HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
nickte und gab Beatrice Manderscheid ein Zeichen. Unten auf der Straße atmete sie tief durch. „Das hätte ich einfach nicht länger da drinnen ausgehalten“, entfuhr es ihr erleichtert.
„Wo können wir ungestört reden?“ Wie automatisch hatte Kaltenbach einen Arm um ihre Schulter gelegt. Sie ließ es geschehen.
„Am Stadtsee ist es ganz nett.“
„Zu Fuß?“
„Am besten.“
Sie nickte, und so gingen sie schweigend nebeneinander her. Ihr Weg führte sie durch eine ruhige Wohngegend, dann lag der Stadtsee, umgeben vom satten Grün der Bäume, vor ihnen. Kaltenbach breitete die Lederjacke, die er locker über den Arm getragen hatte, auf dem Rasen aus. Sie ließen sich am Ufer nieder, und Kaltenbach begann, flache Steine übers Wasser hüpfen zu lassen. Kinder spielten weiter oben auf dem Weg. Ihr unbeschwertes Lachen drang gedämpft an ihre Ohren. Ein Entenpaar erhob sich mit wütendem Schnattern in die Luft.
„Dann gibt es halt keinen Entenbraten“, grinste Kaltenbach. Dann wurde er ernst. „Schlimm?“
Sie blickte aufs Wasser und nickte. „Das ist ein Hammer. Vor allem, wenn ich mir vorstelle, dass Frau Georgi wegen einer Verwechslung sterben musste. Der Anschlag galt mir, und ich bin sicher …“ Sie brach ab, und als sie sich wie selbstverständlich an ihn schmiegte und zu Kaltenbach aufblickte, sah er, dass ihre Augen feucht schimmerten.
„Ich arbeite an einer Geschichte über den Umweltskandal am Hahn“, erinnerte er sie.
Beatrice lachte trocken auf. „Um welchen der vielen Umweltskandale geht es denn?“
„Das weiß ich offen gestanden selber noch nicht so genau. Ich habe nur erfahren, dass dein Mann umgebracht wurde. Er stand irgendwie als Umweltschützer mit den Betreibern des Flughafens auf Kriegsfuß.“
„Du meinst, Rudolf musste deshalb sterben?“
Kaltenbach zuckte die Schultern. „Fakt ist, dass in den letzten beiden Tagen zwei weitere Menschen starben – beide haben sich gegen den Hahn gewehrt.“ Er machte eine Pause, bevor er weitersprach. „Ich weiß, Beatrice, das ist jetzt nicht leicht. Und ich weiß, dass die Polizei dir diese Frage damals schon mal gestellt hat: Hast du eine Idee, wer für den Mord an deinem Mann verantwortlich sein könnte?“
„Man hat mich tatsächlich gefühlte hundert Mal gefragt“, nickte Beatrice und sah ihm zu, wie er einen weiteren Stein über die Wasseroberfläche hüpfen ließ. Das Glucksen des Wassers drang leise zu ihnen. „Und kurzzeitig habe sogar ich unter Mordverdacht gestanden. Unsere Ehe war nicht mehr das, was wir uns bei der Hochzeit davon versprochen hatten. Rudolf war zwölf Jahre älter als ich, und er hatte den Baustoffhandel. Freizeit kam da ständig zu kurz.“
„Du hast dir Abwechslung gewünscht.“
Nun lächelte sie säuerlich. „Ich habe sie mir geholt“, antwortete sie. „Das war nicht gut, aber ich … wie soll ich sagen? Ich hatte meine Bedürfnisse, und außerdem war mir von einer guten Freundin gesteckt worden, dass sich Rudolf mit einer Sachbearbeiterin vergnügte – das erklärte wohl auch die eine oder andere Überstunde.“
„Damit war das Ende eurer Beziehung beschlossene Sache?“
„Das war es eigentlich schon viel früher. Mein Verhältnis zu dem Mann habe ich natürlich beendet, zumal er selber verheiratet war und eine kleine Softwareschmiede in Trier betrieb. Aber, um auf deine Frage zurückzukommen: Ja, wir hätten uns sicherlich bald scheiden lassen. Doch dazu ist es nicht mehr gekommen, weil Rudolf umgebracht wurde.“
„Wie war das, als du unter Mordverdacht gestanden hast?“
Beatrice lachte auf. „Schrecklich natürlich – was dachtest du denn? Ich wurde zur Kripo nach Wittlich eingeladen, man hat mich verhört und wie einen Verbrecher behandelt. Allerdings hatte ich ein ziemlich stichfestes Alibi und konnte wieder gehen, nachdem ich das Protokoll der Befragung unterschrieben hatte.“
„Und die Firma?“
„Ich bin kein Spezialist für Baustoffe, und von Lkw habe ich auch keine Ahnung. Was sollte ich also mit einer Baustoff-Spedition? So habe ich mich dazu entschlossen, die Firma zu verkaufen, die mich sowieso immer nur an meine gescheiterte Ehe mit Rudolf erinnert hätte.“
„Darf ich fragen, was du momentan beruflich treibst?“
„Hey“, rief sie in gespielter Empörung. „Verhörst du mich jetzt? Ich erinnere mich, dass du mich etwas wegen Rudolf fragen wolltest. So etwas hast du jedenfalls vorhin angedeutet.“
„Das ist richtig, ja.“ Kaltenbach
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