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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihn mir abnehmen lassen, und da habe ich's versucht: ›Mein lieber Schurke –‹, habe ich gesagt –, ›in diesem Kasten kann unter Umständen auch dein mistiges Leben liegen. Und wenn ich nicht will, kann mich keiner zwingen, dich zu behandeln. Überleg dir das!‹ Und siehe da – obgleich der Halunke kein Wort spricht und angeblich auch nicht versteht, machte er eine Kehrtwendung und ging weg.« Dr. Bender beugte sich über den Nubier und drehte ihn ächzend auf den Bauch. »Den wollen Sie durchbringen, Wolff? Sind Sie verrückt?«
    »Er muß durch, Bender! Es ist eine Prestigesache geworden.«
    »Die verlieren Sie. Der Rücken ist ja Hackfleisch.«
    »Dann lassen Sie uns daraus ein gutes Steak machen.«
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie zu galligem Humor fähig sind.« Bender blickte hoch. Putra stand neben ihm, groß, dunkel, gegen den Nachthimmel eine bizarre Silhouette.
    »Wir brauchen Wasser.«
    »Sie sind drei Personen, teilen Sie es sich ein. Für jeden einen halben Liter.«
    »Wir müssen die Wunden säubern.«
    »Ich sehe keine Wunden –.«
    »Geben Sie's auf, Wolff«, sagte Bender väterlich. »Ich möchte direkt darum beten, daß man diese Blindheit eines Tages auch bei ihm anwenden kann. Selbst Sie sind nicht aus Eisen, Putra … und auch Eisen rostet! Ich verspreche Ihnen: Ihren Rost kratzen Sie selbst ab.«
    »Ich hole Wasser«, sagte Eve plötzlich. Putra fuhr herum.
    »Mein Verbot ist wie ein Wort Gottes!«
    »Ich werde mit Surugh darüber sprechen«, sagte Eve sachlich. »Es gibt Dinge, die Blinde und Taube verstehen …«
    Mit einem tiefen Knurren wandte sich Putra ab und ging davon.
    »Sie sind unklug, Mädchen«, sagte Bender und öffnete den Sanitätskasten. »Rechnen Sie nicht damit, daß Putra immer in Ihrer Gegenwart der Hamburger Salonlöwe bleibt. Diese Zeit ist bei ihm längst vorbei, und aufgewärmte Erinnerungen sind wie aufgewärmte Suppen – sie werden schnell wieder kalt. Mich wundert es überhaupt, daß er noch den großen Platoniker spielt und nicht einfach über Sie herfällt. Wer hindert ihn?«
    »Surugh …«
    »Ach!« Bender richtete sich auf. Auch Wolff unterbrach seine Arbeit an dem Rücken des Nubiers. »Wieso denn? Gibt es schon Futterneid?«
    »Nein.« Eve riß ein Verbandspäckchen auf. »Putra will mich zur Geliebten, Surugh will mich auf dem Sklavenmarkt verkaufen … über diese gegenteilige Auffassung meiner Verwendung können sie sich noch nicht einig werden.« Sie sah Wolff mit einem schiefen Lächeln an. »Das allein schützt uns noch, weiter nichts … er hat es mir selbst gesagt.«
    Aus der Dunkelheit tauchten zwei Sklaven auf. Sie brachten einen Ziegensack voll Wasser und warfen ihn wortlos in den Sand. Dann trotteten sie zurück … wie aufgezogene Puppen.
    »Bis jetzt steht es 1 : 0 für uns«, sagte Wolff bitter. »Wir haben Wasser, wir können die Wunden auswaschen …«
    »Und nachher erfahren wir, daß es unser ganzer Wochenvorrat war … dann steht's 10 : 0 für Putra.« Bender rieb vorsichtig die größten Verklebungen weg. Der Nubier lag still, lang ausgestreckt, ohne einen Ton von sich zu geben. Wie ein Mensch mit wachem Geist solche Schmerzen ertragen konnte, war rätselhaft. Bender beugte sich zu dem Kopf des Negers hinunter. »Wie ist dein Name?« fragte er auf englisch.
    Und eine dunkle, hohle Stimme antwortete:
    »Noboro …«
    Die Wunden waren sauber, was man in solcher Lage sauber nennen kann, aber nach aller medizinischen Erfahrung mußten sie spätestens morgen brandig sein, entzündet, verjaucht … ein stinkender Tod, der sich langsam durch den Rücken in den Körper hineinfraß.
    Bender legte die Hand über die letzte Dose Penicillinpuder. Wolff verstand diese stumme Geste.
    »Die Kamelsalbe –«, sagte er. »Auch Fuad Abdallah haben wir keine Chance gegeben … aber sein heilendes Bein stellte die ganze Schulmedizin auf den Kopf. Warum soll Noboro nicht Wunder Nummer zwei werden?«
    Sie strichen die stinkende Kamelsalbe dick auf den Rücken und verbanden ihn dann. Sie gaben ihm ein paar Schlucke zu trinken und ließen ihn dann allein, um Putra zu suchen. Wolff hatte den Ziegenbeutel mit Wasser über die Schulter geworfen – er war noch halb voll.
    Die Karawane hatte sich zur Ruhe formiert. Die Feuer brannten jetzt, in großen Kesseln brodelten Suppen. Der Geruch von gebratenem Fleisch zog über das Lager hinweg. Abseits der Feuer, eng aneinandergerückt, von vier Arabern bewacht, saßen oder lagen die männlichen Sklaven im Sand.

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