Halbmondnacht
selbst auf, reicherte sich an, bis sich ihr Energiewert verdoppelt hatte. Nun verströmte auch Selene ihre Magie; diese umschwirrte mich in Form unzähliger roter fadendünner Linien, die mich einhüllten. Als Selenes Rotin Kontakt mit meinem Blut kam, zischte es. Mir wurde heiß und heißer. Mein Körper erhitzte sich, während Magie mit Magie kämpfte.
Für einen kurzen Moment fühlte ich mich vollkommen verlassen und allein.
Mein Gold frass sich durch Selenes Körper. Vor meinem geistigen Auge sah ich ihre Unsterblichkeit als winzige rote Leuchtfeuer überall in ihr verteilt. Keine Überraschung. Die Leuchtfeuer griffen meine Magie mit Flammenfingern an und bekämpften sie. Unter mir stöhnte und ächzte Selene, bäumte sich immer wieder auf und wand und krümmte sich. Ich drängte ihre Magie zurück. Wir müssen ihr zum Schluss einen echt fetten Schuss unserer Magie verpassen, genau dann, wenn sie von unserer Energie vollkommen durchtränkt ist.
Ich war nicht sicher, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen wäre, wann meine Magie Selene ausreichend geflutet hätte.
Selene nahm mir die Entscheidung ab.
Wieder bäumte sie sich auf, heftiger denn je, und kämpfte jetzt mit aller Kraft gegen mich. Rot erwachte ihre Magie mit einem Mal auch dort zum Leben, wo sie zuvor noch nicht zu finden gewesen war. Druck baute sich wie von selbst auf. Das ist der Moment. Ich sandte noch mehr Energie in den Kampf gegen die Mondgöttin. Lass uns bitte versuchen, wach zu bleiben, wenn wir das hinter uns haben , bat ich meine Wölfin. Sie hatte keine Zeit mehr, mir ihre Zustimmung zu signalisieren.
Ich hörte, dass Rourke etwas schrie. Doch ich war ganz mit mir und dem Kampf mit Selene beschäftigt.
Unter mir vibrierte Selene vor Energie wie eine angeschlagene Stimmgabel. Ich hielt durch. Ich warf den Kopf in den Nacken und war beinahe sicher, dass ich schrie. Dann schickte ich einen letzten mächtigen Energiestoß zu Selene hinüber. Sobald die Energiekonzentration hoch genug war und Selenes Essenz ganz umschlossen hatte, zog ich meine Magie mit einem kräftigenRuck zurück, so, als würde eine stark gespannte Feder plötzlich losgelassen. Selenes magische Essenz hielt der enormen Zugkraft noch für einen Moment stand, dann riss sie entzwei.
Ihr Wüten füllte die ganze hohe Kuppel und drang nun auch bis zu meinen Sinnen durch. » Nein . Nein!«, gellte ihr Schrei in meinen Ohren, und sie bäumte sich ein weiteres Mal unter mir auf. Gleich würde ihr das Rückgrat brechen. »Ich will nicht sterben! «
»Zu spät«, grollte ich heiser. Ich pulsierte vor Energie, während ich, die Faust um ihr Herz geschlossen, noch härter zupackte. Was von ihrer roten Magie noch übrig geblieben war, platzte wie ein Ballon und löste sich in Nichts auf, genau in dem Moment, in dem ich ihr Herz zerquetschte.
Selenes Körper erschlaffte.
Ich riss die Augen auf.
Dann fiel ich vornüber und schnappte keuchend und angestrengt nach Luft.
Rourke, der mir nicht von der Seite gewichen war, war sogleich bei mir. Seine Arme, nun mit Fell bedeckt, umfingen mich. Ich wurde ganz sanft auf die Füße gezogen. Völlig erschöpft lehnte ich mich gegen Rourke, den Kopf an seiner Brust. Wir blickten beide hinunter auf Selenes leblosen Körper. Ich fand als Erste meine Stimme wieder. »Nur um sicherzugehen, sollten wir sie jetzt am besten noch zerstückeln. Wir lassen das Kreuz noch in ihr drin. Ich muss nur eben wieder zu Atem kommen, dann legen wir los.«
»Alles«, flüsterte Rourke mir ins Ohr, »ich tue verdammt noch mal alles, was du mir sagst. Ich dachte einen Moment lang, ich würde dich verlieren. Dein ganzer Körper hat geglüht. Ich habe geglaubt, Selene tötet dich gerade mit einem ihrer Zauber. Ich habe versucht, dich von ihr wegzuziehen. Vergeblich. Du hast dich nicht mal einen Zentimeter weit von ihr wegbewegen lassen.« Er schüttelte den Kopf. »Was ist passiert?«
»Keine Ahnung«, gab ich wahrheitsgemäß zu. »Aber in Zukunft wäre es wohl angeraten, sich auf keinen Fall mit mir anzulegen, wenn ich glühe.« Ich hatte mich bereits wieder in meine menschliche Gestalt verwandelt. Darin, meine Gestalt zu wandeln, wurde ich immer besser und schneller. Das war inzwischen schon eine Selbstverständlichkeit für mich.
Ich atmete tief durch und drehte mich zu Rourke um.
Er nahm mein Gesicht in seine Hände und musterte mich mit sorgenvollem Blick. »Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?«
»Ja. Ich bin nur
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