HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
ins Spiel. Du kennst sicher noch den Gutachter, den Manderscheid damals beauftragt hat. Ich möchte, dass du ihn kontaktierst und bittest, diese Probe zu untersuchen. Es würde mich nicht wundern, wenn der Boden die gleichen Schadstoffe aufweist, die er in seinem letzten Versuch schon einmal festgestellt hat.“
„Wie stellst du dir das vor – ein solches Gutachten kostet eine Stange Geld, und außerdem ist Wochenende. Der Mann wird vor Montag garantiert nicht zu erreichen sein.“
„Über die Finanzierung mach dir mal keinen Kopf“, wiegelte Kaltenbach schnell ab. „Ich bin sicher, wenn es uns gelingt, einen Umweltskandal aufzudecken, ist die Zeitung gern bereit, die Kosten für den Gutachter zu übernehmen.“
„Dein Wort in Gottes Ohr.“ Sabine war immer noch skeptisch. Dennoch griff sie zu der Bodenprobe. Sie hielt die kleine Tüte hoch und runzelte die Stirn. „Sieht ganz normal aus“, murmelte sie.
„Wie sieht denn deiner Meinung nach verseuchter Boden aus?“, konterte Kaltenbach und hatte sie mit dieser Antwort überzeugt. Sabine nickte, öffnete ihre Handtasche – wie immer ein größeres Modell, da sie eine Frau war, die unterwegs für alle Lebenslagen gerüstet sein musste – und ließ den kleinen Beutel in den Tiefen ihrer Tasche verschwinden. „Wie du meinst, ich werde mein Glück versuchen.“ Sie leerte das Weinglas und deutete auf den Mitarbeiter des Kiosks, der bereits die Nebentische abgewischt und die Bänke zusammengeschoben hatte. „Es wird ernst“, bemerkte sie. „Man wird uns gleich rausschmeißen.“
„Das soll er mir vormachen – wir sind an der frischen Luft.“
„Dann wird er uns mitsamt der Tische und Bänke aneinander ketten“, lachte Sabine. „Obwohl, so schlimm find ich die Vorstellung gar nicht.“ Als Kaltenbach schwieg, deutete sie hinüber zum Deutschen Eck. „Was ist denn jetzt, gehen wir noch ein Stückchen spazieren?“
„Also gut“, stimmte Kaltenbach zu. Schweigend gingen sie am Ufer entlang, und er ließ es geschehen, dass sie wie selbstverständlich seine Hand ergriff. Offenbar war sie Weltmeisterin im Verdrängen – immerhin hatte er keinen Hehl daraus gemacht, dass er die letzte Nacht mit Beatrice verbracht hatte. Sie flanierten fast wie ein frisch verliebtes Pärchen daher, und die anderen Passanten ahnten nicht, dass ihre gemeinsame Zeit bereits vor zwanzig Jahren geendet hatte.
„Ich liebe die Abendsonne“, sagte sie, als sie das Deutsche Eck erreicht hatten.
„Sonne ist Sonne“, konterte Kaltenbach und zog die Mundwinkel hoch. Er hasste den Herbst und den Winter, denn in der kalten Jahreszeit konnte er kein Motorrad mehr fahren und die Tage waren viel zu kurz. Im letzten Winter hatte er ernsthaft über die Teilnahme an einer Lichttherapie nachgedacht, weil er depressiv geworden war. Vielleicht auch eine Folge der Einsamkeit, die ihn nach Feierabend in seinem gemütlichen Bauernhaus empfing. Niemand war da, der sich auf ihn freute, niemand, mit dem er sich über die Ereignisse des Tages austauschen konnte und niemand, mit dem er die schönsten Stunden des Tages, den Feierabend, verbringen konnte.
„Worüber denkst du nach?“ Sabine war an der Spitze des Ecks stehen geblieben. In ihrem Rücken flossen Rhein und Mosel zusammen.
Eine Truppe von Japanern, die offenbar spät im Zeitplan waren, wurde von einem Fremdenführer über das Eck gescheucht. Überall klickten die Kameras. Wahrscheinlich mussten sie heute noch weiter zu Schloss Neuschwanstein. Oder sie kamen gerade erst vom Holstentor in Lübeck.
„Nichts“, murmelte Kaltenbach.
„Es ist nichts.“
„Lüg mich nicht an – ich kenne dich lang genug.“
„Vielleicht sollte ich endlich ans Heiraten denken“, teilte er ihr schließlich seine Gedanken mit. „Ich werde auch nicht jünger, und …“
„Du willst auf deine alten Tage Vater werden?“
Kaltenbach schnaubte und winkte ab. „Wer weiß, wie viele Kinder ich in meiner Sturm- und Drangzeit schon produziert habe. Nein, ich werde langsam zum einsamen Wolf, und ich bin mir nicht sicher, ob es das ist, was ich wirklich will.“
„Kaltenbach mit einer liebenden Ehefrau am Herd, die ihn abends mit einem guten Essen und viel Liebe empfängt?“ Sabine kicherte. „Schwer vorzustellen, wenn ich ehrlich bin.“ Dann wurde sie ernst. „Glaubst du ernsthaft, Beatrice ist die Richtige? Ich meine, ihr habt doch erst eine Nacht miteinander verbracht, und du kennst sie erst seit ein paar Stunden. Wir
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