HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
zu sehen, was da im Betrieb abgeht.“
„An so etwas denkst du, während wir miteinander schlafen?“ Sie klang ernsthaft enttäuscht.
„Nein, nicht währenddessen“, entgegnete er und streichelte ihre samtweiche Haut. „Aber danach.“
„Na, dann scheint es dich ja sehr beeindruckt zu haben.“
Jetzt wird es kompliziert, durchzuckte es Kaltenbach. Er hasste es, komplizierte Konversation mit Frauen zu betreiben. Da konnte man auf Fragen antworten, was man wollte, es war unter Garantie falsch und wurde zum Strick, in dem er sich verfangen würde.
„Du bist in Gefahr“, versuchte er es dennoch.
„Der Computer ist weg“, erinnerte sie ihn.
„Trotzdem will ich wissen, wer hinter dem Mord steckt.“
„Dafür gibt es die Polizei. Du solltest es den Profis überlassen, einen Mörder zu fassen.“
„Ja“, grollte Kaltenbach. „Genauso wie sie es auf die Reihe kriegen, dir einen Personenschutz bereitzustellen, fangen sie auch Verbrecher.“ Er winkte ab, dann zwang er sich zur Ruhe. „Also – denkst du, dass es möglich wäre, bei Manderscheid anzufangen?“
„Hast du denn überhaupt einen Lkw-Führerschein?“
Nun grinste Kaltenbach. „Aber sicher. Damals bei der Bundeswehr gemacht, und im Studium genutzt, um als Aushilfsfahrer die nötige Kohle zu verdienen. Hat sich also durchaus bewährt, der Lappen.“
„Du warst Lkw-Fahrer?“ Beatrice blickte ihn erstaunt an.
„Bierfahrer“, korrigierte er sie. „Ich habe für den Lieferdienst von Steffens gefahren. Damals, als die Brauerei im Kasbachtal noch im Betrieb war.“
„Daher also deine Vorliebe für den Gerstensaft.“ Nun musste sie lachen. „Ich könnte jemanden fragen, den ich noch von früher kenne. Die rechte Hand von Rudolf war für die Personalplanung zuständig. Wenn Paul Bärmann noch in dem Laden arbeitet, lässt sich bestimmt was machen.“
„Aber er darf nicht wissen, dass ich schnüffeln will.“
„Ich werde mich hüten, ihn einzuweihen“, versprach Beatrice. Dann kroch sie zu ihm und raubte ihm mit einem einzigen Kuss den Verstand.
„So“, hauchte sie.
„Nachdem das besprochen wäre … wie steht es jetzt um deine Konzentration im zwischenmenschlichen Bereich?“
Kaltenbach antwortete nicht. Er ließ sich von Beatrice verführen und war einmal mehr von ihrer Leidenschaft beeindruckt. Diesmal ließ er es zu, dass sich sein Verstand in den Stand-by Betrieb verabschiedete. Auch, als das Telefon in der Diele klingelte, interessierte es ihn nicht im Geringsten, wer ihn anrief. Es gab Momente im Leben, da musste alles warten. Dies war definitiv einer dieser Augenblicke, in denen er einfach nur genießen wollte.
„Was guckst du mich so belämmert an?“ Larissa blickte von ihrem Buch auf, als Udo das Schlafzimmer betrat und sich auszog. Sie hatte sich ein Kissen in den Rücken gestopft und las im Schein der Nachttischlampe.
„Kennst du das Gefühl, in einem Geschäft nichts gekauft zu haben? Wenn du dich mit leeren Händen an der Kasse vorbeischiebst und dir sagst: Jetzt bloß nicht kriminell aussehen?“
Sie nickte und legte das Buch, einen Kriminalroman, zur Seite.
„Genauso fühle ich mich gerade.“
„Was hast du verbrochen?“
„Nichts – das ist es ja gerade. Ich habe versucht, Bernd anzurufen, aber er meldet sich nicht.“
„Schöner Vergleich, das mit der Supermarkt-Kasse.“
„Du nimmst mich nicht ernst.“ Er legte seine Kleidung ordentlich auf den Stuhl neben dem Bett und kroch in Boxershorts zu seiner Frau. „Ich werde morgen mit Bernd quatschen. Wer weiß – vielleicht gibt es bis dann ja eine neue Entwicklung.“
„Solange es keine neue Leiche gibt“, lächelte Larissa, dann löschte sie das Licht.
Udo schmiegte sich an sie, und es dauerte keine fünf Minuten, bis er eingeschlafen war.
ELF
Er liebte es, stundenlang auf der kleinen Terrasse hinter seinem Haus in der Sonne zu sitzen und in aller Ruhe sein Frühstück einzunehmen. Die sanften Ausläufer des Westerwalds dufteten herrlich nach Holz und Blüten. Ein Adler kreiste unter dem wolkenlosen Himmel und kreischte schrill. Im angrenzenden Beet taumelte eine Hummel zwischen den Blüten des königsblauen Rittersporns umher und eine Katze schlich durch die Obstbüsche, die er vor einigen Jahren angepflanzt hatte. Ein sanfter Wind strich über die Kronen der Bäume, und als er den Blick auf die Hügel richtete, schien der Wald zu leben. Kaltenbach bestrich sich einen Toast mit selbst gemachter Erdbeermarmelade, die er von Frau
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