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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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plötzliche Dunkelheit war undurchdringlich. McHolland stieß irgendwo an und fluchte. »Es war schwer, Gamal Mustafa zu überzeugen …«
    »Mein Gott, hast du den auch umgebracht?« rief Dr. Bender.
    »Nein, aber er sitzt in seinem Zimmer und weint. Ich habe ihm eine Beule schlagen müssen, damit es so aussieht, als sei er überfallen worden.«
    Türenklappern, ein Windzug, ein Stückchen Sternenhimmel. Fahl hell. Kälte aus dem Weltall.
    »Schnell!« rief Salim. »Schnell! Die Nacht ist gut zum Reiten.«
    Sie rannten über den Hof, verließen den Hauskomplex durch eine kleine, gebogene Pforte in der hohen, weißen Mauer, schlichen an ihr entlang bis zu einem Palmenhain, in dessen Mitte der zweite Brunnen von Hissi Maksa lag. Die geblendeten Ochsen, die tagsüber im Kreise liefen und damit die Schaufelräder drehten, die für die Stadt der Vogelfreien Leben bedeutete, waren ausgespannt und lagen erschöpft und schlafend auf dem Boden. Man hatte ihnen die Füße zusammengebunden, als könnten sie trotz ihrer Blindheit noch aus dieser Hölle flüchten.
    Hier warteten auch die Kamele. Fünf Reittiere, drei Packtiere mit Säcken voll Trockenfleisch, Hirsemehl, Bohnen, Kochtöpfen, Wassersäcken, einem Zelt, Decken und zerschlissenen Teppichen. An jedem Sattel der Reitkamele hing ein Gewehr. Hinter den hinteren Holm war ein Beutel mit Munition gebunden.
    Fritz Abels saß schon auf seinem Tier und winkte den Heranschleichenden ungeduldig zu.
    »Salim, du hast ein Vermögen geopfert –«, sagte Bender erschüttert.
    »Alles gestohlen von anderen.« Sabah grinste. »Man wird nie herausbekommen, wie das möglich war. Es war auch schwer genug.«
    Man hob Eve in den Sattel, McHolland und Dr. Bender saßen auf, nur Wolff blieb noch neben seinem Kamel stehen. Salim gab ihm eine Karte von Südarabien, ein armseliges Blatt Papier, nicht genauer als eine Abbildung in einem Schulatlas.
    »Hier sind wir –«, sagte er und legte seinen Finger auf ein paar gestrichelte Linien. »Das Wadi al Atinah. Hissi Maksa muß hier liegen … Sie reiten jetzt nach Norden, hinein in die Wüste. Versuchen Sie, die Oase Abu Shafra in Saudi-Arabien zu erreichen. Es ist der einzige Weg, der möglich ist. Sehen Sie hier. Die Brunnenstraße von Alhibak entlang.«
    »Eine richtige Straße?« fragte Dr. Wolff. Salim lächelte schief.
    »Wir nennen es so. Es ist Wüste, nichts als Wüste. Aber wie Perlen an einer Kette sind kleine Brunnen oder versandete Bohrlöcher hintereinander aufgereiht. Der schlimmste Weg ist bis zum Brunnen Haraym. 130 Meilen ohne Wasser. Aber wenn Sie immer genau in nördlicher Richtung reiten, kommen Sie hin. Von da an wittern die Kamele die nächsten Brunnen. Ein Kamel ist ein Geschenk Allahs. Immer nach Norden, Doc …«
    Er drückte Wolff die Hand, umarmte ihn dann und küßte ihn auf beide Backen.
    »Ich danke Ihnen für meinen Bruder«, sagte er leise. »Verfolgen wird man Sie nicht. Niemand wird annehmen, daß Sie in die Wüste hineinreiten … man wird Sie auf dem Weg zur Küste suchen. Wenn man merkt, daß man in der falschen Richtung sucht, wird es für den Ritt nach Norden zu spät sein. Trotzdem – reiten Sie, so schnell Sie können, auch wenn Sie niemand verfolgt … die Wüste wird ein grausamerer Feind sein als der Emir. Sie haben die Wüste besiegt, wenn Sie den Brunnen von Haraym erreicht haben.« Er hob beide Hände, legte sie Wolff auf den Kopf und blickte in den herrlichen Sternenhimmel.
    »Allah segne euch alle!« sagte er feierlich. »Vergeßt uns nicht … uns lebende Tote der Revolution.«
    Dr. Wolff stieg in seinen Sattel, das Kamel erhob sich ruckweise. Dr. Bender, der als einziger etwas vom Lenken eines Kamels verstand, ritt schon an die Spitze der kleinen Karawane. McHolland, vor fünfzig Jahren im Sudan zum letztenmal selbständig auf einem Kamel, versuchte sich zu erinnern und kämpfte mit seinem Tier einen stummen Kampf um Respekt und Gehorsam.
    Salim sprang ebenfalls in den Sattel seines Kameles, das etwas abseits gestanden hatte.
    »Es gibt zwei Wachtposten nach Norden –«, sagte er. »Ich führe Sie an ihnen vorbei.«
    »Und sie schlagen keinen Alarm?« fragte McHolland.
    »Nein. Sie sind tot.«
    Eine nüchterne Feststellung. Nicht nur Wolff zog den Kopf zwischen die Schultern, auch McHolland wurde sehr still. Unser Leben wird mit Toten erkauft, dachten sie beide. Ein schreckliches Gefühl. Wie soll man sich darüber hinwegretten? Mit Notwehr? Mit dem Begriff: Das hier ist wie ein

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