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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mahmud hob den rechten Arm. In die Reitergruppe an der linken Seite des großen Platzes kam Bewegung. »Darum habe ich Sie gestohlen und vor der Welt von Räubern, von unbekannten Einzelgängern, ermorden lassen. Ich brauchte einen Arzt – ich habe jetzt zwei –, einen Offizier für meine Truppen, einen Lehrer.« Er grinste Wolff an, und es war ein gefährliches Lächeln. »Daß auch die schönste Frau mitkam, war ein Geschenk Allahs. Ich habe ihm schon in der Moschee gedankt. Aha, passen Sie auf!«
    Aus der Menge der Reiter kamen jetzt vier Krieger. Ein nackter Mann, zwischen zwei Pferde gebunden, lief in einer Staubwolke mit ihnen zu dem Galgen. Dort hielt die kleine Gruppe an, zwei Krieger sprangen aus den Sätteln und banden den Mann los. Mit hocherhobenem Haupt stand er vor dem Stachelbrett und blickte hinüber zu der kleinen Tribüne. Plötzlich hob er beide Arme und schrie: »Es lebe die Vernunft!«
    Der Emir nickte. »Ist er nicht wert, getötet zu werden?«
    »Sie Irrer!« sagte Dr. Bender laut. »Himmel noch mal, warum finden sich immer wieder Völker, die sich von Irren regieren lassen? Der Mann hat doch recht.«
    »Das Recht bin ich!« sagte Hasna Mahmud stolz.
    »Solche Sprüche kennen wir Deutschen sehr genau.« Dr. Bender begann plötzlich zu gehen, stieg die drei Stufen der Tribüne herab und wollte über den Platz laufen. Vier Krieger stürzten hinter ihm her und hielten ihn fest. Hasna Mahmud lachte laut. Ein Lachen, das das Blut vereiste.
    Er hob wieder den Arm, die Krieger schlangen einen gedrehten Strick aus Baumwollstoff unter die Achseln des Mannes und hängten ihn so an dem Galgen auf. Er pendelte genau über dem Stachelbrett, hing dann still in der Luft, sah hinauf in den farblosen, glühenden Himmel und schien zu Allah zu beten.
    Hasna Mahmud ließ den Arm fallen. Aus dem Viereck lösten sich einzeln die Reiter, begannen schrill zu schreien, hoben die Lanzen über ihre Häupter und galoppierten über den Platz auf den zum Sterben Verurteilten zu.
    »Aufhören!« brüllte Dr. Bender und rang mit seinen Bewachern. »Stoppt denn keiner diesen Mord?«
    Dr. Wolff sprang vor Hasna Mahmud. Die Augen des Emirs waren weit und glänzend. Mein Gott, er ist wirklich irr, durchfuhr es Wolff. Jedes Wort ist umsonst. Wir hätten es längst merken sollen … er redet und redet, und alles, was er sagt, sind nur tönende Worte eines kranken Hirns. Fanfarenstöße des Wahnsinns … und dieses arme Volk glaubt ihm, vertraut ihm, vergöttert ihn … stirbt für ihn …
    »Wenn Sie den Mann töten, werde ich nichts, gar nichts für Sie tun!« schrie Wolff. Er wußte, es war sinnlos, aber er wäre geplatzt, wenn er es verschluckt hätte.
    »Ich habe Eve!« sagte Hasna ruhig. »Für Eve werden Sie alles tun, Doktor. Alles!«
    »Bis zu einer Grenze …«
    »Und die bestimme ich!«
    »Sie Teufel!« schrie Wolff.
    Hasna nickte. »Wo Gott ist, muß auch der Satan sein. Sehen Sie nur, was meine tapferen Krieger machen.«
    Die ersten Reiter hatten den Hängenden erreicht. Im Vorbeigaloppieren warfen sie ihre Lanzen, aber sie zielten nicht auf den Körper, sondern höher, auf den Baumwollstrick. Nur einer traf ihn, aber er schlitzte ihn nicht auf. Lediglich der Verurteilte pendelte hin und her. Stumm, mit geschlossenen Augen, ganz versunken in die geheimnisvolle Kraft, die ihm ein Sterben ohne Angst verlieh.
    »Wenn das Seil reißt, wird er auf das Brett stürzen«, sagte Hasna ruhig. »Ich versprach Ihnen ja, Doktor, zu zeigen, wie man aufgespießt wird. Sie haben dieses Wort so leichtsinnig ausgesprochen.«
    Die Menschen rund um das Viereck johlten und klatschten Beifall. Eine neue Gruppe schreiender Reiter preschte heran, die Lanzen schwingend. Die Frauen und Kinder begannen auf der Stelle zu tanzen. Es war ein Festtag.
    »Es ist unheimlich«, sagte McHolland und wandte sich mit einer hilflosen Gebärde ab. »Das Volk johlt und freut sich darüber. Diese verdammte Masse Mensch! Sie hat beim Morden ›Heil!‹ gebrüllt, oder vaterländische Lieder gesungen, oder ›Urräää!‹ geschrien, oder Choräle angestimmt … es ist überall das gleiche. Hier tanzen sie beim Töten … Doktor, was ist das bloß – der Mensch?«
    Die neuen Reiter warfen ihre Lanzen. Der Mann an den Baumwollstricken pendelte wieder, ein paar Lanzen trafen die Leinen, schlitzten einen Strang auf, der Körper sackte nach links weg, hing schräg nur noch an einem Strick.
    »Sie zielen gut«, sagte Hasna Mahmud zufrieden. »Oberleutnant Abels

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