Halb verliebt ist voll daneben - Roman
mit dem … äh?«
»Ja.«
Mann.
»Oh. Okay«, quiekste ich.
»Cool.« Er nickte ernst.
»Wenn du es bist. Zur Übung. Ich meine, ich bin cool, wenn du cool bist.«
Im Nachhinein besehen eine lächerliche Bemerkung, denn ich konnte in keiner Bedeutung des Wortes als cool beschrieben werden. Ich verlangte mit allen Poren danach, diesen Mann zu küssen.
Leo beugte sich über mich.
»Bist du bereit?«
Scheiße. Mist. Nein. Mein Plan. Was stand noch mal in meinem Plan? Mir fiel es wieder ein. Nur dass mein Plan jetzt plötzlich gar nicht mehr lustig war. Mein brillanter Plan war auf einmal so verlockend wie eine vegane Diät.
Wenn ich das nächste Mal um vier Uhr morgens wach wurde, um zwei Liter Leitungswasser in mich hineinzukippen und mich dabei für einen Plan entschied, würde ich zugleich an einen Plan B denken.
»Ja.« Ich nickte Leo zu.
Ich brachte meinen Mund in die Schlangenkussposition. Darauf bin ich nicht stolz. Aber das war mein Plan. Wenn ich Leo schon küsste, dann musste ich dafür sorgen, dass es furchtbar wurde. Ich war mit mir übereingekommen, dass ich Simon gegenüber nur dann untreu würde, wenn ich ihn wie Sarah Sargeant küsste. Also würde ich ihn nicht so küssen, wie ich normalerweise küsste. Nicht, dass ich im echten Leben jemals die Chance bekommen hätte, Leo zu küssen, ich meine, möglich wäre es schon, wenn ich Single wäre und es mir irgendwie gelungen wäre, mit ihm zu knutschen, sagen wir in einem Nachtklub in den frühen Morgenstunden, sofern er ein Junggesellenwochenende machte und sich im Umkreis von zehn Kilometern keine andere Frau befand und er die vorangegangenen neunzehn Jahre in einem indischen Ashram verbracht hatte.
Egal, ich gelobte mir, mit ihm so zu knutschen wie meine Rolle als Taylor, die im Küssen nicht sehr gut war, das verlangte. Gott segne sie. Sie küsste wie eine Schlange. Die Lippen fast durchwegs geschlossen, als würde man einen Hintern küssen. Doch viele Leute mögen das so, also wollte ich es auch wiederum nicht zu angenehm machen. Ich würde ganz beiläufig meine Zunge hervorschießen lassen, aber nur, wenn es absolut nötig war. Denn genießen durfte ich es nicht. Ich durfte mich auf keinen Fall mitreißen lassen.
»Also, ich hole dich hier ein und dachte mir, dass ich dein Gesicht etwa so berühren werde.«
Ich verfolgte, wie seine Hand sich auf meine Wange zubewegte. Dann spürte ich seine rauen Finger auf meiner Haut. Er bewegte seinen Kopf, sodass er mit meinem auf einer Höhe war. Und hielt ihn dort. Und sah mich einfach nur an. Er hielt nur mein Gesicht und sah mich an. Er näherte sich mir nicht zu einem meiner erstaunlichen Schlangenküsse. Wir schauten einander einfach an. Wobei ich bei dieser Wir-schauen-uns-an-Übung die besseren Karten hatte. Seine Lippen waren leicht geöffnet. Und ich fand, dass er sehr freundlich aussah. Seine Augen waren blau, stechend und all die anderen beschissenen Worte, die man zur Beschreibung umwerfender Männeraugen benutzt. Aber in erster Linie sah er mich damit freundlich an. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass meine Menschenkenntnis erbärmlich ist – ich habe Tony Blair nämlich auch mal für einen netten Mann gehalten.
Ich öffnete meine Lippen ebenfalls leicht, was schlecht war, denn für den Schlangenkuss hätten sie fest geschlossen sein müssen. Wir starrten einander an. Es dauerte bereits eine Ewigkeit. Ich hätte gern meine Augen geschlossen. Aber andererseits wollte ich es auch auskosten. Weil es sexy war. Also gut. Sehr sexy. Sagen Sie’s bloß nicht Simon, aber dieser Mann hatte die erotische Ausstrahlung einer Dachterrassenbar im Sonnenuntergang, wo er ihr noch einen Drink spendierte.
Unser Atem ging jetzt synchron. Jedes Mal, wenn wir gemeinsam ausatmeten, fühlte sich das an, als würden wir miteinander verschmelzen. Schließlich beugte er sich
tiefer, und meine geteilten Lippen öffneten sich, um seine willkommen zu heißen. Wir gaben uns ein paar kurze Küsse, wobei wir gegenseitig die fleischigen Unterlippen erkundeten. Als wir uns küssten, stimmte sogar der Klang. Perfekte kleine Schmatzgeräusche.
Scheeiiße!!! Plötzlich fiel mir der Schlangenkuss wieder ein. Ich presste meine Lippen aufeinander. Leo war überrascht. Er hielt inne und sah mich wieder an. Dann setzte er einen seiner Daumen ein, um meine Lippen nachzuzeichnen, was sehr raffiniert war, denn es bedeutete, dass ich meine Lippen entspannen musste. Denn ich konnte ihn das nicht gut machen lassen
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