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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Amil Surugh begraben. Man machte nicht viel Umstände mit ihm … ein Loch im Wüstensand, eine Decke über den Körper, zugeschaufelt und eingeebnet … es war ein vollständiges Verschwinden.
    Dr. Bender stand neben Putra am Grab … mißtrauisch beobachtete der Inder seine kleine arabische Streitmacht, die ihm gegenüber jenseits des Grabes aufgereiht stand. Unter ihnen ist der Mörder, dachte Putra. Er sieht mich an, und er weiß schon, wann er zuschlagen wird.
    Es war ein Gefühl, für das Angst ein geradezu lächerlicher Ausdruck ist.
    In Putras Zelt waren unterdessen Wolff, Eve und Noboro zurückgeblieben. Man hatte ihre Decken und Schlafteppiche an den Zeltwänden ausgebreitet, und Noboro hockte mit ausdruckslosem Gesicht auf der Erde, beide Hände gegen die Fetzen Stoff gedrückt, die seinen Leib umkleideten. Plötzlich beugte er sich vor, griff unter den Stoff und warf ein Messer vor Wolff auf den Teppich. Die Klinge war leicht gebogen, vielfach abgeschliffen und jetzt so scharf, daß man Papier wie Luft schneiden konnte. An dem sonst blanken Stahl klebten dicke Blutflecken.
    Eve schrie leise auf, aber Wolff drückte sofort seine Hand auf ihren Mund. Aber auch durch ihn lief ein Zittern. »Du, Noboro?« stammelte er.
    »Ja, Herr.« Noboro sagte es in einem zerhackten Englisch, aber seine tiefe Stimme klang wie Musik. »Surugh wollte Putra töten und die Herrin in In Radifah verkaufen. Ich habe sie darüber sprechen hören. Morgen wollten sie Putra töten. Ich mußte schneller sein …«
    Wolff schluckte krampfhaft, die Worte blieben ihm wie mit Haken in der Kehle stecken. »Wo hast du das Messer her?« fragte er endlich.
    »Von dem Küchenkamel. Ich habe es vier Nächte lang an Steinen geschliffen. Keiner hat es gehört.« Er sah Wolff stolz an und erwartete ein Lob. Als Wolff schwieg, senkte er den Kopf und breitete die Hände aus. Die Geste der völligen Unterwerfung.
    »Jetzt darfst du mich töten, Herr …«
    Bevor Wolff antworten konnte, hörten sie Putra und Bender zurückkommen. Eve bückte sich und steckte das blutige Messer ein. Sie erschauderte dabei am ganzen Körper und drehte sich weg, damit Putra nicht ihre entsetzten Augen sehen konnte.
    »Jetzt sind wir eine Gemeinschaft –«, sagte Putra und setzte sich auf seinen Teppich. »Ich habe diese Meute beobachtet … jeder von ihnen wäre fähig, auch mich aufzuschlitzen.« Er sah Noboro an, und sein Gesicht verzog sich vor lauter Ekel. »Nein! Dieser schwarze Stinkhaufen muß hinaus! Ich kann nicht atmen in seiner Gegenwart. Er soll vor dem Eingang schlafen!«
    Noboro schielte mit einem hündischen Blick zu Wolff. Der nickte, und der Nubier kroch auf allen vieren lautlos hinaus in die Nacht. Nur eine kleine Schleifspur blieb zurück. Bender starrte sie an, holte dann tief Atem und sah Wolff mit weit offenen Augen entsetzt an. Wolff nickte unmerklich. Putra, viel zu sehr mit dem Problem seiner Angst beschäftigt, bemerkte nichts. Dr. Bender lief wie unruhig im Zelt hin und her und verwischte damit die Kriechspur. Aber das Grauen blieb in seinen Augen zurück.
    Später, gegen Morgen – Putra schlief in der Mitte des Zeltes – beugte sich Bender zu Wolff hinüber.
    »Er kann uns doch nicht den Weg in die Freiheit freistechen –«, flüsterte er. »Das ist Wahnsinn!«
    »Surugh wollte Putra töten und Eve verkaufen …«
    »Das nennt man Partnerschaft.« Bender zog die Luft durch die Nase. »So ist das also! Man sollte Noboro umarmen, auch wenn es mir zuwider ist, Mörder an meine Brust zu drücken. Auf jeden Fall haben wir jetzt einen Freifahrschein – jeden Tag gelocht durch Putras Angst.«
    »Bis In Radifah. Da ist der Sklavenmarkt.«
    »Und wann sind wir da?«
    »In neun Tagen …«
    »Da kann noch viel passieren. Gott brauchte nur fünf Tage zur Erschaffung der Welt.« Bender legte sich zurück. »Neun Tage Aufschub … wie bescheiden man wird. Beten Sie, mein Junge, daß bis dahin etwas geschieht. Ich habe beten verlernt …«
    Und es geschah vieles.
    Noch in der gleichen Nacht wurden zwei Araber ermordet, die bei den Reitkamelen Wache hielten. Der eine wurde mit einem Strick erwürgt, der andere mit dem Dolch des ersten Toten erstochen.
    Lautlos, spurenlos.
    Ein Schatten ging im Lager herum, der mordete.
    Ein einsamer, lautloser Tod, so einsam und lautlos wie die Wüste um sie herum.
    Putra tobte und schrie … es sollte wie himmelstürmende Wut klingen, aber es war nur die nackte Angst. Die Araber schienen zu fahlen, vermummten,

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