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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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landen würde. Aber ich hatte ihn kraftvoller geworfen, als selbst ich es mir zugetraut hatte. Der Absturz würde Selene einige kostbare Sekunden kosten, die ich dazu nutzen wollte, meinen Gefährten zu befreien.
    »Geh sofort von mir runter!«, schnauzte sie den Vampir an, der auf ihr gelandet war, und verlieh ihrer Forderung mit einem wütenden Tritt zusätzlich Gewicht. Eamon krachte gegen die Wand auf der gegenüberliegenden Seite.
    Blitzschnell erklomm ich unter Einsatz meiner Klauen die Höhlenwand. Sobald Selene mit Eamon fertig wäre, würde sie auf mich losgehen. Aber ich hoffte, ich wäre ein schwer zu treffendes Ziel. Ich hastete zu dem höchst gelegenen Felssims. Wenn ich es schaffte, Rourke hinunterzulassen und die silbernen Wundspreizer zu entfernen, könnte er sich genug erholen, damit die Wunden heilten. Ich hoffte es inständig. Im Laufen beäugte ich die Ketten. Sie waren ebenfalls aus Silber. Sie anzufassen wäre kein Spaß. Es würde brennen wie die Hölle. Sei’s drum.
    Ich sprang, hechtete durch die Luft, um das letzte Stück bis zu den Ketten zu überbrücken.
    Fels explodierte mit enormer Energie über meinem Kopf. »Bleib bloß weg von ihm!«, rief Selene. »Du kannst ihn nicht retten. Er steht unter meinem Bann, und die Ketten sind mit einem Zauber belegt. Für dich wird er nicht erwachen, kapiert?« Ich ignorierte sie völlig. »Halt!« Sie klang, und das war Musik in meinen Ohren, mit einem Mal ziemlich verzweifelt.
    In dem Augenblick, in dem meine Fingerspitzen mit den Ketten in Berührung kamen, fing die Haut an meinen Händen an, Blasen zu werfen. Also klemmte ich die Ketten mit den Unterarmen ein, statt sie mit Händen zu greifen. Dort schützte mich mein Langarm-T-Shirt vor dem direkten Kontakt mit dem Silber. So rutschte ich die Ketten hinunter. Erst als ich unten ankam und auf Rourkes Stiefelsohlen landete, reagierte ich auf Selene und rief ihr mit voller Überzeugung zu: »Du hattest nie die Absicht, Rourke zu töten. Warum solltest du das tun, obwohl du ihn für dich allein haben kannst, wenn ich erst aus dem Weg bin?«
    Ihr Aufschrei erzählte mehr als tausend Worte. »Du weißt gar nichts, du elende Missgeburt! Ich bring euch beide um, wart’s nur ab!« Sie schoss einen Energieblitz auf mich ab, aber er ging weit daneben. Anderthalb Meter links von mir schlug er in den Fels ein.
    Allein, dass ich Körperkontakt zu Rourke hatte, brachte in meinem Körper alles zum Klingen.
    Meins.
    Als wäre ein Gong angeschlagen worden, ließ das Verlangen jede Zelle in mir vibrieren. Meine Wölfin hatte ja so was von recht gehabt! Ich hatte mir nicht erlaubt, wahrzunehmen, wie stark meine Gefühle für ihn waren, weil da etwas in mir war, das ich hatte beschützen wollen, etwas sehr Zerbrechliches. Deshalb hatte ich die Gefühle tief in meinem Herzen verschlossen. Derart intensive Gefühle waren gefährlich. Auch jetzt musste ich mich vor ihnen verschließen, wollte ich nicht völlig von ihnen überwältigt werden.
    Selene hatte nicht gelogen. Die Ketten waren mit ihrer Magie förmlich durchtränkt. Die Magie schlug nach mir wie Peitschenschnüre. Wir müssen den Fluch brechen. Kannst du dir irgendeinen Reim daraus machen, welche Art von Zauber das ist? Meine Wölfin knurrte. Selenes Magie kroch mir bereits unter die Haut. Wir müssen uns beeilen.
    »Ihr beide seid schon so gut wie tot.« Anstatt noch einmal einen Magieblitz nach mir zu werfen, flog Selene, jetzt offenkundig auf Hundertachtzig, auf uns zu. Ihr Porzellangesicht war derart wutverzerrt, dass sie aussah wie eine Kreuzung zwischen einer Barbiepuppe und dem Leibhaftigen. Ich strengte mich unglaublich an, den Fluch zu brechen, aber so leicht und schnell wollte mir das nicht gelingen. Um mir ausreichend Halt zu verschaffen, umschloss ich nun doch mit beiden Händen die Ketten; meine Handflächen zischten wie Fleisch in einer zu heißen Pfanne. Sollte Selene uns zu nahe kommen, wollte ich sie mit einem Fußstoß abwehren, doch sie jagte nach oben davon und entging meinem Tritt. Ehe ich begriffen hatte, wo sie geblieben war, war sie schon hinter mir.
    Die einzige Vorwarnung war ein Aufschrei. Doch schon im selben Moment traf mich ihr Magiestoß im Rücken. Ich schlug auf dem Höhlenboden auf, ehe ich wusste, dass ich fiel. Der Aufprall trieb mir sämtliche Luft aus den Lungen. Meine Wölfin war außer sich, winselte und schnappte nach den roten Linien, die sich in meinem Sein breitmachten. Gleichzeitig drängelte sie: Ich sollte

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