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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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schlimm wie heute morgen. Da dachte ich, der Kopf zerplatzt mir in tausend Stücke! Und dann diese Übelkeit dazu …«
    »Hast du das öfter?«
    »Ja, leider. Ganz sicher alle paar Wochen, du weißt schon, zu Frauenzeiten – und außerdem wenn ich mich aufrege. Dann kann ich geradezu darauf warten! Wenn nur etwas dagegen helfen würde, aber die Kunst der Ärzte versagt in meinem Falle ganz und gar.«
    »Es gibt eine Möglichkeit, dir zu helfen.« Mélanie sah ihre Kusine fest an. »Die Homöopathie.«
    »Ja, die Homöopathie! Vor drei oder vier Jahren praktizierte Dr. Quin, dieser Homöopath, in Paris. Alle waren angetan von ihm. Auch meine Mutter hat er behandelt. Wie du sicher noch weißt, litt sie ebenfalls an Migräne. Er konnte ihr tatsächlich helfen. Doch als es dann auch bei mir anfing, war Dr. Quin bereits nach England übersiedelt. Eine Bekannte gab mir den Rat, mich an Dr. Jacobus zu wenden, der ihren Angaben zufolge ebenfalls mit dieser neuen Heilmethode vertraut sein sollte, doch du siehst ja selbst, wie weit er gekommen ist.«
    »Dr. Jacobus behandelt nicht strikt nach den Regeln der Homöopathie«, entgegnete Mélanie scharf.
    »Du kennst ihn? Und du glaubst, du kannst dir in solchen Dingen ein Urteil erlauben?«
    »Sag – kann es sein, daß du nicht weißt, mit wem ich verheiratet bin?«
    »Ein alter Mann, wie man mir sagte.« Es war Estelle offensichtlich unangenehm, darüber reden zu müssen. »Ein Arzt aus Deutschland. Ich verstehe dich nicht, Liebste. Du hattest alle Chancen und hast sie nicht wahrgenommen. Warum nun ein Mann, der schon mit einem Bein im Grabe steht?«
    Mélanie sprang auf. Selbst in der Dunkelheit war der Ärger auf ihrem Gesicht noch zu erkennen. »Er ist nicht einfach irgendein alter Arzt aus Deutschland. Er ist der Begründer der Homöopathie! In Zeiten der Cholera hat er Tausenden von Menschen das Leben gerettet, und er wird von Ärzten aus ganz Europa verehrt und geachtet. Auch Dr. Quin, dieser Arzt, der deiner Mutter so gut helfen konnte, war sein Schüler!«
    »O bitte, Liebste, sprich leiser!« Estelle streckte die Hand nach Mélanie aus. »Und setz dich um Himmels willen. Es macht mich ganz nervös, wenn du hier wie ein aufgescheuchtes Huhn herumläufst.«
    Mélanie nahm Platz. Sie atmete tief durch und sagte leiser: »Aber leider hat er auch viele Neider. Männer, die ihn als Scharlatan bezeichnen und ihn mit Dreck bewerfen, weil sie eifersüchtig auf seinen Erfolg sind. Gerade jetzt erst haben wir das wieder erleben müssen. So ein Zeitungsschreiber, der ihn im Namen eines Arztes anschwärzte. Haltlose Beschuldigungen! Doch wenn die Gerüchteküche erst mal kocht, sind die Köpfe der Menschen bis in alle Zeit vernebelt. Guizot verweigert ihm nun die Erlaubnis zu praktizieren! Stell dir nur vor, ihm, dem großen Meister der Homöopathie, der auch von Seiten Frankreichs bereits die allerhöchsten Auszeichnungen erhalten hat! Er darf nicht praktizieren!«
    Mélanie fuhr plötzlich herum und griff beide Hände ihrer Kusine. »Wenn du möchtest, dann bringe ich ihn zu dir – und sofern du dich in allen Punkten und ganz genau an das hältst, was er dir anrät, wird er dir helfen können. Aber ich habe auch eine Bitte an dich.«
    »Rien sur ce monde est gratuit – nichts auf der Welt ist umsonst!« Estelle seufzte.
    »Ich muß mit dem König sprechen. Er muß bei Guizot intervenieren, damit Samuel endlich praktizieren darf!«
    Estelle sah sie stirnrunzelnd an. »Warum wählst du den Weg über mich? In ein paar Wochen findet der Empfang bei …«
    »Nicht in ein paar Wochen«, unterbrach Mélanie. »Heute. Sofort! Samuel muß arbeiten, er verzweifelt mir sonst noch – und ich dazu!«
    »Sofort! Mon Dieu! Wie stellst du dir das vor, meine Liebe?«
    »Ich stelle mir vor, du hättest dich soeben unsterblich verliebt. In einen süßen kleinen Gardeoffizier. Und ich bin sicher, du müßtest nicht lange nachdenken, um einen Weg zu finden, ihn zu treffen.«
    Estelle lachte. Mélanie spielte auf eine kleine aventure d'amoureux an, das sie, Estelle, als junges Mädchen fast die Unschuld gekostet hätte. Damals hatte sie sich mit Mélanies Hilfe bei Nacht und Nebel über die Dächer des väterlichen Schlosses davongestohlen, nur um ein oder zwei Stunden in den Armen ihres Romeo liegen und seinem Liebesgeflüster lauschen zu können, das sie ganz offensichtlich um den Verstand gebracht hatte.
    Estelle lehnte sich zurück. »Ich wüßte nicht, wie ich dir da helfen kann«,

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