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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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in denen ich zögerte, unsicher war, ob ich einem der beiden zu viel Aufmerksamkeit widmete. Ich fürchtete, den anderen zu vernachlässigen, nur um vorangetrieben zu werden, besänftigt, um mir sagen zu lassen, dass es egal sei, weil zwischen ihnen kein Wettstreit stattfinden könne. Nun wurde mir klar, warum sie solche Abscheu gegenüber Liebhabern empfanden, die darauf beharrten, sie als zwei Personen wahrzunehmen. Ihnen gegenüber war dergleichen respektlos, eine Herabstufung auf etwas Gewöhnliches, das sie auf eine Zirkusnummer reduzierte und der besonderen vereinten Kreatur, die sie tatsächlich hervorgebracht hatten, die Anerkennung verweigerte.
    Wenn sie mit mir sprachen, schien es, als erklänge ihre gemeinsame Stimme irgendwo in meinem Kopf. Aber diese Illusion hatte ich schon früher erlebt, und das war nicht der sonderbarste oder wunderbarste Teil der Geschichte. Denn es gab auch Momente, in denen sich die Grenzen zwischen uns allen aufzulösen schienen und ich glaubte, meine Erfahrungen in der Haut von Oscin oder Skye zu machen.
    Es war wunderbar, den Höhepunkt von allen Seiten zu spüren.
    Als Oscin in mir kam, erbebten Skyes Beine, die meine Taille umfingen, und ich wurde von einer Woge des Wohlgefühls überwältigt, die mich fürchten ließ, mein Herz könne jeden Moment explodieren.
    Das war das erste Mal.
    Beim zweiten Mal wurde es besser. Beim dritten auch.
    Ich befolgte den Rat der KIquellen und stellte Nachforschungen über Ereignisse an, die zur selben Zeit stattgefunden hatten wie das Massaker auf Bocai. Es war eine beinahe sinnlose Herausforderung. Interstellare Entfernungen hatten die Synchronizität irgendwelcher Geschehnisse von jeher zu einem Witz gemacht, und daran würde sich vermutlich nie etwas ändern. Aber ein paar Möglichkeiten kamen doch zum Vorschein. Ich fing an, eine vorläufige Liste zusammenzustellen.
    Zwei Wochen, nachdem ich meinen Abschlussbericht abgespeichert hatte, fand ich mich ganz allein an einem langen, trägen Nachmittag wieder und hatte weiter nichts zu tun, als die herumirrenden Gedanken in meinem Schädel zu verfolgen. Ich verbrachte einen großen Teil dieses Nachmittags im Haupthangar, schlenderte umher, sagte irgendwelchen Leuten hallo, aß mehr, als ich hätte essen sollen, nahm zweifelhafte Komplimente darüber entgegen, wie erstaunlich nett ich doch sein könne, wenn ich nicht an einem Fall arbeitete. Lange saß ich einfach nur auf den Stufen zum Dip-Corps-Transporter und spielte in Gedanken noch einmal die Ereignisse der jüngsten Zeit durch, kämpfte gegen die Anspannung an, die sich in meinem Innern breitgemacht hatte, seit die Porrinyards früh am Morgen zum Habitat aufgebrochen waren. Wie stets hatten sie mich eingeladen, sie zu begleiten, aber ich hatte dankend abgelehnt und erklärt, es gebe da noch einige Dinge, über die ich nachdenken müsse. Als sie schließlich zurückkehrten, legte ihre beiderseitige Erschöpfung nebst den saftbekleckerten Overalls beredtes Zeugnis über einen langen Tag im Überwuchs ab, während meine Überlegungen sich in einem Ausdauertraining in Form ununterbrochenen Im-Kreis-Herumlaufens niedergeschlagen hatten.
    Skye stellte zuerst Augenkontakt mit mir her, doch dann erstarrten beide mitten im Schritt, sackten zusammen, sahen sich um und konzentrierten sich auf einen Schlafkubus, in dem wir uns den Dingen widmen konnten, die ausgesprochen werden mussten. Sie vergewisserten sich, dass ich erkannte, wohin sie gingen, und winkten mir zu, ihnen zu folgen. Ich wartete, schob den Moment so lange ich nur konnte vor mir her, dann stemmte ich mich mühsam hoch und setzte mich in Bewegung.
    Einige Leute grinsten mir unterwegs zu. Das war keineswegs ungewöhnlich, schließlich waren die Porrinyards sehr beliebt, und es war kein Geheimnis mehr, dass wir eine Einheit bildeten.
    Ein paar hielten jedoch gerade lange genug Augenkontakt, um das Grinsen verblassen zu lassen.
    Ich wandte den Blick ab und schaffte es bis zu dem Schlafkubus, ohne dass irgendjemand mich fragen konnte, was denn nur nicht stimmte.
    Die Porrinyards warteten bereits auf mich, und auf ihren Gesichtern lag ein identischer Ausdruck untröstlichen Kummers. Keiner von uns sagte etwas, ehe ich den Zischschirm aktiviert, ihn auf einem Tisch neben einer der beiden Kojen abgestellt und Platz genommen hatte. Die Porrinyards setzten sich zögernd auf die andere Pritsche, so zurückhaltend, als fürchteten sie, die Matratze wäre nicht solide genug, ihr gemeinsames

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