Halb verliebt ist voll daneben - Roman
Simon wandte.
»Ich hasse sie natürlich nicht, Simon. Ich hasse niemanden. Aber sie ist jetzt nicht nur deine Exfreundin, sondern auch die zukünftige Mutter deines Kindes. Jetzt ist alles noch mal ganz anders.«
Seltsamerweise waren das genau die Worte, die ich sagen wollte und auch die, die angebracht waren. Aber sie kamen zu spät.
»Es ist tatsächlich alles anders. Ich muss das selbst erst begreifen. Wie wirst du dich fühlen, wenn ich in ständigem Kontakt mit Ruth sein werde? Denk darüber nach. Du wirst ein Albtraum sein. Es ist so am besten.«
Er sah aus, als wollte er mich küssen, überlegte es sich dann aber anders. Und ging einfach aus der Wohnung.
40
Ich ließ ihm seinen Freiraum. Tage verstrichen. Ich lag auf dem Sofa neben dem Festnetzanschluss, hielt mein Handy umklammert und wünschte mir, dass er anrief. Ich weinte nicht. Ich wollte nicht zusammenbrechen wie selbst zusammengebaute Billigkommoden es an sich haben, sobald man etwas Schweres drauflegt. Ich lag da und dachte an ihn. Ich wusste genau, wie ihm zumute war. Und ich wusste vor allem, dass er das Richtige tun wollte, für Ruth und für sein ungeborenes Baby. Aber immer, wenn ich die Situation von Simons Perspektive aus betrachtete, landete ich bei ein und demselben Problem. Und dieses Problem war ich.
Er rief nicht an. Am vierten Tag klingelte dann mein Handy.
»Hallo«, sagte ich. Und dachte: Lass es bitte Simon sein. »Sarahs Haus der Schmerzen.«
»Sarah. Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Nicht ganz. Ist da mein reizender Agent?«
»Er ist es. Was um Himmels willen ist denn passiert, Sarah? Du klingst, als wolltest du deinen Kopf in den Ofen stecken.«
Nicht die beste Situation, um sich seinen Agenten zum Freund zu machen.
»Mir geht’s gut«, sagte ich keck, fest entschlossen, mich so normal wie möglich zu benehmen. »Ich habe nachgedacht …«
»Gefährlich.«
»Ich habe über eine Rolle nachgedacht, für die ich wie geschaffen wäre.«
»Doch nicht etwa Kiefer Sutherlands Sexsklavin?«
»Nun, das versteht sich von selbst. Aber ich dachte, dass mein Gestaltungsspektrum und mein Talent auch zuließen, George Clooneys Geliebte zu spielen.«
Diese Spielchen spielte ich nur des Effekts wegen. Mein Herz war nicht dabei.
»Das ist ja wunderbar, Sarah, ich werde das sofort seinem Agenten mitteilen.«
»Wunderbar!«
»Doch wie wär’s in der Zwischenzeit mit einem weiteren Vorsprechen für einen Werbespot?«
»Oh, lass mich raten, das Gesicht von … Lutschtabletten gegen Mundgeruch?«
»Nein.«
»Hm, wir befinden uns in der Grippesaison. Was könnte es dann also sein? Etwas Hustenreizstillendes. Oder … Oh, etwas gegen Sodbrennen?«
»Nein.«
»Na, so was, das würde doch zu mir passen.« Und dann dämmerte mir, was es in Anbetracht meiner derzeitigen Glückssträhne sein könnte. »Immodium?«
»Nein.«
»Ich geb’s auf.«
»Crème de Menthe.«
»Nicht doch!«
»Doch.«
»Ist ja cool.«
Sobald ich aufgelegt hatte, rief ich Julia an.
»Guten Abe … oh, tut mir leid, guten Morgen!«
»Jules, ist alles okay bei dir?«
»Ach, Sare«, flüsterte sie. »Ich bin todmüde.«
»Du hörst dich völlig fertig an, Süße.«
»War bis fünf Uhr morgens auf. Carlos hat gespielt.«
»Hat’s Spaß gemacht?«
»Hat’s Spaß gemacht?« Sie seufzte. »Nein. Nicht wirklich. Es war eine dieser Pacha Partys, und alle Mädchen waren jung und hinreißend und trugen Hotpants. Da wollte ich Carlos nicht allein lassen.«
»Oh.«
»Ich muss mich jetzt gleich aufs Klo schleichen, um ein Kraftnickerchen zu machen.«
»Vergiss nicht, den Handywecker zu stellen.«
»Mist, ja, wär peinlich, wenn ich gar nicht mehr zurückkäme. Tut mir leid, dass ich dir was vorjammere. Wie geht’s dir denn?«
»Bin wie betäubt.«
»Hast du was von ihm gehört?«
»Nein«, seufzte ich. »Es sind jetzt schon vier Tage. Wie viel Freiraum soll ich ihm geben?«
»O Babe, wenn ich das wüsste.«
»Eigentlich, Jules, will ich gar nicht darüber reden, wenn du nichts dagegen hast.«
»Dann reden wir morgen im Café darüber.«
Ich unterdrückte ein Stöhnen. Am kommenden Tag wartete nicht nur mein alter Job als Kellnerin auf mich, sondern ich musste auch mit meiner Freundin reden. Das würde lustig werden.
»Pass auf, rate mal, was ich später für ein Vorsprechen habe.«
»Oooh …« Julia liebte dieses Spiel. »Na ja, wir befinden uns in der Grippesaison, weshalb es entweder ein Nasenspray sein könnte oder, da Ostern vor der
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