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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Heiners Hals. »Wissen Sie,
als ich jung war, dachte ich, daß die
    Liebe
das Höchste und Schönste ist, was ein Mensch empfinden kann. Nichts als
Selbstbetrug! Zu lieben heißt, schwach zu sein, sich einem anderen
auszuliefern, sich von ihm täuschen, verletzen, demütigen zu lassen. Nein! Es
gibt kein erhabeneres, kein erregenderes Gefühl als die Macht, den Feind zu
zertreten, vom Schlachtfeld im Triumph heimzukehren, das Spiel nicht zu
spielen, sondern es spielen zu lassen!« Sie zog das Seil an und amüsierte sich
über Heiners Anstrengung, Luft zu bekommen.
    »Ich
hatte in all den Jahren keinen Kontakt nach Frankfurt, und meine Eltern haben
nie ein Wort über die Sache verloren. Deshalb traf es mich wie ein Schock, als
ich nach dem Tod meines Mannes zurückkam und erfahren mußte, daß Biddling und
Victoria Könitz geheiratet hatten, ja, daß ich durch die Ehe meines Bruders
sogar mit ihm verschwägert war! Ausgerechnet mit dem Mann, den ich mehr als
alles andere haßte auf der Welt! Sicher, ich hätte ihn umbringen lassen können,
eine Kugel aus dem Hinterhalt, ein Überfall in einem dunklen Winkel... Aber ich
war nicht so dumm, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ganz abgesehen davon,
daß ein schneller Tod keine Strafe ist. Schließlich verkommt das beste Spiel
zur Farce, wenn der Favorit zu schnell stürzt, nicht wahr? Also machten Zilly und
ich uns einen Spaß daraus, passende Zitate auszusuchen, die ich ihm von Zeit zu
Zeit in der Hoffnung zukommen ließ, daß die Erinnerung ihm Alpträume bescheren
und seinen Vorgesetzten die Entscheidung erleichtern würde, ihn im Präsidium
kaltzustellen. Leider war ich etwas unvorsichtig dabei. Eines Tages stand
Wachtmeister Heynel vor meiner Tür, und mir blieb nichts anderes übrig, als mit
ihm zu kooperieren.
    Anfangs
klappte es recht gut. Er verfügte über Kontakte, die mir für, sagen wir,
niedere Aufgaben durchaus zupaß kamen: Wennecke und dieser verrückte Italiener,
halbseidene Damen aus der Altstadt, wohl auch der eine oder andere Beamte aus
dem Präsidium. Heynel hatte das, was ich im Großen plante, im Kleinen bereits
umgesetzt, ich war also nicht wirklich unglücklich über unser Arrangement,
auch wenn es mich eine ordentliche Stange Geld kostete. Durch ihn war ich
außerdem
    einigermaßen
im Bilde, was Biddling anging. Kennen Sie das prickelnde Gefühl, den Gegner in
der Falle zappeln zu sehen, obwohl er selbst noch nichts davon weiß? Vermutlich
nicht.
    Als
mein lieber Schwager nach Lichtensteins Tod zum ersten Mal in die Laterna kam,
war ich zufällig dort, und es wäre kein Problem gewesen, wie in ähnlichen
Fällen, über die Hintertreppe zu verschwinden und alles weitere Zilly zu
überlassen. Aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn klein zu
sehen, seine Angst zu spüren. Schade, daß es zu dunkel war, sein Gesicht
richtig zu erkennen. Was ich tat, war unvernünftig, aber das Spiel mit dem
Feuer reizte mich - um so mehr, als er völlig ahnungslos war. Und doch hatte
ich ihn unterschätzt. Einige Tage vor dem Gordon-Bennett-Rennen kam er zu mir
und erzählte eine ähnliche Geschichte wie Sie, doch genau wie bei Ihnen gelang
es mir, ihn zu beschwichtigen. Es ist für Männer wohl schwer vorstellbar, daß
eine Frau ... Ach, lassen wir das. Mir war jedenfalls klar, daß der Burgfrieden
nicht von Dauer sein würde. Noch einmal würde er mein Leben nicht zerstören!
Also mußte ich handeln. Den Rest kennen Sie.«
    Sie
nahm Heiner den Knebel aus dem Mund. Er rang nach Luft. »Und was war mit Hopf?«
    »Karl
und mich verbindet eine sehr intensive Freundschaft. Ich lernte ihn durch Zilly
kennen. Die dumme Gans hatte sich in ihn verliebt und fühlte sich nicht mehr in
der Lage, ihn zu bedienen. Ich habe ihm eine neue Herrin besorgt.«
    »Victorias
Schwester Maria.«
    Sie
lachte. »O ja. Sie klagte mir ihr eheliches Ungemach, und ich half ihr, sich von
dem angestauten Zorn zu befreien, wenn Sie verstehen, was ich meine. Seitdem
ist sie eine zufriedene Frau.«
    »Ihr
Mann weiß über diese Dinge Bescheid?« fragte Heiner fassungslos.
    »Ach
was! Mein Bruder Theodor ist zwar alles andere als ein zartbesaiteter Mensch,
und nebenbei bemerkt, gutzahlender Kunde in der gewöhnlichen Abteilung der Laterna, aber der Gute würde in Ohnmacht fallen, wenn er wüßte, womit sich
    seine
holde Gattin in seiner Abwesenheit die Zeit vertreibt. Maria hat übrigens keine
Ahnung, daß meine Hilfe professioneller Art war. Sie glaubt, es sei eine
kleine, private

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