Haie an Bord
berichten, was Sie hier gesehen haben.«
»Ich verspreche Ihnen, es nicht zu tun.«
»Ich vertraue keinem mehr! Und Sie lügen, Dr. Bender! Sie könnten es gar nicht verschweigen … als Arzt, als Humanist.«
»Da haben Sie recht, Putra.« Bender hob die Schultern. »Überlegen Sie sich, wie Sie unser Problem lösen. Ich kann Ihnen nicht dabei helfen. Nur vergessen Sie nie, was wir sind und was Eve so schön sagte: ein Leben mit drei Köpfen. Was Sie auch tun … sie werden immer Eve treffen!«
»Hinaus!« sagte Putra leise. »Bei Ihrem Gott … gehen Sie hinaus. Alle! Ich komme in die Stimmung wie bei Lore … ich könnte Sie alle auf der Stelle zerreißen. Befreien Sie mich davon …«
Schnell verließen Eve, Wolff und Bender das Zelt.
Sie ritten sechs Tage und ruhten sechs Nächte, und noch immer umgab sie die Einsamkeit der Wüste. An zwei Brunnen, die sie ausgraben mußten, füllten sie die Wasservorräte auf, ließen sie die Kamele sich rund trinken, kochten und backten sie auf Vorrat Suppen und Fladen aus Mehl.
Bender, Wolff und Eve konnten sich in dem Lager frei bewegen. Niemand hinderte sie, aber keiner kümmerte sich auch um sie. Sie holten ihr Wasser, bekamen von einem finster blickenden Araber ihre Zuteilung an Mehl, Datteln, Trockenfleisch und Dörrgemüse, kochten in einem verbeulten Kupferkessel ihre Mahlzeiten und sahen Putra nur noch von fern.
In diesen sechs Tagen verloren sie neunzehn Sklaven. Sie blieben einfach im Sand liegen und verdorrten später … skelettierte Wegweiser einer Karawane, die aus dem Nichts kam und im Nichts verschwand und aus Grausamkeit und Leid bestand.
Noboro wurde gesund … das war etwas, was vor allem Dr. Bender völlig aus der Fassung brachte. »Ich lasse diese Salbe analysieren«, sagte er immer wieder. »Wolff, ich verspreche Ihnen: Ich stelle das Stinkzeug in Europa her. Ich gründe eine pharmazeutische Fabrik und heile die Welt mit Kamelsalbe. Alle Antibiotika sind ja Lutschbonbons dagegen! Diese Salbe ist den Nobelpreis wert! Die Wunden schließen sich. Es gibt keine Entzündungen. Keine Infektionen. Keine Eiterungen. Rein gar nichts … Wunden schließen sich wie mit einem Reißverschluß. Das ist unglaublich!«
In der siebten Nacht schrak das Lager hoch. Alarmgeschrei erfüllte die stille Wüstennacht. Handlampen und Fackeln aus Holz leuchteten auf. Ein Araber stürzte in das Zelt, trat Bender in den Magen und Wolff in die Seite.
»Zum Sahib kommen!« brüllte der Araber. »Zum Sahib!«
Noboro blieb liegen. Er zog nur die Decke über sich. Seit er weiterlebte, war er zu Dr. Wolff wie ein Hund … immer an seiner Seite, immer bereit, ihm zu dienen, immer da, sich an ihn zu drücken. Es war genau umgekehrt, wie Putra vorausgesagt hatte: Noboro aß nur, was Wolff übrigließ, und von dem sparte er noch und trug es in einem Säckchen mit sich herum wie einen Schatz.
Jetzt aber verkroch er sich und rollte sich zusammen.
Vor dem Zelt Surughs ballten sich die Krieger. Putra schrie herum, und als Bender, Eve und Wolff erschienen, bildete sich eine Gasse.
»Jetzt brauche ich Sie!« schrie Putra ihnen entgegen. »Verdammt, laufen Sie schneller! Jemand hat Surugh überfallen und ihm ein Messer in die Kehle gestoßen –.«
Amil Surugh lag auf seinem Teppich in einer seltsam verkrampften Haltung. Bender und Wolff brauchten keine Untersuchung mehr, um zu sehen, daß er tot war. Sein Kopf schwamm in einer Blutlache, und wenn Putra geschrien hatte, man habe Surugh ein Messer in die Kehle gestoßen, so war das eine sehr abgemilderte Schilderung dessen, was der Mörder mit dem Inder getan hatte.
Wohl war die Kehle verletzt, und das schien Putra zuerst gesehen zu haben und hatte deshalb nach den Ärzten gerufen … aber als Wolff jetzt den seidenen Haikh zurückschlug, den Surugh um sich geschlagen hatte, gehörten starke Nerven dazu, diese gräßliche Wunde anzusehen.
Der Schnitt lief, nachdem das Messer in die Kehle gedrungen war, über das ganze Brustbein hinweg bis zum Magen. Mit ungeheurer Wucht mußte der Mörder zugestoßen haben, und hatte dann Surugh fast bis zur Hälfte aufgeschlitzt. Wolff deckte Surugh wieder zu und zog den Haikh über das starre, im Tode geradezu verblüffte Gesicht. Bender stand hinter ihm und wandte sich zu Putra um. Der Inder hatte den Kopf gesenkt, aber hinter den Schlitzen seiner Lider blitzten die kalten, schwarzen Augen.
»Dazu brauchen Sie keinen Arzt, Putra –«, sagte Bender trocken. »Aber es kann sein, daß man mit
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