HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
ungebetene Zeugen gab. Wer also ging dieses Risiko ein? Entweder hatte es sich bei dem Mord um einen Racheakt gehandelt, oder… oder man hatte einen Profi auf die geplante Tötung angesetzt. Aber so etwas kostete viel Geld, vorausgesetzt, dass sich niemand selber die Finger schmutzig machen wollte. Bernd kam zu dem Schluss, dass derjenige, der den Mord in Auftrag gegeben hatte, nicht arm wie eine Kirchenmaus gewesen sein konnte. Möglicherweise steckte ein Unternehmen hinter dem Anschlag auf den Ortsbürgermeister.
Vielleicht lag Bettina mit ihrer Theorie, dass die Verantwortlichen des Flughafens etwas mit dem Mord zu tun haben könnten, gar nicht mal so falsch.
Als er die Bundesstraße 53 an der Abfahrt Enkirch verließ, hatte er einen ersten Denkansatz. Vielleicht konnte ihm Bettina weiterhelfen. Die Angehörigen des Toten würden ihm nichts erzählen; immerhin war er kein Polizist. Kaltenbach fuhr langsam die Sponheimer Straße hoch. Auf Höhe des Sponheimer Hofes fand er einen Parkplatz. Er stellte die Maschine auf den Ständer und verstaute den Helm im Koffer, während sein Blick über die malerischen Fachwerkfassaden des Oberdorfes schweifte. Dann marschierte er die Straße ein Stück hinauf. Rechts lag das ehemalige Haus seines Onkels, links gegenüber wohnte Bettina. Sie lebte allein im Fachwerkhaus ihrer Eltern. Unter dem Dach gab es ein Atelier, in dem sie in den Abendstunden bei einem Glas Wein immer gemalt hatte. Unwillkürlich fragte er sich, ob sie das wohl immer noch tat. Kaltenbach stand ein wenig unschlüssig vor dem Haus und blickte an der Fassade empor.
Ein Polo parkte vor dem Haus, wahrscheinlich war es Bettinas Auto. Schon früher hatte sie einen alten Polo gefahren, allerdings das Vorgängermodell. Er legte den Finger auf den Klingelknopf. Drinnen schlug erst eine Glocke, dann ein Hund an. Dem tiefen Bellen nach zu urteilen, musste es sich um einen ziemlich großen Hund handeln. Bernd wich einen Schritt zurück. Große Hunde waren ihm nicht geheuer.
Die Tür öffnete sich, und Bettina blickte ihn überrascht an. „Schön, dass du zurückgekommen bist“, sagte sie dann.
Unwillkürlich fragte er sich, ob sie ihr heutiges Treffen meinte oder ob sie von ihrer gemeinsamen Vergangenheit sprach. Prompt meldete sich sein schlechtes Gewissen. Er wollte gerade einen Schritt ins Haus machen, als sich ein großer braunweißer Fellberg an seiner Herrin vorbeischob und aus braunen Augen neugierig zu ihm aufblickte. Allein der Kopf des Hundes war größer als Kaltenbachs Schädel.
„Um Gottes willen – was ist das?“, fragte Bernd, der das Hundegebell schon wieder vergessen hatte.
Bettina lächelte. „Das ist der einzige Mann in meinem Leben.“ Der seltsame Unterton in ihrer Stimme blieb Kaltenbach nicht verborgen, doch er ging nicht darauf ein. Bettina tätschelte den Berner Sennenhund. „Darf ich vorstellen: Vincent van Gogh, aber seine Freunde nennen ihn Vince.“
„Dann möchte ich sein Freund sein“, lachte Bernd, der erleichtert feststellte, dass das Tier freudig mit dem Schwanz wedelte.
„Komm schon rein, oder hast du Angst?“ Sie machte den Eingang frei.
Die Frage: Angst – wovor? sparte sich Bernd und folgte ihr ins Wohnzimmer. Vincent van Gogh trottete ihnen nach, drehte im Wohnzimmer einige Runden um die eigene Achse, wartete, bis Kaltenbach und Bettina sich auf den beiden Sofas gegenübersaßen und ließ sich dann schnaufend auf ein verwaschenes Fell sinken. Hier angekommen, legte er den massigen Kopf auf die Vorderpfoten und träumte mit offenen Augen in den Tag hinein. Bettina verschwand in der Küche, um Getränke zu holen. Sie kehrte mit einer Flasche Wein vom Steffensberg und zwei Gläsern zurück.
„Für mich bitte nicht – ich muss doch noch fahren.“
„Dann ein anderes Mal“, erwiderte Bettina schulterzuckend und füllte ihr Glas. Sie betrachtete ihn nachdenklich über den Rand des Glases und trank dann, um sich genießerisch über die Lippen zu lecken.
„Ich war bei der Polizei in Zell“, eröffnete Bernd schließlich das Gespräch.
„Und?“ Bettina schlug die Beine übereinander, wobei sich der Saum ihres luftigen Sommerkleides ein wenig höher schob und Kaltenbach zwei wunderschöne Beine zeigte.
„Die mauern“, erwiderte er und war bemüht, ihr in die grünen Augen zu blicken, um nicht als Lüstling abgestempelt zu werden. „Verweisen auf eine Pressekonferenz und auf die Kollegen in Trier, die die Ermittlungen leiten. Da geht nichts, fürchte
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