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HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

Titel: HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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bevor dieser seine Befragung begann.
    „Du bist überflüssig, da hast du recht“, grinste Udo. „Hau schon ab – wenn ich noch Fragen habe, weiß ich ja, wo du wohnst.“
    „Dann bequatschen wir das bei ’nem Bier“, nickte Bernd und machte Anstalten zu gehen.
    „Bernd, warte!“, rief Beatrice.
    Er verharrte in der Bewegung und zog fragend eine Augenbraue hoch.
    „Kann ich dich anrufen?“ Beatrice war von dem Küchenstuhl, auf dem sie gesessen hatte, aufgesprungen und war auf Kaltenbach zugetreten.
    „Natürlich.“
    Sie holte einen kleinen Block und einen Kugelschreiber und notierte sich seine Handynummer, bedankte sich mit roten Wangen und widmete sich der Aufmerksamkeit von Udo Reuschenbach. Er grinste anzüglich, als Kaltenbach sich von ihm verabschiedete.
    Mensch, dachte er unten auf der Straße, du kommst ja immer noch bei den hübschen Frauen an. Stolz machte er sich auf den Weg zur Ortsmitte, wo seine Honda auf ihn wartete.

    Bernd Kaltenbach wollte noch auf einen Sprung in Enkirch vorbeischauen. Vielleicht gab es schon neue Erkenntnisse zum Anschlag auf das Labor. Es war später Nachmittag, als er die Maschine in einem eleganten Bogen von der Hunsrückhöhenstraße lenkte und zum zweiten Mal an diesem Tag am Hahn vorbeifuhr. Das mächtige Areal war von einem hohen Zaun umgeben und erinnerte auch heute noch an seine ehemalige Nutzung als Air Base der US-Streitkräfte. Früher waren hier drei fliegende Staffeln des Kampfjets F 16 beheimatet, die nach ihrem Einsatz im Irakkrieg gleich zurück in die Staaten gebracht worden waren. Kaltenbach erinnerte sich daran, dass hier Ende der 1980er-Jahre sogar die legendären und oft kritisierten Cruise Missile-Raketen stationiert waren. Bei Kastellaun hatte es die Raketenbasis Pydna gegeben, die jedoch nie termingerecht fertiggestellt worden war. Weil man auf der Hahn Air Base eine Möglichkeit zur Lagerung atomarer Sprengköpfe vorgefunden hatte, waren die Raketen einfach hiergeblieben. Eine bewegte Geschichte prägte den Hahn, und Kaltenbach stellte fest, dass man sich schon immer kaum um die Umwelt gekümmert hatte. Vielleicht waren die krebserregenden Stoffe, die man im Trinkwasser gefunden hatte, sogar auf irgendwelche Altlasten zurückzuführen.
    Rostige Einzelteile von verwitterten Blechbaracken und von üppigem Grün bewachsene Betonröhren waren die letzten Relikte aus der alten Zeit.
    Kaltenbach drosselte das Tempo der Maschine und steuerte die Honda an den Straßenrand. Vielleicht, so überlegte er, wäre es gut, ein paar Fotos zu machen.
    Nachdem er den Motor abgeschaltet hatte, umschloss ihn eine friedliche Stille. Die Gipfel der hohen Bäume rauschten, als Wind aufkam und durch die Blätter strich. Die Abendsonne tauchte die Umgebung in ein warmes Licht, und die Landebahn des Hahn gleich hinter dem Zaun wirkte da völlig deplatziert in der Idylle des Hunsrück. Nachdem Kaltenbach die Nikon aus dem Koffer geholt hatte, schoss er ein paar Aufnahmen vom Flughafengelände, das sich wie ein Fremdkörper in die eigentlich intakte Landschaft oberhalb des Moseltals bettete. Knapp hundert Meter entfernt gab es ein großes Tor im Zaun, wahrscheinlich eine Zufahrt für die Fahrzeuge von Lieferanten und der Security.
    Während der Auslöser klickte, entdeckte Kaltenbach weitere Gebäude, die noch aus der Militärzeit des Hahn stammen mussten. Er fotografierte mit dem 300er-Teleobjektiv riesige halbrunde Rohre, die auf dem Grund zu ruhen schienen, Betonröhren mit verrosteten Eisentoren, die schon seit vielen Jahren nicht mehr geöffnet worden sind, auf dem Buckel der überdimensionalen Rohre üppiger Grünwuchs. Immer wieder erkannte er Betonplatten, die einst Fahrwege für die schweren Fahrzeuge gebildet hatten. Schon seit vielen Jahren waren die alten Truppenmitglieder wieder in den Staaten oder an irgendeinem Ort in der Welt stationiert. Oder im wohl verdienten Ruhestand. Der Zahn der Zeit nagte an den Überresten der ehemaligen Hahn Air Base, und Kaltenbach sah, dass die Natur längst begonnen hatte, den Grund zurückzuerobern. Etwas Mystisches ging von diesen fast vergessenen Teilen des Flughafens aus, und er spürte den morbiden Charme, den die verlassenen Militärgebäude jetzt ausstrahlten.
    Verlassen und vergessen, der Kalte Krieg hatte Platz gemacht für eine friedliche, für eine zivile Nutzung.
    Kaltenbach setzte die Kamera ab und betrachtete die skurrile Szenerie, die Mischung aus einem Militärflughafen, der längst in Vergessenheit geraten

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