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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Sehenswürdigkeiten und demonstrierte dabei den unverdienten Stolz eines Menschen, der sich einbildete, ein Ort würde ihm schon gehören, bloß weil er dort lebte. Trotz der homogenen Natur des Überwuchses, der mir zunächst außerordentlich stumpfsinnig vorgekommen war, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er auf dem Kopf stand und einen umbringen würde, sollte man versehentlich loslassen, hatte sogar er interessante Anblicke zu bieten, jedenfalls für Leute, die imstande waren, Interesse aufzubringen. Da gab es die von ihr als Scheibenkleisterfontäne bezeichnete Stelle, an der Bewässerungsrohre gebrochen waren und ein Strom, zwanzig Mal so breit wie der Gleiter, vom Himmel herab in den darunterliegenden Abgrund stürzte. Ein spektakulärer Anblick, wenn man ein Faible für derartige Dinge hatte. »Wir haben einmal überlegt«, erzählte Lassiter, »den Wasserdruck zu mindern und es als eine Art Dusche zu benutzen; es wäre kein Problem, regelmäßig mit einem Gleiter herzukommen, die Schilde abzuschalten und einfach unter dem Vorsprung zu verharren und die Dusche zu genießen.«
    »Und wo liegt das Problem?«, fragte ich. »Nicht warm genug?«
    »Nein. Zu ätzend. Und zu sehr angereichert mit Nährstoffen für den Überwuchs und über den auch für die Brachiatoren. Wenn man in dem Wasser duscht, fühlt man sich schmutziger, nicht sauberer. Aber es sieht toll aus, finden Sie nicht?«
    Ich setzte ein mentales Häckchen unter mein langjähriges Vorurteil über Ökosysteme und sagte nichts dazu.
    Danach verdunkelte sie die Schilde, um unsere Augen zu schützen, und brachte uns so nahe an eine der Glühsphärensonnen, wie sie es nur wagte. Aus einer Entfernung von mehreren Kilometern waren sie wie brodelnde Flammenbälle, deren ausströmende Hitze die nahen Stürme in Wallung versetzte. Nie hatte ich ein von Menschen oder anderen Lebensformen betriebenes Habitat erlebt, in dem solche Kräfte gebändigt wurden, um Hitze und Licht in der Ökosphäre zu erzeugen, und ich gestehe, die Knöchel meiner Finger färbten sich auf der Armlehne weiß, als ich mich fragte, was die Atmosphäre eigentlich davon abhielt, einfach zu verbrennen. Aber Lassiter lachte mich aus.
    »In Relation zu ihrer Größe geben sie etwa so viel Wärme ab wie ein Feuer von der gleichen Größe. Nach menschlichem Ermessen sind sie zwar höllisch heiß, aber sie können auf keinen Fall alles um sich herum einäschern. Nein, so weit wir es beurteilen können, dienen sie vor allem dazu, an diesem Ort Tage und Nächte zu simulieren. Wollen Sie wissen, woher der größte Teil der Wärme von One One One stammt? Von den Ozeanen. Ob dafür interne Vorgänge verantwortlich sind oder vielleicht die chemischen Reaktionen innerhalb der Meere im Zusammenspiel mit dem schlichten atmosphärischen Druck dort unten, sie haben jedenfalls eine Temperatur, die weit über dem liegt, was wir als heiß bezeichnen würden, und die Hitze, die von ihnen aufsteigt, reicht vollkommen, um uns angenehm warm zu halten. Die Stürme sind nichts anderes als eine gewaltige Maschinerie zur Umverteilung der Wärme.«
    »Wie alle Wetterlagen«, sagten die Porrinyards.
    »Richtig«, stimmte Lassiter zu.
    Was hatte ich gleich über Kochtöpfe gedacht? Ich machte mir wieder einmal bewusst, wie sehr ich Ökosysteme aus grundsätzlichen Erwägungen heraus hasste, und behielt meine Meinung für mich.
    Die Zeit der Reisebeschreibungen fand ein Ende, als wir unsere Aufmerksamkeit dem Phänomen widmeten, das uns hergeführt hatte.
    Lassiter tippte auf die ROM-Disk an ihrer Stirn. Die Luft vor ihr flimmerte kurz und verwandelte sich in ein verschwommenes zweidimensionales Gitter mit Isobaren und Symbolen, aus denen meine Augen etwa das Gleiche lasen wie aus einem Haufen Spaghetti. Einen Punkt spießte sie mit dem Zeigefinger auf. Verzerrungen verbreiteten sich wellenförmig über das Bild. »Die Abbildung ihrer Migrationsmuster ist mir wirklich gut gelungen, wobei es nicht besonders schwer ist, sie zu verfolgen, wenn man bedenkt, mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegen. An diesem Punkt müssten vier Stammeskonfrontationen der Art stattfinden, von denen Sie gesprochen haben: eine, die gerade beginnt, eine, die beinahe vorbei ist, zwei, die irgendwann heute in das intensivste Stadium des Konflikts eintreten werden. Ich bringe Sie so nah wie möglich an diese beiden heran.«
    »Ich verstehe nicht, was das mit irgendwas anderem zu tun haben soll«, sagte Godel. »Sie besitzen nicht die

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