HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Enkirch betrat. Sie sprang auf und umarmte ihn.
„Dein Motorrad ist wieder fit – der Mann vom Reifendienst war schon ganz früh bei mir.“
Kaltenbach bedankte sich mit einem Kuss und strich ihr sanft über den Rücken. Dennoch blieb ihm die Sorge in ihrem Blick nicht verborgen.
„Mann, Bernd – hier boxt der Papst. Ist das nicht alles schrecklich?“
Ihre Haare standen in alle Windrichtungen vom Kopf ab, der Kaffee in ihrer Tasse war längst kalt, und ständig klingelte das Telefon.
Kaltenbach fand trotzdem, dass sie irgendwie süß aussah. Er atmete den Duft ihres Parfüms ein, der ihn augenblicklich auf ganz andere Gedanken kommen ließ. Liebevoll strich er ihr durch das Haar und blickte ihr tief in die Augen. Dann besann er sich eines Besseren und seufzte.
„Ein Anschlag“, murmelte er und reichte ihr den Poloschlüssel. „Man hat den Container in die Luft gejagt und dabei den Tod deines Freundes billigend in Kauf genommen – eine ganz miese Masche.“
„Moment“, rief Bettina und löste sich aus der Umarmung. Sie stemmte wütend die Hände in die Hüften. „Er war nicht mein Freund – ich sagte dir, dass ich seit … seit damals Single bin. Und Dirk kannte ich seit meiner Kindheit, mehr nicht. Er hat seit Jahren eine feste Freundin, und halb Starkenburg fragt sich, warum die beiden noch nicht verheiratet sind.“
Kaltenbach ging nicht auf ihren versteckten Vorwurf ein. Er hasste komplizierte Beziehungen und versuchte sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. „Dann weißt du bestimmt auch den Namen und die Adresse seiner Freundin?“
Bettina nickte. „Anna Hagedorn heißt sie, ein wirklich hübsches Ding.“ Dann schüttelte sie den Kopf. „So was hat sie nicht verdient, Dirk und Anna waren ein süßes Paar. Mein Gott, ist das alles schrecklich!“
„Was weißt du über Dirk Immich?“
„Im Grunde genommen nicht viel, Bernd. Er war bei der Verbandsgemeinde angestellt und hat sich für Enkirch stark gemacht. Ihm war es auch zu verdanken, dass man ihm das Labor errichtet hat.“
„Und ihm damit einen sicheren Arbeitsplatz geschaffen hat“, nickte Kaltenbach, doch Bettina schüttelte den Kopf.
„Nein, so war das nicht. Der Job im Labor war eine zusätzliche Tätigkeit, die er sich selber aufgebürdet hat, weil er ziemlich naturverbunden war.“
„Wie alle hier irgendwie“, murmelte Kaltenbach. Dann blickte er sich in dem kleinen Büro um. „Hast du hier einen internetfähigen Computer?“
„Natürlich. Warum?“
„Es wäre gut, wenn ich Prangenberg mal eine Zwischenmeldung gebe. Und bei der Gelegenheit kann ich auch gleich einen Beitrag für die Koblenzer Ausgabe schreiben und die Fotos vom zerstörten Container an die Redaktion mailen.“
Kaltenbach ließ sich an einen freien Schreibtisch führen. Bettina schaltete den Rechner ein und loggte sich in das Internet ein, damit Kaltenbach arbeiten konnte. Ärger mit Prangenberg wäre jetzt so ziemlich das Letzte, was er gebrauchen konnte. Wahrscheinlich würde er ihm die Füße küssen, wenn er die Meldung vom explodierten Container am Moselufer las. Immerhin einer, der von dem Anschlag auf das provisorische Labor profitierte, dachte Kaltenbach verbittert.
Es war Mittag, als Bernd Kaltenbach überglücklich den Motor seiner Honda startete und das sanfte Vibrieren der schweren Maschine unter sich spürte. Zuvor hatte er mit Mellie in der Koblenzer Redaktion und mit Prangenberg in Neuwied telefoniert.
„Dranbleiben“, hatte der Chefredakteur in den Hörer gebellt. „Ich will die Geschichte ganz groß fahren und als Erster damit kommen. Und kümmern Sie sich um die Redaktion in Koblenz. Dietz ist ein guter Mann, ich will ihn nicht verlieren, weil er sich im Stich gelassen fühlt.“ Bevor Kaltenbach antworten konnte, hatte Prangenberg den Hörer auf die Gabel geworfen.
Lob war noch nie seine Stärke gewesen.
Während er arbeitete, genoss Bernd Kaltenbach Bettinas Gesellschaft. Sie wusste nicht, wo ihr der Kopf stand und hatte neben dem Anschlag auf das kleine Labor am Moselufer noch den Tod ihres Vorgesetzten zu verkraften. Zudem stapelte sich die Arbeit auf ihrem Schreibtisch.
„Ich komm mit zu deiner Maschine“, sagte sie, als Kaltenbach aufbrach. „Muss mal zehn Minuten an die frische Luft, sonst drehe ich durch.“
Kaltenbach hatte keine Einwände, und so marschierten sie Seite an Seite die Sponheimer Straße hinauf, wo seine Honda CBX in der Mittagssonne glänzte.
„Der Mann vom Pannendienst hat gesagt,
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