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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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Geruch, findest du nicht auch?« Ich hatte Rourke fast erreicht. »Halt«, schrie sie, »oder er stirbt jetzt sofort!« Einer ihrer Energieblitze schlug in die Wand unmittelbar neben mir ein.
    Mein Kopf fuhr in Richtung ihrer Stimme herum, und ich kam schlitternd zum Stehen.
    Den Tarnzauber, den sie um sich selbst gewebt hatte, musste sie im selben Moment aufgehoben haben, in dem sie ihn von Rourke genommen hatte. Ich hatte es nicht einmal bemerkt. Genau gegenüber von Rourke gab es einen kleinen Alkoven. Zwischen diesem Alkoven und Rourke schwang Selene auf etwas, das ich nicht ganz erkennen konnte. Eine Schaukel oder   … Was ist das, e in Trapez? , fragte ich meine Wölfin. Wieder erhielt ich keine Antwort. Sie weigerte sich, ihre Aufmerksamkeit auch nur für einen Moment von Rourke abzuwenden.
    Schaukel, Trapez, egal: Das Ding, auf dem Selene saß, hing an dicken Ketten von der Kuppeldecke herunter, und Selene schaukelte sanft damit hin und her. Es wirkte, als langweile sie sich eigentlich dort oben. Sie trug wieder ihr albernes Rockerbraut-Outfit: Bis hin zu der hautengen Korsage steckte sie in schwarzem, mit Nieten beschlagenem Leder. Ihre rote Lockenmähne fiel ihr offen über den Rücken; ihre zarte Porzellanhaut reflektierte das Kerzenlicht. Ich strengte mich an, um zu erkennen, worauf sie saß: Das konnte keine Schaukel, kein Trapez sein. Dazu war es zu unförmig, zu sperrig, zu groß   …
    Mir drehte sich der Magen um.
    Alles, was man von der menschlichen Gestalt noch erkennen konnte, die fest in ein engmaschiges schwarzes Netz gewickelt war, war das haselnussbraune Haar, das aus ein paar Löchern im Netz hervorlugte. Der Körper war blutgetränkt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Aber ich wusste dennoch, wer es war. Ich komme und hole dich, Naomi. Wir werden uns gemeinsam an ihr rächen.
    Selene zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Was sie wollte, war sicherzugehen, dass ihr dramatischer Auftritt auch genügend Eindruck bei mir hinterlassen hatte. Sie warf den Kopf zurück und sagte: »Weißt du eigentlich, wie lange ich darauf gewartet habe, mich an dieser hinterfotzigen Verräterin zu rächen? Über dreihundert Jahre! Ich habe diesem Miststück alles gegeben, und sie hat es mir vor die Füße geworfen bei der erstbesten Gelegenheit.« Selene lächelte grimmig. Die Lippen, die sie sonst so gern zu einem Schmollmund aufwarf, bildeten plötzlich eine dünne Linie. »Es war einfach zu köstlich, dass du sie zu meiner Schwelle geführt hast. Du hast geschafft, wozu ihr Bruder dreihundert Jahre lang nicht in der Lage war. Dafür sollte ich dich eigentlichbelohnen, aber es wird so viel mehr Spaß machen, dich umzubringen. Weil du mich aber so großzügig beschenkt hast, hebe ich mir dich bis zum Schluss auf.«
    Sie hierher zu bringen, dazu war ihr Bruder nicht in der Lage? Das bedeutet dann ja wohl, dass Eamon die ganze Zeit für Selene spioniert und in ihren Diensten gestanden hat. Mit einem Mal ergab alles Sinn. Meine Wölfin, immer noch untröstlich, drängte mich mit aller Macht, mich allein um Rourke zu kümmern. Ehe ich sie dazu bringen konnte, sich auf mich zu konzentrieren, hörte ich ein leises Geräusch hinter mir.
    »Ergreif sie!«, rief Selene und lachte. Sie hatte viel zu viel Vergnügen an dem Ganzen.
    Zeit, die ihr Suppe gehörig zu versalzen.
    Ohne mich vorher umzublicken, wirbelte ich herum. Mit dem Schwung, den meine übernatürliche Schnelligkeit bei dieser Bewegung aufbaute, trat ich Eamon gegen den Brustkorb. Er krachte gegen die nächste Felswand, die unter dem Aufprall förmlich explodierte. Eamon entstieg den Trümmern augenscheinlich unverletzt. Abgesehen von dem Blut, das ihm aus dem Mundwinkel sickerte, ein feines Rinnsal nur, aber immerhin. Er kräuselte die Lippen, während seine Gesichtszüge in Bewegung gerieten. Sein Kinn wurde herabgezogen, seine Wangen fielen ein und die Wangenknochen verdrehten sich auf makabre Weise.
    Er entblößte lange, spitze Fangzähne, von denen Blut tropfte. »Endlich«, zischte er, »werde ich Zeuge deines Todes sein. Das habe ich mir gewünscht, seit ich dich zum ersten Mal vor meiner Königin stehen sah, anmaßend und unverschämt, ohne Respekt vor irgendwem. Du verdienst wahrhaftig den Tod. Du bringst nichts als Wahnsinn über die Übernatürlichen und ihre Art.«
    »Du Dreckskerl«, beschimpfte ich ihn, »du hast deine Schwester in die Falle gelockt. Du hast die ganze Zeit über gewusst, dass der Tod auf sie wartet. Sei wenigstens Manns

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