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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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mehr brachte den brodelnden Topf zum Überkochen, und seit gestern gehen Arbeiter und Studenten auf die Barrikaden und liefern sich mit den Truppen des Königs Straßenkämpfe. Vor zwei Stunden hieß es dann, der König habe Guizot entlassen – allerdings befürchte ich, daß ihm sein Bauernopfer nicht mehr viel nützen wird. Louis-Philippe ist wohl die längste Zeit König gewesen …«
    Rose brachte das Wasser und eine Schachtel mit Verbänden und half Mélanie dabei, die Wunde zu versorgen.
    Auf der Straße waren Schüsse zu hören. Rose zuckte zusammen und sah Mélanie aus aufgeschreckten Augen an.
    »Haben wir genug zu essen im Hause, um uns ein paar Tage zu behelfen?«
    »Ja, Madame.«
    »Dann richte uns eine Kleinigkeit her – und bereite für Monsieur Jahr die Kammer vor.«
    Jahr wollte abwehren, aber Mélanie fiel ihm ins Wort. »Natürlich bleiben Sie hier! Schon zu unserem eigenen Schutz! Charles ist bei einem Freund in Montrouge, und ich hoffe, er bleibt dort auch, bis das Schlimmste vorüber ist.«
    Sie verließ das Zimmer und kam mit einer Decke zurück, die sie Jahr über die Beine legte. »Ruhen Sie sich aus, Monsieur, ich sehe nach, ob ich noch eine Flasche Wein für uns finden kann.«
    In der Nacht hatte Mélanie kaum geschlafen. Sie war sehr früh aufgestanden und hatte damit angefangen, Samuels Manuskripte und die Krankenberichte in Kisten zu verpacken.
    »Nur für den Fall, daß wir fliehen müssen oder es brennt – wer weiß, was passiert!« sagte sie zu Rose, die hinzukam und ihr helfen wollte, doch Mélanie schickte sie in die Küche zurück. »Ein Frühstück wird uns guttun, das hier kann ich auch alleine.«
    Als sie die letzte Mappe aus dem Schrank zog, fielen ihr die Schmähbriefe in die Hand, mit der man sie in letzter Zeit immer öfter belästigte. Sie überflog den ersten, legte das Bündel dann beiseite.
    Beim Frühstück schob sie es Georg Jahr wortlos hin, und er begann zu lesen. Hin und wieder seufzte er oder schüttelte den Kopf, oder er bedauerte Mélanie und entschuldigte sich für die Beschimpfungen und Drohungen, mit denen man sie in diesen Briefen überhäufte.
    Mélanie zog irgendeinen der Briefe aus dem Stapel und las laut.
    »Ein kluger Schachzug, Madame! Sie glauben, wenn Sie die Schriften Ihres Mannes so lange unter Verschluß halten, können Sie ihren Wert noch weiter steigern! Dabei vergessen Sie in Ihrem Egoismus, daß inzwischen Menschen sterben, denen vielleicht geholfen werden könnte. Sie haben kein Recht, sich der Sache Ihres Mannes noch länger in den Weg zu stellen und das Leben anderer Menschen zu riskieren! Rücken Sie endlich die Manuskripte heraus!«
    Mélanie legte den Brief auf den Tisch und sah ihren Gast an. »Sie wissen, daß ich einzig den Wunsch meines Mannes befolge.«
    »Ja, ich weiß, aber Dr. Hahnemann ahnte bestimmt nicht, was er Ihnen damit abverlangt. Vielleicht sollten Sie doch ins Auge fassen …«
    »Nein!« Mélanie sprang auf. »Keinesfalls!« Sie deutete mit einer fahrigen Handbewegung auf die leere, fleckige Wand zwischen den Fenstern. »Das Bild, eine Moorlandschaft – können Sie sich daran erinnern?«
    »Ja, gewiß. Es hat mir immer besonders gut gefallen.«
    »Nun, das habe ich vor einigen Wochen verkauft. Glauben Sie, ich tue das zu meinem Vergnügen? Die Veröffentlichung einer sechsten Auflage des Organon käme mir weiß Gott gelegen! Aber bevor ich den letzten Willen meines Mannes mißachte, verdinge ich mich noch lieber als Gouvernante. Nein! Ich sage Ihnen, die Zeit ist nicht reif. Man wird ihn verhöhnen und verlachen! Man wird behaupten, er sei senil gewesen oder von allen guten Geistern verlassen. Sein Andenken ist mir wichtiger als alles.«
    »Bitte, Madame, beruhigen Sie sich doch.« Jahr schüttelte den Kopf. »Ich habe es nur gut gemeint. Der Kampf gegen eine neunköpfige Schlange ist zuviel für eine Frau allein. Und ich … weiß auch nicht, wie ich Ihnen helfen kann.«
    Mélanie setzte sich wieder. »Ich erwarte keine Hilfe von Ihnen, höchstens ein wenig moralische Unterstützung.«
    Er wollte etwas entgegnen, aber im nächsten Augenblick wurde hart gegen die Tür gepocht.
    »Madame Hahnemann! Mélanie … bitte öffnen Sie!«
    Mélanie sprang auf. »Das ist Sébastien.«
    Sie lief zur Tür, Rose kam von der anderen Seite des Flures. Bleich sahen die Frauen sich an. Auch Jahr war hinzugekommen.
    Entschlossen griff Mélanie zur Klinke. Sie öffnete und starrte auf Sébastien. Er war von Blut besudelt, auf

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