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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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sagte Heiner, als sie in die
Forsthausstraße einbogen.
    »Das
geht Sie nichts an«, entgegnete der Chauffeur.
    »Sie
sind diesen Weg schon einmal gefahren. Am 17. Juni, dem Tag des
Gordon-Bennett-Rennens.«
    »Ist
das etwa verboten?«
    »Nein.
Aber Ihr damaliger Fahrgast hat den Ausflug nicht überlebt. Und ich habe die
Befürchtung, daß es mir ähnlich ergehen wird.«
    »Was
erzählen Sie da? Der war putzmunter, als er am Sandhof aus dem Wagen stieg!«
    »Laß
dich nicht kirre machen, Werner« sagte der zweite Mann, der hinter Heiner auf
der Rückbank saß.
    »Er war
ein Beamter des Polizeipräsidiums und hieß Richard Biddling«, fuhr Heiner fort.
»Man fand ihn anderntags mit einer Kugel im Kopf im Wald. Wahrscheinlich an der
gleichen Stelle, an der man mich morgen finden wird.«
    »Sie
sind ja verrückt. Komplett irre!« sagte der Mann namens Werner. »Wir haben den
Auftrag, Sie in den Stadtwald zu bringen. Nicht mehr und nicht weniger werden
wir tun.«
    »Und
wem schulden Sie diese Gefälligkeit? Zilly?«
    »Woher
wissen Sie
    »Mensch,
halt's Maul, Werner!«
    »Hat
sie Ihnen angedroht, daß sie Ihren Ehefrauen ein paar nette Photographien
schickt, wenn Sie nicht tun, was sie verlangt?«
    Werners
Gesicht verriet, daß er ins Schwarze getroffen hatte. Fünf Minuten später waren
sie am Ziel.
    »Was
haben Sie für Ihren Sohn getan?« fragte Victoria.
    Zilly
nahm eine der Photographien. »Dieser Dreckskerl hat ihn verkauft! Für ein paar
Mark verschachert wie Vieh! Und mir vorgespielt...«
    »Wer
hat wen verkauft? Bitte, sagen Sie mir endlich, was los ist!«
    »Ich wußte
ja, daß er ein Schwein ist, aber ich glaubte, er hätte wenigstens ein bißchen
Ehrgefühl. Nichts hatte er! Und sie ist keinen Deut besser.« Sie steckte sich
eine neue Zigarette an. Victoria sah, daß ihre Hände zitterten. »Graf von
Tennitz versprach, dafür zu sorgen, daß es mein Junge gut hat, wenn ich ihm zu
Diensten bin. Alles, was ich verlangte, war ab und zu ein Bild. Um zu sehen,
was aus ihm wird. Damit ich...« Sie konnte nicht weitersprechen. Sie setzte die
Flasche an und trank sie leer. »Wachtmeister Braun hat mir einen Brief gezeigt.
Polizeiliche Erkenntnisse nennt man das wohl? Tennitz hat gewerblich Kinder
verkauft.« Sie zeigte auf die Photographien. »Und das da hat er inszeniert,
damit ich ihn weiterhin willig bediente.«
    »Und
was war, nachdem Wachtmeister Braun Ihnen den Brief gezeigt hat?«
    »Ich
sagte, ich wisse von nichts, und er ist gegangen.«
    »Wohin?«
    Sie
zuckte die Schultern. Victoria faßte sie am Arm. »Wollen Sie Geld? Wieviel? Ich
zahle Ihnen jede Summe!«
    »Ich würde
es Ihnen sagen, wenn ich wüßte, wo er ist.«
    Victoria
hielt ihr Heiners Notiz hin. »Sie wissen Bescheid. Also hören Sie auf, mich
anzulügen!«
    »Ich
habe einige dieser Briefe geschrieben, ja. Aber ich kannte den Grund nicht. Ich
kenne ihn noch immer nicht. Ehrlich gesagt, ist er mir auch egal. Als Ihr Mann
nach Lichtensteins Tod hier war... Er war nicht der Mensch, den ich erwartet
hatte.« Sie drückte die Zigarette aus. »Ich sollte einen Wagen bestellen. Ein
Automobil mehr am Tag des Großen Rennens. Das fiel gar nicht auf.«
    Victoria
spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. »Und dieses Automobil haben Sie
heute wieder bestellt?«
    Sie
nickte. »Eigentlich müßten sie längst hier sein.«
    »Wer?«
    »Zwei
Kunden von mir. Aber sie wissen nicht mehr als ich.« Sie nahm einen Brief aus
der Etagere. »Den soll ich ihnen geben.«
    Victoria
riß den Umschlag auf. »Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeit. Der Auftrag
hat sich erledigt«, las sie vor.
    Zilly
starrte sie an. »Bitte? Das hat doch überhaupt keinen Sinn!«
    »Ich wette,
es gab einen zweiten Brief«, sagte Victoria tonlos. Sie brauchte nicht zu
fragen, von wem er war. Sie brauchte gar nichts mehr zu fragen. »Haben Sie
irgendeine Waffe?«
    »Eine
alte Pistole. Aber
    »Gibt
es hier einen Stall?«
    »Ja.
Warum?«
    »Ich
brauche Ihre Pistole und ein Pferd. Schnell!« »Sind Sie denn nicht mit Ihrem
Wagen hier?« »Das dauert viel zu lange.« Victoria knöpfte ihr Kleid auf.
»Bitte, Zilly! Und ein paar anständige Hosen.« »Sie lieben ihn.« Es war eine
Feststellung, keine Frage.
    Werner
fluchte, als er an einer Brombeerranke hängenblieb. »Ich weiß bei Gott nicht,
warum wir durch diesen bescheuerten Wald laufen müssen!«
    »Sie
sind das letzte Mal nicht mit zu der Hütte gegangen?« fragte Heiner überrascht.
    »Welche
Hütte, verdammt noch

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