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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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gekommen, um sich in Hahnemanns ärztliche Obhut zu begeben. Bei richtiger Behandlung hätte er noch gut und gerne ein paar Jahre leben können, doch mit Hahnemanns Hilfe verstarb er bereits nach sechs Monaten, hingerafft durch einen Schlaganfall. Aber wen wundert das schon, wenn er, wie bei Hahnemann üblich, mit ›nichts‹ behandelt wurde?«
    An dieser Stelle schnaubte Mélanie vor Wut. Die linke, freie Hand drückte sie, zur Faust geballt, gegen die Brust.
    »Zurück bleibt zweierlei«, fuhr sie fort. »Zuerst die Frage, warum es doch immer wieder Menschen gibt, die auf eine Methode hereinfallen, die ganz offensichtlich einer schillernden Seifenblase gleicht – einer Seifenblase, der es zwar gelingt, eine Weile dahinzuschweben, die aber, wie jeder weiß, schon bei der leichtesten Berührung zerplatzen wird. Als zweites bleibt die Hoffnung, daß unser Bildungsminister uns vor solchen Ärzten zu schützen weiß, indem er ihnen nicht erlaubt, in unserer Stadt zu praktizieren und ihr zweifelhaftes Werk an ihren Bürgern zu vollenden.«
    Mélanie schleuderte die Zeitung auf Samuels Schreibtisch und tippte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Artikel. »Wir sollten ihn anzeigen, diesen … diesen Schreiberling!«
    »Ach Mélanie …« Samuel schüttelte seufzend den Kopf. »Solche Artikel gehören zu meinem Leben wie der alljährliche Schnupfen im Winter zu unserem Kutscher. Eine Anzeige würde überhaupt nichts bringen – im Gegenteil. Doyen hätte erreicht, was er will: Sein Freund könnte darüber berichten, und die öffentliche Aufmerksamkeit wäre weiterhin auf uns gerichtet. Glaube mir, es ist besser, diese Dinge einfach zu ignorieren.«
    »Ignorieren!« Sie warf die Arme hoch. »Das Kind war bereits todgeweiht, du hast es mir selbst erzählt.«
    »Richtig. Ihm auch noch ein großes Loch ins Fleisch zu schneiden wäre grausam gewesen. Zumal längst erwiesen ist, daß eine derartige Operation nicht hilft. Und was Karl von Schwarzenberg betrifft, der war, als er zu mir kam, von den Ärzten längst aufgegeben. Er litt an fortgeschrittener Arteriosklerose, und das eigentliche Wunder war doch, daß er dank meiner Hilfe noch ein halbes Jahr am Leben blieb. Aber diejenigen, die solch einem Artikel Glauben schenken, kann man so oder so nicht überzeugen. Am allerbesten läßt man Gras über die Sache wachsen – ein kalter Wind verweht genauso wie ein warmer.« Er lächelte und winkte Mélanie zu sich. »Komm her, liebes Kind!« Er zog sie auf seinen Schoß. »Hör auf, dir Gerechtigkeit für mich zu wünschen. Du wirst nur enttäuscht werden.«
    »Aber begreifst du denn nicht, warum Doyen diesen Artikel schreiben ließ – er will verhindern, daß du eine Genehmigung bekommst und anfängst zu praktizieren!«
    »Ja, natürlich begreife ich das.« Wieder seufzte Samuel. »Was das betrifft, müssen wir eben einen Weg für uns finden. Es gibt doch einige Homöopathen in Paris, die erfolgreich behandeln. Da wird man schließlich dem Begründer der Homöopathie nicht alle Türen verschließen, nur weil ihm ein paar Neider nicht gut gesonnen sind.«

Louis-Philippe
    »Wie willst du das schaffen – beim König vorsprechen!«
    »Laß mich nur machen. Ich kenne ihn persönlich.« Mélanie richtete ihren Hut, streifte die Handschuhe über, schob den Brief der Gräfin d'Avrillion in ihre Tasche und sah Samuel selbstbewußt an. »Louis-Philippe wurde als Herzog von Orléans geboren, und wäre er von der liberalen Kammer nicht als König eingesetzt worden, wäre ich ihm im Rang durchaus ebenbürtig.« Sie küßte Samuel und ging zur Tür. »Ich komme nicht ohne eine Zusage zurück, das verspreche ich.«
    Die Kutsche wartete bereits. Während der langen Fahrt nach Fontainebleau versuchte Mélanie sich an die drei oder vier Begegnungen mit Louis-Philippe zu erinnern. Vor allem ein Zusammentreffen hatte sie noch vor Augen. Sie begegneten sich bei gemeinsamen Freunden. Es war vor fünf Jahren etwa, zu Zeiten der Julirevolution. Einer der Gäste, ein guter Freund ihres Bruders, bedauerte sie wegen der tragischen Ereignisse in ihrer Kindheit, die schließlich dazu geführt hatten, daß sie das Elternhaus verlassen mußte. Mélanie, der es unangenehm war, daß man über diese Dinge sprach, zitierte Dante. Guarda e passa ! – blick hin und geh vorüber. Damit verließ sie den Salon und zog sich in den Garten zurück.
    Plötzlich stand Louis-Philippe vor ihr, offensichtlich war er ihr nachgegangen. »Ich bewundere Frauen wie

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