Hale 1 Piraten der Liebe
sehr geschmerzt, sie sterben zu sehen.
Cathy drehte sich schnell um, als sie den Klang marschierender Füße hinter sich hörte, und sah, wie eine Gruppe von Matrosen die verurteilten Männer herbeiführte. Der Blick auf die Gefangenen wurde durch die uniformierten Wachen verstellt, aber irgendein sechster Sinn ließ sie stehenbleiben. Einen Moment später dankte sie Gott dafür. Auf einer wackligen Plattform, die in aller Eile unter einem überhängenden Sparren errichtet wor-den war, standen die fünf Menschen, die bald gehängt fwerden würden. Sie hatten Tücher über den Augen, und ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Der dritte von links war Jon. Ein schwarz maskierter Henker legte gerade eine Schlinge um seinen braunen Hals.
11. Kapitel
>Halt!< wollte Cathy schreien, aber die Worte kamen nicht über ihre Lippen. Sie konnte nur tonlos den Mund auf- und zumachen, als wäre sie ein Fisch auf dem Trockenen. Schreckliche Panik schnürte ihre Kehle zu. Ihre Glieder schienen eingefroren zu sein und versagten einfach ihren Dienst, als sie zu Jon hinüberlaufen wollte. Er trug dieses gräßliche Seil um den Hals! Das war schlimmer als jeder Alptraum! Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis man ihn hängte, und sie konnte sich weder bewegen noch sprechen!
Eine Hand ergriff ihren Arm und drückte ihn sanft. Da fand Cathy zum Gebrauch ihrer Glieder zurück und fuhr wütend herum. Die Schmähungen, die sie schon auf der Zunge hatte, starben einen schnellen Tod, als sie in das grimmige und müde, aber plötzlich sehr erleichterte Gesicht ihres Vaters blickte.
»Cathy!« Seine Worte klangen wie ein Gebet. »Cathy, Kind, ich dachte, du wärest tot...«
»Papa!« rief Cathy dankbar. »Oh, Papa! Du mußt sie davon abhalten, diesen Mann dort zu hängen!« Sie zeigte auf Jon. Die Seeleute, die um sie herumstanden, bemerkten ihre verzweifelte Bitte und starrten sie neugierig an. Cathy kümmerte sich nicht darum. Jon war das einzige, was jetzt noch wichtig war.
Als ihr Vater den Mann mit den verbundenen Augen einfach nur anstarrte, ohne etwas zu seiner Rettung zu unternehmen, schüttelte Cathy aufgebracht seinen Arm.
»Papa, beeil dich! O Gott, beeil dich doch!«
»Ist das der Mann, der dich entführt hat?« fragte Sir
Thomas ruhig, wobei er den Mann auf dem Podest nicht aus den Augen ließ.
»Ja! Papa, halt sie auf! «
»Sie sollen ihn hängen! Und das ist noch zu gut für den Hund! Ich würde ihn lieber vierteilen! Er soll leiden, wie er dich leiden ließ! Der verdammte Bastard! « Sir Thomas warf einen haßerfüllten Blick auf Jon, der zu weit weg war, um dieses Gespräch zu hören. Er war blaß und still, als er auf die ernsten Fragen des Priester hin nickte. Cathy und ihr Vater sahen zu, wie der Geistliche ein Kreuz über dem Mann schlug und sich dann zum nächsten bewegte, um das Ritual zu wiederholen.
»Papa, du mußt sie aufhalten! Er ist der Vater meines Kindes! «
»Waaas? « schrie Sir Thomas, und seine Stimme war voll rasender Wut.
»Ich werde ein Kind von ihm bekommen! Oh, Papa, ich will nicht, daß der Vater meines Babys hängt! Bitte, halt sie auf! Schnell! «
Sir Thomas starrte Cathy eine volle Minute lang an, und Cathy hatte währenddessen das Gefühl, umgehend verrückt zu werden. Der Geistliche erteilte dem letzten der Männer die Absolution und trat zurück. Der Trommelwirbel, der jeder Exekution vorausging, dröhnte.
»Papa, bitte! « flehte Cathy eindringlich und ergriff den Arm ihres Vaters.
Sir Thomas Augen bewegten sich von ihrem bittenden Gesicht zu dem Mann auf dem Podest und wanderten dann wieder zurück zu ihr. Seine Lippen bildeten nur noch eine schmale Linie.
»Papa...! «
»Halt! « erklang seine tiefe, autoritäre Stimme. »Ich will den Mann, den dritten von links. Er soll zu mir zum Verhör gebracht werden! Schneidet ihn ab! «
Der Henker hatte seine Hand bereits an den Hebel gelegt, der die fünf Männer ins Jenseits schicken würde. Jetzt blickte er fragend zu dem diensthabenden Offizier, um sich Bestätigung für diese unerwartete Anordnung zu holen. Der Offizier erkannte Sir Thomas mit einem Blick und nickte dem schwarz maskierten Mann kurz zu. Mit einem Achselzucken, das ganz klar jede Verantwortung für seine Taten zurückwies, nahm der Henker das Seil von Jons Hals. Cathy spürte ein Schluchzen in ihrer Kehle, als sie sah, wie seine breiten, angespannten Schultern ein wenig heruntersackten. Zwei bewaffnete Seeleute schleppten ihn grob von dem Podest
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