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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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erschien eine junge Frau mit einem Kind an der Hand. Ein Mädchen mit blonden Stocklocken und einer großen blauen Schleife im Haar.
    »Eine Enkelin von Dr. Hahnemann?« fragte Citron.
    »Nein. Das ist Sophie, die Tochter Anton Bohrers.«
    »Anton Bohrer – etwa einer der Musikerbrüder Anton und Max Bohrer aus Deutschland, die in ganz Europa gefeiert werden? Sind sie denn auch hier?«
    Charles lachte. »Du bist ja ganz blaß vor Ehrfurcht! Ja, sie sind auch hier. Dort drüben, die beiden Herrn, die sich so angeregt mit Madame Hahnemanns Vater, dem Compte Joseph d'Hervilly, unterhalten.«
    »Und die gutaussehende Frau? Zu welchem der Brüder gehört sie?«
    »Zu keinem. Das ist meine Schwester Éa.«
    »Du hast eine Schwester?«
    Wieder lachte Charles. »Warum nicht? Traust du mir eine Schwester etwa nicht zu?«
    »Doch, aber du hast nie über sie gesprochen.«
    »Sie lebt nicht in Paris, wir sehen uns nur selten.«
    »Und wer sind die Herren dort drüben?«
    »Das sind Kollegen von Dr. Hahnemann. Der mit dem Backenbart ist Dr. Chatron, daneben Georg Heinrich Jahr. Er ist Deutscher und nach Paris gezogen, um Hahnemann in der Praxis zu helfen. Außerdem gibt er eine homöopathische Zeitschrift heraus und erweitert sein Repertorium.«
    »Was ist ein Repertorium?«
    »Eigentlich hatte ich dich als Freund eingeladen. Jetzt bricht der Journalist in dir durch, und du löcherst mich mit Fragen!«
    Arnaud Citron grinste. »Tut mir leid, ich kann nicht anders. Außerdem würde ich natürlich gerne über dieses Fest schreiben. Meinst du, Dr. Hahnemann hätte etwas dagegen?«
    »Kommt drauf an, was du schreibst. Lügen und Gemeinheiten wurden genug verbreitet. Wenn du dich unter die Schmierfinken einzureihen gedenkst, sind wir geschiedene Leute.«
    »Unsinn, das würde ich nie tun. Also, was ist ein Repertorium?«
    »Ein Verzeichnis der Arzneien, die bereits geprüft sind. Ausführliche Mittelbildbeschreibungen, an denen sich die Homöopathen orientieren können. Jahr hat vor langer Zeit ein solches Verzeichnis geschrieben. Inzwischen gibt es aber sehr viel mehr geprüfte Mittel, und ohne Erweiterung wäre es nutzlos.«
    »Ah, ja.« Citron nickte. Ein anderer Mann erregte plötzlich seine Aufmerksamkeit. »Und der dort?«
    »Das ist Sébastien Colbert, ein Anwalt und Freund der Familie. Die Herren, auf die er jetzt zugeht, kennst du aber bestimmt?«
    »Natürlich. Rechts, das ist der Porträtmaler Henry Cheffer und links Pierre-Jean David, der Bildhauer, der sich David d'Angers nennt und Büsten oder Bronzemedaillons von so bekannten Persönlichkeiten wie Napoleon, Goethe oder Balzac geschaffen hat.«
    Plötzlich riß sich die kleine Sophie von der Hand ihrer Mutter los und lief zu Samuel. Er hob sie auf seine Knie, wo sie nun lachend herumsprang und tanzte. Ab und zu tat er, als ließe er sie herunterfallen, um sie scheinbar im allerletzten Moment doch noch aufzufangen, was das Kind veranlaßte, zu quietschen wie ein Ferkel, das man von der Mutter wegtrieb.
    Samuel hatte seine wahre Freude an der kleinen Sophie und dem fröhlichen Spiel. Er liebte Kinder über alles, und in solchen Momenten betrauerte er, daß er zu seinen eigenen Kindern und Enkeln so wenig Kontakt hatte.
    Sein Sohn Ernst war bereits im Alter von drei Monaten bei einem Kutschenunfall ums Leben gekommen. Friederikes Zwilling war tot geboren worden, Karoline bereits als junge Frau gestorben. Und die anderen waren in alle Winde zerstreut oder nahmen ihm übel, daß er nach dem Tod ihrer Mutter bei einer anderen Frau ein neues Glück gefunden hatte.
    Anton Bohrer ging zu Hahnemann und nahm die kleine Sophie auf den Arm. »Du darfst gleich etwas tun, was sonst nur Königinnen tun!«
    Sophie sah ihn mit großen Augen an. »Eine richtige Krone tragen?«
    »Nein. Noch viel besser – du darfst ein Denkmal enthüllen!«
    Er übergab die Kleine an David, der sie an der Hand nahm und mit ihr zu einem Sockel ging, auf dem eine Büste stand, die mit einem roten Seidentuch abgedeckt war.
    David schlug mit einer Gabel gegen ein Glas und wartete, bis es still war, damit er seine Rede halten konnte.
    »Liebe Gäste, verehrter Dr. Hahnemann!« David sah Samuel an, der lächelnd nach der Hand seiner Frau griff und sie zu sich zog. In einem weinroten Kleid aus Organza, die Keulenärmel wie der Saum mit Silberperlen bestickt, die Haare aufgesteckt und seitlich mit dunkelroten Blüten verziert, stand sie neben ihm und strahlte ihn an.
    »Wir kennen uns nun einige Monate und

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