Hahn, Nikola
mal?«
»Warum
kannst du nicht endlich die Klappe halten!« sagte der zweite Mann.
»Weil
mir die Sache langsam stinkt, Ludwig!«
»Da
vorn scheint's zu sein«, sagte Ludwig. Sie erreichten die Lichtung. Ludwig
zeigte auf den verfallenen Holzverschlag am jenseitigen Ende. »Meinen Sie das
da?«
Heiner
nickte. Sie überquerten die Wiese und hörten ein Pferd wiehern. Die Reiterin
hatte offenbar hinter der Hütte gewartet. Sie war groß und schlank und trug
schwarze Handschuhe zu einem roten Dreß. In der rechten Hand hielt sie ein
Seil, in der linken eine Peitsche. Ihr Gesicht verbarg eine Ledermaske, die
nur Augen und Mund erkennen ließ. »Wo bleibt ihr so lange?« herrschte sie die
Männer an.
»Verzeihen
Sie. Wir hatten eine kleine Panne«, sagte Ludwig.
»Guten
Tag, Signora Runa«, sagte Heiner.
Sie
warf Werner das Seil hin und deutete mit der Peitsche auf einen Baum. »Zieht
ihm den Mantel aus und bindet ihn fest!«
»Nein!«
sagte Werner. »Das war nicht abge...«
»Tun
Sie gefälligst, was ich sage!«
»Glauben
Sie mir jetzt?« fragte Heiner.
Werner
sah die Frau an. »Was haben Sie mit ihm vor?«
Sie
lachte. »Nun ja, manche Kunden wünschen die Behandlung eben in freier Natur.«
»Soll
das heißen...?«
»Ein
kleines Spielchen, wie ihr es auch zuweilen schätzt, oder? Zumindest hat mir
das die liebe Zilly erzählt.«
»Los,
Werner!« drängte Ludwig. »Laß uns tun, was sie sagt, und dann verschwinden
wir.«
»Sie
machen sich der Beihilfe an einem Mord schuldig«, sagte Heiner.
»Schweig!
Oder ich fange mit der Behandlung gleich an!« sagte Signora Runa.
Ludwig
grinste. »Kompliment. Perfekt inszeniert, das Ganze.«
»Ein
Spiel kann man beenden«, sagte Heiner. »Und das werde ich jetzt tun.« Er machte
Anstalten, zu gehen.
»Nehmen
Sie die Hände hoch, Braun«, sagte sie kalt.
Werner
starrte auf den Revolver in ihrer Hand. »Das mache ich nicht mit!«
»Bindet
ihn, oder ihr werdet es bereuen!« schrie sie.
Ludwig
packte Heiner und zog ihn zu dem Baum. Werner hob zögernd das Seil auf.
»Fragen
Sie sie, was mit dem Mann geschehen ist, den Sie am 17. Juni hierhergebracht
haben! Fragen Sie
Die
Signora zielte auf seinen Kopf. »Noch ein Wort, und ich drücke ab.«
Sie
fesselten ihn, daß er kein Glied mehr rühren konnte. Das Ende des Seils
schlangen sie um seinen Hals. »Sie werden damit nicht durchkommen, gnädige
Frau«, sagte er.
Sie
warf Ludwig ein Taschentuch hin. »Stopf ihm das Maul!«
»Ich
finde, das geht zu weit!« erregte sich Werner.
»Sie
haben ja recht«, sagte sie versöhnlich. »Aber was soll ich machen? Das gehört
nun mal zum bestellten Programm.«
Ludwig
steckte Heiner den Knebel in den Mund. »Uns wurde eine Aufwandsentschädigung
versprochen.«
»Selbstredend.
Schließlich hatten Sie ja einen erheblichen Aufwand, nicht wahr?« Sie zog ein
cremefarbenes Kuvert aus ihrer Reitjacke und gab es ihm.
Er
starrte mit offenem Mund hinein. »Sind Sie sicher, daß das...«
»Die
Wartung eines Automobils ist nicht gerade billig, oder? Und mein Kunde zahlt
gut. Auch wenn er nicht so aussieht.«
Werner
nahm Ludwig den Umschlag ab und gab ihn zurück. »Wir wollen Ihr Geld nicht.«
»Das
ist dumm. Wirklich außerordentlich dumm, mein Herr.«
»Wir
werden warten«, sagte Werner. »Und ihn wieder mitnehmen, wenn Sie fertig
sind.«
»Spinnst
du?« rief Ludwig.
»Ihr Freund
hat recht«, sagte sie. »Wie soll sich mein Kunde denn entspannen, wenn Sie
dabei zuschauen?«
Ludwig
steckte den Umschlag ein. »Du hast gehört, was die Signora sagt. Es ist ein
Spiel, und wir haben die Regeln zu beachten. Also, komm jetzt!«
»Nein!«
»Soll
ich es Ihnen beweisen?« Bevor Werner antworten konnte, hielt sie sich den
Revolver an den Kopf und drückte ab. Sie hörten ein Knacken. »Na? Beruhigt?«
»Siehst
du!« sagte Ludwig. »Alles bloß Theater.« Er drehte sich um und ging. Werner
warf Heiner einen letzten Blick zu und folgte.
Signora
Runa wartete, bis sie im Wald verschwunden waren. Sie holte die Patronen aus
ihrer Jackentasche und lud den Revolver. Heiner versuchte, etwas zu sagen. Sie
strich ihm mit der Waffe übers Gesicht. »Haben Sie Angst, Wachtmeister? Wovor?
Ich löse nur mein Versprechen ein. Sie werden die Wahrheit erfahren. Und es
ist durchaus angenehm, daß Sie mir nicht dazwischenreden können.« Sie zeigte
auf die Hütte. »Hier hat es angefangen, und hier wird es enden. Das wußte ich
schon, als ich nach all den Jahren nach Frankfurt zurückkam. Ich wußte
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