Hale 1 Piraten der Liebe
mehr, als er zu Hause gehabt hatte.«
»War Mr. Hale reich?«
»Er hatte ziemlich viel Geld, war aber sehr geizig, wenn es um Jon ging. Der Junge war schlechter bekleidet als die Stallburschen und bekam manchmal sogar weniger zu essen. Mr. Hale gab sein Geld beim Spiel und für Frauen aus. Das letzte, was wir hörten war, daß sein Gut bankrott gemacht hat.«
»Ist Jon jemals dorthin zurückgekehrt?« fragte Cathy langsam und voller Mitleid.
»Nie«, sagte Petersham kurz. »Und ich bezweifle, daß er das jemals tun wird. Er liebt das Leben hier. Ist wie für ihn geschaffen. Für mich übrigens auch.«
Cathy schwieg eine Weile und dachte über das, was Petersham gesagt hatte, nach. Es erklärte viel: sein Mißtrauen gegenüber Frauen, seine Härte und seine massiven Besitzwünsche. Er hatte so wenig gehabt, daß er fest entschlossen war, alles zu nehmen, was er nur konnte, und es auch zu behalten.
»Und - wie wurde er ein Pirat?« fragte Cathy schließlich.
Petersham fuhr fort zu erzählen.
»Nun, durch die Arbeit auf der >Merciful< hatte Jon genug gespart, um sich mit einem anderen Kerl zusammen einen Schlepper zu kaufen. Wir segelten damit an der Küste von Nordamerika hoch und runter und nahmen jede Ladung an, die wir kriegen konnten. Auf dieser einen Reise war Jon dann Kapitän, und wir hatten zufällig Kanonen geladen. Irgendwie mußten einige Piraten davon Wind bekommen haben, denn sie griffen uns an. Natürlich hatten wir keine Erfahrung im Kämpfen, und außerdem hatte unser Schlepper nur eine Kanone. Also verloren wir. Jeder, der sich weigerte, bei ihnen mitzumachen, wurde auf der Stelle getötet. Jon ist kein Trottel und ich auch nicht! Also unterschrieben wir alles, was sie uns gaben, und begannen mit der Piraterie. Kapitän Jon war wirklich sehr talentiert in diesem Beruf, und er mochte ihn. So blieben wir einfach dabei. Warum auch nicht? Es ist ein gutes Leben, und wir haben jetzt mehr als je zuvor. «
Cathy ließ diese Geschichte eine Weile auf sich wirken und wandte sich dann mit einem verträumten Lächeln an Petersham.
»Vielen Dank, daß Sie mir das erzählt haben«, sagte sie sanft. Petersham nickte verständnisvoll. Seine Offenheit hatte ihn selbst sehr überrascht. Sie saßen still dort und beobachteten die Wellen. Es war Petersham, der schließlich wieder das Wort ergriff.
»Müssen Sie Kapitän Jon etwas mitteilen, Miß Cathy? «
Diese plötzliche Frage überraschte Cathy. Sie warf Petersham einen schnellen Blick zu und merkte dann, wie sie rot wurde.
»Was meinen Sie damit? «
Petersham grinste. »Sie können es nicht vor mir verstecken, Miß. Ich habe zu viele Frauen gesehen, die schwanger waren. Sie haben so einen Blick... Genau wie Sie jetzt.«
Cathy wurde noch röter. Es war noch neu für sie, ein Kind von Jon zu bekommen. Auch wenn sie glücklich darüber war, ihre Schüchternheit saß immer noch tief. Ein Kind war so eine intime Sache - und zeigte so deutlich, wie die Beziehung zwischen ihr und Jon aussah.
»Ich - ich...«, stammelte sie und sagte dann ruhiger: »Sie haben natürlich recht, Petersham.«
»Ich wußte es«, sagte der Mann zufrieden. »Kapitän Jon wird verrückt vor Freude sein. Es wird überhaupt das beste für ihn sein.«
»Warum sagen Sie das?« fragte Cathy mit unverhohlener Neugier. Sie war jetzt nicht mehr ganz so verstört. Immerhin war es doch das Natürlichste von der Welt, ein Kind von einem Mann zu bekommen - abgesehen davon, daß sie mit diesem Mann nicht verheiratet war. Das machte natürlich einen Unterschied.
»Er hat immer jemanden gebraucht, den er lieben konnte - und der ihn liebte. Jetzt wird er ein Kind haben - und Sie, Miß Cathy.«
»Wie kommen Sie darauf, daß er uns will?« Cathys Stimme hatte plötzlich einen verträumten Klang.
»Miß Cathy, es ist nur allzu offensichtlich, wie er für Sie empfindet. Kapitän Jon mag es selbst noch nicht wissen, aber er braucht Sie. Sie sind gut für ihn. Er war in diesem letzten Monat glücklicher, als ich ihn je zuvor gesehen habe. Wenn er von dem Kind hört, wird er im siebenten Himmel schweben. Und er wird sich Ihnen gegenüber verhalten, wie es sich gehört. Warten Sie nur ab. Sie werden es schon sehen.«
»Ich hoffe, daß Sie recht haben, Petersham.« Cathy seufzte.
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Cathy lächelte ihn an und hatte das Gefühl, einen echten Verbündeten gefunden zu haben. Er erwiderte ihr Lächeln. Sie verfielen wieder in Schweigen und starrten nachdenklich auf
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