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Halbmast

Halbmast

Titel: Halbmast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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«Clean and go» – Raum- und Gebäudepflegeservice GmbH & Co. KG arbeitete, ohne dort in irgendeiner Weiseregistriert zu sein. Es brachte wesentlich mehr Geld pro Stunde, wenn man eigentlich überhaupt nicht existierte. Robert Adamek und die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen putzten die Werfthalle und die Schiffe ohne je gesehen zu werden, also nachts. Doch man hatte ihnen eine Nummer gegeben, für den Fall der Fälle, dass jemand ernsthaft krank würde. An diese Nummer durfte man sich nur in dringenden Angelegenheiten wenden. Am Tag, als Svetlanas Fieber begann, hatte Robert Adamek zum ersten Mal diese Nummer gewählt. Und dann in immer kürzer werdenden Abständen, insgesamt noch sieben Mal. Nur an diesem Donnerstag. Das letzte Gespräch hatte länger gedauert, fast zehn Minuten. Marten schlussfolgerte daraus, dass Adamek endlich die Person erreicht hatte, die er sprechen wollte. Um Viertel nach fünf. Normalerweise war um diese Zeit das Personalbüro nicht mehr besetzt.
    Also hatte Marten ebenfalls bis nach Feierabend gewartet. Und dann erneut die Nummer gewählt.
    Eine unbekannte Frauenstimme hatte sich gemeldet, den Namen hatte er sich nicht so schnell merken können. «Czybula», hatte Marten sich genannt, Svetlana hatte ihm einmal erzählt, dass Zwiebel auf Polnisch
Czybula
hieß und sie früher von ihren Freundinnen so genannt wurde, weil sie im Winter immer so viele Pullover übereinander getragen hatte. Einen polnischen Akzent hatte Marten ebenfalls in seine Stimme gebastelt. «Czybula hier. Ich haben Schmerzen. Schlimme Schmerzen.»
    «Einen Moment bitte», hatte die Unbekannte erwidert, dann füllte eine metallische Wartemelodie die Minuten, bis das Gespräch wieder aufgenommen wurde. «Hören Sie?»
    «Ja?»
    «Doktor Perl ist zurzeit beschäftigt. Er wird sich bei Ihnen melden. Wie ist Ihre Rufnummer?»
    Marten hatte aufgelegt. Perl war der Betriebsarzt bei Schmidt-Katter, Marten kannte ihn schon ewig, sie waren fast ein Alter. Nur vom Sehen, zum Glück war Marten nie etwas zugestoßen, er hatte nie das Sprechzimmer auf dem Werftgelände betreten müssen. Perl war ein Mann mit schmalen Händen und akkuratem Seitenscheitel. Marten mochte solche Schmierhemden nicht. Sie arbeiteten nur halb so schwer, wie er es getan hatte, und doch musste von denen niemand stempeln gehen.
    Robert Adamek hatte sich also in seiner Not via Personalbüro mit dem Betriebsarzt verbinden lassen. Es war klar, dass dies bedeutete: Sollte einer der Illegalen die Frechheit besitzen, krank zu werden, so kümmerte sich die Werft darum und niemand sonst. Die Telefonliste hatte ansonsten nichts hergegeben.
    Marten hatte ein wenig gezögert, die Recherchen auf seine ehemaligen Kollegen auszuweiten. Er erinnerte sich selbst nur zu gut an das miese Gefühl, wenn man selbst noch Arbeit hatte und in der Leeraner Fußgängerzone oder im Einkaufszentrum «Ems-Park» einen traf, der nicht mehr dabei war. Man wollte am liebsten flüchten, so als sei Arbeitslosigkeit ansteckend. Trotzdem hatte er einen Tag später vor dem Werfttor A auf Wolfgang Grees gewartet. Der musste wissen, wie es mit den Illegalen und der ärztlichen Versorgung lief. Als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender war er selbst mit den Subunternehmern in Kontakt gewesen. Er hatte sich schließlich oft und gern deren Aufträge bezahlen lassen. Von ihm hatte sich Marten die nötigen Informationen erhofft, wie es mit der Krankenversorgung der «Pfennigschwitzer» aussah. Zugegebenermaßen hatte er sich nicht viel Hoffnung gemacht, warum sollte Grees ausgerechnet ihm als Entlassenen etwas über die Machenschaften der Werft erzählen? Aber er wollte es versuchen.
    Und dass es mit dem Treffen dann nicht geklappt hatte, erwies sich als wesentlich aufschlussreicher. Er wartete nämlich vergeblich auf Grees. Etliche seiner ehemaligen Mitstreiter, die noch vor einem halben Jahr mit ihm unter den Betriebsduschen oder in der Kantine gelacht und jede Menge Blödsinn gemacht hatten, wichen seinem Blick aus und machten einen Bogen um ihn. Die Minuten waren vergangen, immer weniger Arbeiter liefen ihrem Feierabend entgegen. Schließlich hatte sich Marten ein Herz gefasst und einen Auszubildenden seiner ehemaligen Schicht am Ärmel zur Seite gezogen.
    «Hey, ich suche den Grees.»
    «Der ist krank», hatte der Bubi Auskunft gegeben.
    «Ach so, Mist. Was hat er denn?»
    «Der hat sich beim Saufen den Arm verkokelt!» Man hatte dem Jungen ansehen können, dass ihn diese Vorstellung ein wenig

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