Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
Vom Netzwerk:
müssen den Saal verlassen!«
    »Zudem behandle ich nicht selbst, sondern berate lediglich von der Universität anerkannte Ärzte. Auch die Pharmazie übe ich nicht aus, dafür steht mir Monsieur Charles Lethière, ein qualifizierter Pharmazeut, zu Diensten.«
    Richter Borel schüttelte entschieden den Kopf. »Sie sind eine kluge Frau, Madame, und wissen genau, daß ein ausländisches Diplom nur dann akzeptiert werden kann, wenn es von den französischen Behörden anerkannt wurde. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Also handeln Sie illegal und machen sich strafbar.«
    Mélanie schüttelte den Kopf. »Es wäre doch vollkommen sinnlos gewesen, eine Anerkennung meines Diploms zu beantragen, denn ich hätte sie ohnehin nicht bekommen! Schließlich werden in Frankreich weder Frauen als Ärztinnen zugelassen, noch ist die Homöopathie als Medizin anerkannt.«
    »Genau, Madame Hahnemann!« Die Hand des Generalstaatsanwalts fuhr auf den Tisch nieder, dann schnellte er von seinem Stuhl hoch und stieß mit dem ausgestreckten Zeigefinger in ihre Richtung. »Trotzdem haben Sie es gewagt und sich über das Gesetz erhoben! Ja, wo kämen wir denn da hin, wenn jeder täte, was er will? Wenn sich Frauen über die Männer stellten und sich Weibspersonen ermächtigt fühlten, alles zu tun, wonach ihnen gerade so der Sinn steht!«
    »Ich stelle mich nicht über den Mann oder unter oder neben ihn«, antwortete Mélanie ruhig, »ich folge nur meiner Vernunft und berate anerkannte und von der Fakultät zugelassene Ärzte. Ich praktiziere auch nicht selbst beziehungsweise verlange kein Honorar für meine Dienste, und dann ist, was ich tue, erlaubt!«
    »Natürlich verlangt Sie Honorare!« Einer der Ärzte aus den Reihen der Zuschauer war aufgesprungen und schwang die Faust. Einige von Mélanies Patienten, die ganz hinten standen, hielten dagegen: »Tut sie nicht! Niemals hat sie Geld von mir für die Behandlung meines Sohnes verlangt, während ihr Blutsauger einem noch das letzte Hemd vom Leibe reißt!«
    »Jawohl, Blutsauger!« schrie ein anderer.
    Ein Tumult entstand, so daß Richter Borel mehrmals mit seinem Hammer auf den Tisch schlug. »Noch einmal solche Unflätigkeiten, und ich lasse den Saal räumen!«
    Die Befragung schleppte sich dahin. Weder die Befragung durch den Generalstaatsanwalt noch die durch Chaix-D'Est-Ange brachten den Prozeß weiter.
    Am Nachmittag begann man mit der Zeugenvernehmung. Der Generalstaatsanwalt ließ eine Zeugin aufrufen, die den feigen Mordanschlag an dem armen Barbéris bestätigen sollte. Es war Minnie, das ehemalige Hausmädchen von Mélanies Vaters.
    »Und Sie haben gesehen, daß Madame Hahnemann Monsieur Barbéris Arsen gab?« fragte Richter Borel.
    »Ja, das habe ich!« Sie sah Mélanie trotzig an, dann wieder zu Monsieur Borel. »Auf der Flasche, aus der sie einige weiße Kügelchen direkt in Monsieur Barbéris' Mund schüttete, stand Arsenicum. Ich bin ganz sicher!«
    »Und das haben Sie selbst gelesen?«
    Minnie nickte.
    Der Richter winkte sie zu sich und gab ihr ein Schriftstück. »Würden Sie mir davon bitte mal die erste Zeile vorlesen?«
    Sie starrte das Papier an. »Be-fra-gung der Zeu-gin Min-nie Borel im Prozeß Mél…«
    »Danke, das reicht schon!« Borel nahm ihr das Schriftstück wieder ab und nickte dem Generalstaatsanwalt, Monsieur Sellard, zu. »Sie kann tatsächlich lesen.«
    »Freilich«, sagte Minnie Borei mit hoch erhobenem Kinn. »Ich war acht Jahre Kinderfrau bei hohen Herrschaften, und da habe ich es mir von meinen Schützlingen abgeschaut.«
    Richter Borel erteilte Sellard das Wort. Der Generalstaatsanwalt stand auf und wandte sich an Mélanie. »Sie haben ja gehört, was die Zeugin berichtet hat. Sie sah sehr wohl, daß Sie dem armen Mann Arsen verabreichten. Nun, was sagen Sie dazu?«
    Mélanie wollte antworten, doch noch bevor sie dazu kam, sprang plötzlich ihr Anwalt auf und deutete auf den Generalstaatsanwalt. »Meine Mandantin klagen Sie an, weil Sie der Meinung sind, daß eine Frau, und sei sie noch so gebildet, unfähig ist, eine Behandlung durchzuführen. Dieser Zeugin, die nur ein einfaches Dienstmädchen ist, kaufen Sie sofort ab, daß Madame Hahnemann sterbende Menschen mit Arsen vergiftet? Nur weil sie sich ein paar Worte zusammenstammeln kann?« Chaix-D'Est-Ange zog seine rechte Augenbraue hoch. Sein aufreizender Blick trieb seinem Gegner die Zornesröte ins Gesicht.
    Der Anwalt ging nun auf den Richter zu. »Vielleicht erlauben Sie Madame Hahnemann zuerst

Weitere Kostenlose Bücher