Hahnemanns Frau
mein Stil nicht mehr gefragt, und eine Ehe aus Vernunftgründen werde ich nicht eingehen. Diese Erfindung ist meine Chance. Als Unternehmerin kann ich wieder unabhängig sein.«
»Du hast mich um meine Meinung gebeten, und ich habe sie dir ehrlich gesagt. Selbstverständlich bleibt alles deine Entscheidung.«
»Ich weiß, du bist nie besonders risikofreudig gewesen.« Mélanie legte ihre Hand an seine Wange und lächelte ihn zärtlich an. »Immer ein wenig schüchtern, zurückhaltend und sehr, sehr vernünftig.«
»Ich bin gut damit gefahren.«
»Ja, das bist du, aber ich entscheide mich in diesem Fall für das Risiko und hoffe, daß alle guten Geister mir beistehen! Ich habe bereits mit Monsieur Carraud gesprochen. Er ist bereit, mir Villenoix und den Wald bei Pontoise abzukaufen. Ich bekomme siebzigtausend dafür. Mit dem Geld kann ich bei Clifford einsteigen und habe für eine kleine Weile mein Auskommen.«
»Aber nur siebzigtausend? Ist das denn nicht viel zuwenig?«
»Für ein abgebranntes Gut und einen kranken, vom Ungeziefer befallenen Wald, der neu aufgeforstet werden muß, ist das nicht schlecht bezahlt. Das Glück stand in letzter Zeit nicht gerade auf meiner Seite – ich hoffe, das ändert sich nun endlich.«
»Ja.« Charles seufzte. »Das hoffe ich auch.«
Drei Tage später war das Geschäft abgewickelt. Mélanie hatte ihren Besitz verkauft und das Geld auf das von Mister Clifford angegebene Konto einbezahlt. Eine notariell beglaubigte Urkunde wies sie als gleichberechtigte Teilhaberin von Clifford aus.
Mit einem Aufseufzen legte sie die Papiere in ihre Mappe. Vielleicht würde ihr Leben nun schon bald wieder leichter werden.
Ermittlungen in London
Sébastien verschränkte die Arme hinter dem Rücken und starrte aus dem Fenster. Als plötzlich die Tür aufging und Mélanie hereinkam, drehte er sich um.
»Da bist du ja!« Sie ging auf ihn zu, küßte ihn auf die Wangen und suchte in seinem Gesicht nach einem Ausdruck der Freude, doch er sah sie nur betrübt an. »Was ist los? Hast du schlechte Nachrichten?«
Sébastien nickte. »Ja, leider.«
Mélanies Herz fing heftig zu klopfen an. Ihre Hände wurden feucht vor Angst, denn sie ahnte bereits, was er ihr sagen würde.
Vor zwei Monaten war Sébastien aus Südfrankreich zurückgekommen. Mélanie hatte ihm sofort alle Unterlagen von Edwin Clifford gezeigt. Er hatte einen besorgten Gesichtsausdruck angenommen und den Verdacht geäußert, daß es sich bei der Anmeldung des Patents um eine Fälschung handeln könnte. Drei Woche später mußte er nach London. Er hatte Mélanie angeboten, bei dieser Gelegenheit Nachforschungen anzustellen, und sie hatte das Angebot dankbar angenommen.
»Komm, setzen wir uns.« Sébastien nahm ihre Hand und erzählte. »Ich ging zuerst zum Patentamt und mußte feststellen, daß es sich bei diesen Papieren, wie vermutet, um eine Fälschung handelt. Dann fuhr ich zu diesem angeblichen Mr. Clifford, aber die Adresse, die er dir gab, existiert nicht. Als nächstes suchte ich Mr. Brown auf. Er ist, wie du schon sagtest, ein sehr korrekter, freundlicher alter Herr – nur hat er keinen Schwager namens Clifford, und auch mit der Beschreibung des Mannes konnte er nichts anfangen. Ich zeigte ihm den Brief, und er schüttelte bekümmert den Kopf. Es war weder seine Handschrift noch seine Unterschrift. Es handelte sich noch nicht einmal um eine Fälschung im eigentlichen Sinne – dieser angebliche Mr. Clifford hatte den Brief einfach geschrieben und unterzeichnet, in der Hoffnung, du hättest keine Schriftprobe und könntest es nicht kontrollieren.«
»Ja, aber woher wußte er dann von Mr. Brown?«
»Vielleicht hat Mr. Brown einmal erwähnt, daß er euer Patient war, dieser Betrüger hat es gehört und den Namen für seine Sache verwendet. Oder du hast ihm unwissentlich selbst die nötigen Informationen gegeben. Versuche dich zu erinnern, was sagte der Mann?«
»Er sagte, sein Schwager Mr. Brown hätte ihn geschickt. Und ich fragte ihn, ob er Mister James L. Brown meint.«
»Siehst du! Solche Betrüger wissen, wie man das anstellt! Ihr hattet so viele Patienten aus London. Daß sich ein Mister Brown unter ihnen befand, war ziemlich wahrscheinlich.«
»Und die Adresse auf dem Brief?«
»Zwischen seinem ersten und dem zweiten Besuch bei dir lagen immerhin drei Tage, in denen er Zeit hatte, Nachforschungen anzustellen.«
»Du meinst …« Mélanie brach ab, Tränen traten ihr in die Augen. »Das ganze Geld ist
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