen sinken. »Aber nein!«
Sie
wagte nicht zu hoffen, daß er etwas für sie empfinden könnte, daß das der Grund
für sein sonderbares Verhalten war. Ein Mann in seiner Stellung heiratete keine
mittellose Angestellte, die im Gefängnis gesessen hatte! Sie merkte, wie ihr
Augenlid anfing zu zucken. »Wie wollen Sie es Ihren Vorgesetzten erklären, daß
Sie eine Vorbestrafte zur Frau zu nehmen gedenken, die noch dazu ein
uneheliches Kind hat?«
»Ich
habe bereits entsprechende Gespräche geführt. Wenn Sie bereit wären, zu sagen,
daß Ihr Sohn von mir... Nun, in diesem Fall würde ich die Genehmigung zur
Heirat bekommen.«
»Ich
soll Sie als Vater meines Kindes angeben? Ausgerechnet Sie? Das ist nicht Ihr
Ernst.«
Er
starrte auf die Blumen und schwieg.
»Warum
sagen Sie nicht endlich, was Sie wirklich von mir wollen? Wo ist der Haken,
Herr Beck?«
Er
schien buchstäblich in sich zusammenzusinken. »Sie haben recht. Ich darf das
nicht tun. Sie sind noch jung, und Sie würden mich verachten wie Theodora mich
verachtet hat.« Er legte die Blumen auf den Tisch und wandte sich zum Gehen.
Anna
Frick kämpfte mit den Tränen. »Finden Sie nicht, daß Sie mir eine Erklärung
schulden? Wer ist Theodora?«
»Sie
war meine Frau.«
»Was
heißt war? Ist sie gestorben?«
Er sah
sie nicht an. »Ich wußte es, und ich habe sie trotzdem geheiratet. Sie hatte
das Recht, die Annullierung der Ehe zu verlangen. Und daß ich mich öffentlich
dazu bekenne. Damit sie die Möglichkeit bekam, eine neue Ehe einzugehen.«
»Wozu
sollten Sie sich bekennen?«
»Ich
kann einer Frau nicht geben, was sie sich am meisten wünscht. Ich werde niemals
Vater sein.«
Er
sagte es, als spreche er übers Wetter, aber Anna Frick spürte, wie demütigend
dieses Bekenntnis für ihn war. »Sie machen mir einen Heiratsantrag, und ich
weiß nicht einmal, wie Sie mit Vornamen heißen.«
»Peter.
Entschuldigen Sie. Ich muß gehen.«,
»Möchtest
du denn meine Antwort gar nicht hören, Peter?«
Er sah
sie an, als habe sie in einer fremden Sprache geredet. Sie lächelte verlegen. »Ja,
ich will.«
Kein
Ton kam über seine Lippen. Anna zeigte zum Tisch. »Deine Blumen sind
wunderschön. Bitte verzeih meine Unhöflichkeit.«
Er
nickte. Scheu berührte er ihr Haar und ihr Gesicht. Dann lächelte er. Und küßte
sie mit einer Zärtlichkeit, die sie ihm niemals zugetraut hätte.
Zwanzig
Minuten später saß Peter Beck in der Küche und hörte sich an, was Heiner Braun
zu berichten hatte.
»Sie
wissen, wie delikat die Angelegenheit ist, Herr Braun. Und Sie werden
verstehen, daß die Dinge einer genauen Abklärung bedürfen. Einen schnellen
Erfolg kann ich nicht versprechen.« »Das verstehe ich durchaus, Herr
Kommissar.« Beck stand auf. Heiner gab ihm die Hand. »Ich habe mich in Ihnen
getäuscht.«
Er
verzog keine Miene. »Das freut mich, Wachtmeister.« Als Laura Rothe am nächsten
Morgen zum Dienst kam, glaubte sie ihren Ohren nicht zu trauen. Aber es war
unzweifelhaft Kommissar Beck, der hinter der Zeitung ein Liedchen vor sich hin
summte.
Bis zum
übernächsten Morgen hatte Peter Beck den Aufenthaltsort der beiden Männer
ermittelt, die die Schreibmaschine im Pfandhaus abgegeben hatten. Ihre Aussage,
die Maschine am Mainufer gefunden zu haben, war nicht glaubhaft, allerdings
auch nicht zu widerlegen. Am folgenden Tag
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