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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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dass wir die Angst beherrschen , wies ich meine Wölfin an. Wir sollten möglichst keinen verräterischen Geruch absondern.
    »Nun, mein Ruf eilt mir in gewissen Kreisen durchaus voraus«, antwortete mein Gegenüber.
    »Ich vermute, Sie sind hier, um Ihre Prämie zu kassieren?«
    »Wie bitte? Ach, spielen Sie gar auf das da an?« Er vollführte eine grazile Geste mit der Hand und deutete mit wunderbar manikürten Fingern auf Selenes leblosen Körper. Die Geste machte deutlich, wie wenig ihn Selene kümmerte. Waren Kobolde schmierig und ungepflegt, zeigten sich Dämonen-Lords als das krasse Gegenteil. Dieses in Männergestalt erscheinende Wesen verströmte genug Macht, um uns allen auf einen Schlag den Hahn zuzudrehen. Gekleidet war es wie der Anchorman eines seriös auftretenden TV -Kanals: Der Anzug saß perfekt, sicher maßgeschneidert, und nichts, nicht einmal ein Fussel störtedie Makellosigkeit der Erscheinung. Das Outfit musste an ihn hingezaubert worden sein. Ich hatte mir immer vorgestellt, Dämonen trügen Umhänge, aber bestimmt nicht, dass sie ausstaffiert waren, als wollten sie die Abendnachrichten verkünden! Das Verstörendste an dem Wesen war sein Gesicht. Es war so akribisch gepflegt wie grausam, so makellos wie raubvogelartig brutal und stahlhart. Sein Haar war über der Stirn zu einer Frisur aufgetürmt, die unmöglich nachzuahmen gewesen wäre. Denn selbst bei Jersey Shore hätte es dafür nicht genug Haargel gegeben. »Selene ist nicht der Grund für meine Anwesenheit. Das sind selbstverständlich Sie, nur Sie allein.«
    »Ich bin der Grund? Was soll das denn heißen?«, fragte ich und schrak vor ihm zurück. So viel zu dem Vorhaben, cool zu bleiben.
    Das Unterweltgeschöpf machte einen Schritt auf mich zu, und ein Knurren aus mehr als einer Kehle hallte in der Höhle wider. Mein Blick zuckte nach rechts. Beiden, Tyler und Danny, war an den Gesichtern anzusehen, dass sie auf Angriffsbereitschaft umgeschaltet hatten. »Meine Schwester ist nicht zur Adoption freigegeben, Dämon«, grollte mein Bruder. »Da haben Sie sich in der Höhle geirrt.«
    Der Dämon blieb stehen und hob abwiegelnd die Hände. Es sah aus, als wolle er einer Gruppe von gläubigen Anhängern eine Predigt halten. »Erlauben Sie mir, mich korrekter auszudrücken. Ich kam, um einschätzen zu lernen, wie sehr meine Art sich von Ihnen bedroht zu fühlen Anlass hat, und ein entsprechendes Vorgehen in die Wege zu leiten. Ist dies geschehen, tue ich, was getan werden muss. Wie immer.«
    Rourke trat einen Schritt vor. Doch ehe er sich an den Dämon wenden konnte, legte ich ihm die Hand auf den Arm und trat selbst vor. Er sollte in diese ganze Sache auf gar keinen Fall hineingezogen werden. Immerhin hatte ich ihn gerade erst zurückbekommen. »Ich bin keinerlei Bedrohung für Ihre Art. Darauf kann ich Ihnen mein Wort geben. Ich habe Ihrem Kobold genaudasselbe gesagt. Ich habe kein Interesse an Dämonen, und das wird sich auch nicht ändern.«
    »Das ist gut zu hören. Aber unser Orakel verkündet etwas anderes. Ein weiblicher Werwolf ist nun einmal eine große Sache, verstehen Sie mich recht. Die Kräfte, die Ihnen anvertraut wurden, sind schwer berechenbar. Es heißt, Sie könnten sich, wenn nötig, anpassen und Eigenschaften derer übernehmen, die Sie bekämpfen. Deswegen werden Sie als Bedrohung für unsere Art begriffen. Ich bin hier, um dieser Bedrohung Herr zu werden.«
    »Wie kann ich Ihre Art bedrohen, wenn ich kein Interesse an ihr und Ihnen habe? Nichts, was ich bisher unternommen habe, hat sich gegen die Unterwelt gerichtet. Denn das ist eine große Sache. Sie dürfen mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ich nicht die geringste Sehnsucht nach einem Besuch dort verspüre.«
    »Ah, nichts hat sich gegen uns gerichtet, ja? Oh doch, hat es! Sie haben bereits Schritte gegen uns unternommen, Werteste.« In einer übertriebenen Geste holte er aus, nur um dann die Hände vor dem Bauch zu verschränken. »Kürzlich erst haben Sie nicht nur einen Kobold getötet, sondern gleich zwei. Geschmack und Kultiviertheit mögen Ansichtssache sein, gewiss. Nichtsdestotrotz gehören sie zu unserer Art, egal wie degoutant sie sind. Und bitte, korrigieren Sie mich, wenn ich mich irren sollte: Aber haben Sie nicht gestern noch eine kleinere Armee unserer überaus geschätzten Schoßtierchen aufgerieben, der Camazotz? Jammerschade, dass sie nicht zu ersetzen sind! Und jetzt, so scheint es zumindest, haben Sie eine mächtige Göttin getötet, die im

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